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Matthias Morkramer

Architektur als Synthese aus künstlerischem Ausdruck und technischer Raffinesse

Der in Gießen geborene Matthias Morkramer studierte in Siegen Architektur noch im Diplomstudiengang, schloß daraufhin jedoch auch noch den Masterstudiengang "Bauen und Planen im Bestand" an. Sein Architekturstudium erweiterte er mit interdisziplinären Perspektiven und studierte "nebenher" und in Ergänzung die Fächer Kunst, Philosophie und Psychologie. Neben einem Auslandsaufenthalt in Australien war er als angehender Architekt im Studium u.a. als Bühnenbildner maßgeblich am Aufbau und an der Etablierung des Siegener Apollo-Theaters beteiligt. All diese Erfahrungen haben die Perspektiven des Architekten erweitert. Inzwischen ist er geschäftsführender Inhaber von "PlanBar Architektur" in der Kölner Südweststadt und realisiert für seine Kunden in Projekten zwar mehr die technische als die künstlerische Seite, verliert hier jedoch niemals die Menschen dahinter aus den Augen.

Entfernte Baugeräusche wehen durch die laue Sommerluft. Die Sonne scheint über Ziegeldächer und Straßenschluchten auf die Dachterrasse des alten Brauhauses. Neben mir am Tisch sitzt Matthias Morkramer, Architekt in Köln, nippt an seinem Kaffee und erzählt entspannt von seinen Erfahrungen von der Universität bis zu dem Punkt, wo wir uns treffen. "Alle Architekten sind eigentlich akademisch unglaublich breit aufgestellt", sagt er auf meine Frage, wie sich sein Lebenslauf aus Architektur, Philosophie und Kunst eigentlich zusammensetze. Dies sei wichtig um zu gewährleisten, dass sie keine zu technisiert denkenden Künstler abseits der Bedürfnisse der Menschen werden würden. Architektur sei schließlich ein Berufsfeld, in welchem man mit unterschiedlichen Menschen in noch unterschiedlicheren Kontexten arbeiten würde.

2001 begann der gebürtige Gießener sein Studium an der Universität Siegen. Dass er Architektur studieren würde, war damals eine glasklare Sache für ihn. Es handelte sich um einen Kindheitstraum, welcher in Erfüllung gehen konnte. Sein Großvater war Bildhauer gewesen, weshalb er als Heranwachsender schnell sowohl mit künstlerischem Ausdruck bekannt gemacht wurde, als auch mit der Befriedigung etwas im Geiste Entstandenes Kraft der eigenen Hände Wirklichkeit werden zu lassen. Von Anfang an reizte ihn am Berufsfeld der Architektur die Synthese aus künstlerischem Ausdruck und technischer Raffinesse. Obwohl sein jetziges Büro, „PlanBar Architektur“ in der Kölner Südweststadt, das er mit zwei Kollegen als geschäftsführender Inhaber und mit einem Team von 21 weiteren Mitarbeitern leitet, mehr die technische als die künstlerische Seite für seine Kunden umsetzt, hat Matthias Morkramer auch die Menschen dahinter niemals aus den Augen verloren.

Als Architekt sieht er sich als Mittler zwischen den Wünschen seiner Bauherr*innen und den Möglichkeiten, die das Material und der Standort hergeben. Als ich ihn frage, ob er seine Arbeit als Architekt unter die, in Anführungszeichen "Was mit Menschen“-Berufe zählt, lacht er. Man habe auf der einen Seite mit Bauherren zutun und auf der anderen Seite auch ganz extrem mit den Menschen, die diese Vorhaben schlussendlich umsetzten. Für sehr viele sei ein Bauprojekt wie ein Eigenheim das größte Vorhaben in ihrem Leben und sie stecken dementsprechend viel Energie und Zeit hinein. Matthias blickt über seinen Kaffee: "Ja und dann hat man quasi die Möglichkeit diese Menschen zu begleiten und die Fähigkeit, dass man aus einem Gespräch oder einer Idee etwas entstehen lassen kann, wo Menschen drin wohnen und worin sie sich wohlfühlen."

Bei seiner Arbeit lässt er aber ebenso weder den Kontakt noch die Wertschätzung für die Menschen fallen, die auf den Baustellen all diese Gedanken umsetzen und die handwerklichen Probleme lösen. Als Architekturbüro habe man öfter mit den gleichen Baufirmen zu tun und mit der Zeit kenne man sich. Die Tatsache, gemeinsam mit einem Team aus unterschiedlichen Kompetenzen zusammen an einem Strang zu ziehen und etwas umzusetzen, würde unglaublich gut zusammenschweißen, sagt er.

