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Michael Neu

Offen für alles mit einer gesunden Portion Kritik und Mut

Schon früh zog es Dr. Michael Neu aus seinem Heimatort Olpe ins Ausland, um neue Menschen kennenzulernen und wichtige Erfahrungen zu sammeln. Heute lebt er in Brighton und arbeitet dort als Dozent an der Universität. Der Lebenslauf des Alumnus ist voller überraschender Wendungen, einer Vielzahl von Publikationen und prägender Erfahrungen in Kanada und England. Doch all dies nahm seinen Anfang in Siegen, wo er im Jahre 2000 sein Magisterstudium in Politik und Geschichte aufnahm.

Prägende Erfahrungen im Ausland

Schon früh verspürte Michael Neu den Drang, einen Blick über den Sauer- und Siegerländer Tellerrand hinaus zu wagen und ins Ausland zu gehen. So zog es ihn, unterstützt durch ein Stipendium, bereits im Laufe seines Studiums für ein Jahr nach Kanada. Ohne große Berührungsängste stürzte er sich ins Abenteuer, reiste herum und knüpfte zahlreiche Freundschaften, die teilweise noch heute bestehen. „Dieses Jahr zählt definitiv zu den schönsten und erlebnisreichsten Jahren meines Lebens“, erzählt er voller Begeisterung. „Ich kann jedem nur empfehlen, die Chance zu ergreifen und ins Ausland zu gehen. Ich habe dort sehr schöne und wertvolle Erfahrungen gemacht.“

Kleine Uni – große Chancen

Doch auch an sein Studium in Siegen erinnert er sich immer wieder gerne zurück. Nachdem er zunächst ein Semester in Köln studiert hatte, wurde ihm klar, dass ihm diese riesige Uni zu groß, zu überfüllt und der Umgang mit den Dozenten zu anonym war. „Danach habe ich mich bewusst dazu entschieden, an eine kleinere Uni zu gehen, um dort den Dialog mit den Studenten und den Dozenten zu suchen. Obwohl ich schon immer gerne ins Ausland wollte, war ich trotzdem sehr heimatverbunden und kehrte gerne wieder nach Siegen zurück“, erinnert sich Neu.

Der Austausch mit den Dozenten lag ihm besonders am Herzen und ermöglichte ihm schon früh die Publizierung einer Vielzahl wissenschaftlicher Texte. Bereits in jungen Jahren konnte er infolgedessen ein enormes Engagement und Interesse vorweisen, wodurch er die Chance bekam, in Sheffield ein Masterstudium in „International Studies“ abzuschließen – ohne Magisterabschluss wohlgemerkt. Im Laufe dieses Studiums war sich der Alumnus bereits sicher, dass er im Ausland bleiben wollte. Ein Stipendium für eine Promotion der Universität Sheffield hatte er bereits in der Tasche, kehrte jedoch 2006 trotzdem für ein Jahr nach Siegen zurück, um der Richtigkeit halber sein Magisterstudium abzuschließen.

Eine überraschende Wendung

Nachdem er seine Doktorarbeit erfolgreich beendet hatte, kehrte Neu nach Deutschland zurück und arbeitete zunächst als Englisch- und Philosophielehrer am Gymnasium in Kreuztal. „Ich war zwar nie hundertprozentig davon überzeugt, auf jeden Fall Hochschuldozent werden zu müssen, aber durch meine Erfahrungen und den intensiven Austausch mit den Dozenten entwickelte ich mich auf ganz natürlichem Wege in diese Richtung“, erzählt er und betont, er empfehle jedem Studenten, den Vorteil einer kleinen Uni zu nutzen und die Dozenten persönlich kennen zu lernen. „Ich war mir damals allerdings nicht sicher, ob ich in England eine Stelle als Unidozent antreten sollte. Außerdem fehlte es mir noch an Publikationen. Die wollte ich in Deutschland produzieren, aber irgendwie musste ich ja in dieser Zeit auch überleben“, erklärt Neu seine Entscheidung, in die Heimat zurückzukehren. „Es ist zudem so, dass Bildung in Großbritannien eine Art Dienstleistung ist, die man kauft. Als Dozent bietet man einen Service an, wobei die Studierenden die Konsumenten sind. Außerdem steht man unter einem enormen Publikationsdruck. Diese extreme Kommerzialisierung ließ bei mir zunächst Zweifel aufkommen, ob ich wirklich Akademiker werden wollte.“

Eine befreundete Lehrerin überredete ihn schließlich, als Lehrer am Kreuztaler Gymnasium anzufangen und, neugierig wie er war, willigte er schließlich ein. „Plötzlich war ich Lehrer“, lacht Neu. „Ich hatte dafür nicht studiert und diese Wendung überhaupt nicht eingeplant, aber was dann folgte, war die tollste Zeit meines Lebens, in der ich Acht- und Neuntklässlern Englisch beibrachte und merkte, wie viel Spaß mir der Beruf machte. Wer hätte gedacht, dass in Deutschland die anfängliche Notlösung Kreuztal zu einem