Es lohnt sich den eigenen Horizont zu erweitern

Viele Aktivitäten, Jobs, Praktika und andere Projekte in seinem Leben hätten ihn auf diese Art der Tätigkeit subtil vorbereitet, erinnert er sich. Matthias Morkramer war maßgeblich daran beteiligt, in der Phase der Umstrukturierung des Apollo Kinos zu einem Theater als kulturelle Institution der Stadt Siegen seine Zeit und Energie hineinzustecken. Sein damaliger Mitbewohner war an der Nutzung des Apollo Kinos als Club beteiligt gewesen und so wurde Matthias in diesen Dunstkreis gezogen. Als der Wunsch aufkam, aus dem alten Kino und dem heruntergekommenen Club ein Theater zu machen, war Matthias sofort dabei. Er half beim Bau der Bühnenbilder, bei dem Umbau zu einem bestuhlten Zuschauersaal, der Kommunikation mit Darsteller*innen, Künstler*innen, aber auch Behörden und der Stadt Siegen. Die dort zu überwindenden Hürden mit Genehmigungen, Fluchtwegplanungen, Brandschutz, aber auch der Kontakt zu unterschiedlichen Menschen, bereitete ihn auf die Arbeit heute vor, erinnert er sich. Nach seiner Tätigkeit in Siegen und der Mithilfe das heutige Apollo-Theater aus der Taufe zu heben, nahm er noch eine kleine Anzahl weiterer Jobs in der Bühnenbildnerei an, merkte aber schnell, dass er etwas anderes wollte. „Bühnenbilder haben im Gegensatz zu Gebäuden keinen Bestand“, erzählt er. Sein Wunsch war, eine Tätigkeit bei der die Ergebnisse ihn selbst theoretisch überdauern konnten. Das Ziel der Architektur fixierte sich so immer mehr.

Ebenso schätzt er andere seiner außeruniversitären Aktivitäten, beispielsweise sein Auslandssemester in Adelaide, Australien. Man könnte nur gewinnen, wenn man sich einen breit gefächerten Überblick verschaffe, sagt er. Die vermeintlichen "Lücken" im Lebenslauf seien eher förderlich, als hinderlich, fügt er hinzu. Menschen, die sich bei ihm bewerben sollten oft eine Kompetenz abseits der universitären Noten mitbringen und ein Aufenthalt im Ausland sei eine exzellente Möglichkeit, auf Selbstständigkeit und Eigenverantwortung hinzuweisen. Außerdem öffne es den Blick für die Welt und das sei als Architekt auch unumgänglich.

An seine Studienzeit in Siegen erinnert er sich sehr gern zurück. Auch genoss er es in der Zeit vor der Bologna-Reform noch einen Diplom-Abschluss erworben zu haben. Gerade in Ingenieursberufen sei das Diplom nach wie vor ein Zertifikat für Qualität, welches er eigentlich nicht missen wollte. Wesentlich kritischer sieht er allerdings eine bürokratische Hürde der Architektenkammer. Um dort als selbstständige*r Architekt*in aufgenommen zu werden, sprich um die Berechtigung zur Führung des Titels zur Selbstständigkeit, den Anspruch auf Rente und auf Versorgung zu erhalten, muss(!) man derzeit noch mindestens 8 Semester studiert haben. Menschen, die also lediglich einen 6-semestrigen Bachelor in Regelstudienzeit studieren, sehen sich also hier mit einem unnötigen bürokratischen Hindernis konfrontiert.

Der Weg durch die Akademia

Er selbst hat den akademischen Weg mit Diplomstudium in Siegen über Masterstudiengang „Bauen und Planen im Bestand“ bis in die Promotion beschritten und arbeitet derzeit an seiner Dissertation zu "Tankstellen der 50er und 60er Jahre in Deutschland" an der Uni Kassel. Das Thema sei unglaublich interessant, erzählt er begeistert, denn fast kein anderes Objekt zeigte so sehr den Glauben an den Fortschritt wie das Automobil. Im Gegensatz zu dem modularen, funktionalen Tankstellensystem unserer heutigen Zeit, bedienten die Gebäude der 50er und 60er Jahre als Symbol des technischen und gesellschaftlichen Fortschritts die starke Sehnsucht der Bevölkerung nach Modernität.. Ihr Aufbau sei derart diametral verschieden zu den noch kaputten und sehr grauen Großstädten gewesen, dass sie sich perfekt als Beispiel für Fortschritt eigneten. Auch im Raum Siegen machte Matthias Morkramer deshalb einige dieser Gebäude ausfindig und konnte sie teilweise noch dokumentieren, bevor diese für Bauvorhaben, wie das der HTS weichen mussten.

Abseits des Berufsalltags hat er sich als Fachbuchautor für zwei Bände engagiert. Er verfasste eine kommentierte Normenreihe für Bauvorhaben, wohl um sich selbst, aber viel mehr um Menschen auf Baustellen und in Planungsbüros das Leben zu erleichtern. Ein zweites Buch erschien, welches die Möglichkeiten und die Vorgehensweise für Bauförderung von bspw. der Europäischen Union oder der KfW bearbeitet.

Je weiter man sich umschaut, desto sicherer ist man hinterher

Zum Abschluss unseres Gesprächs betont er noch einmal, die Wichtigkeit den Bildungshorizont so weit wie möglich aufzufächern. Man solle mit dem Leistungsdruck brechen, Studierende würden durch ihr Studium gehetzt. Er selbst belegte damals neben dem Studium der Architektur ein Magisterstudium in Philosophie, Psychologie und Kunst und profitierte immens davon. Des Weiteren studierte er nach Abschluss von Diplom und Master in Siegen einen interdisziplinären Studiengang Technik und Philosophie in Darmstadt. Er fasst es zusammen mit "Je breiter man sich am Anfang einen Überblick verschafft, desto sicherer ist man nachher in dem, was man macht". Auch sei es wichtig sich im Vorfeld über Modalitäten wie die Aufnahmekriterien der Architekturkammer zu informieren, um nicht nach einem solchen gehetzten Studium vor dieser Hürde zu stehen.

Ich verlasse Köln und das Büro von Matthias Morkramer mit dem Gefühl, zwar mit meinem Bildungsweg noch lange nicht am Ende zu sein, aber auf dem richtigen Pfad.


Dieses Porträt basiert auf einem Interview mit Matthias Morkramer und wurde von Max Schlechtinger verfasst.

 
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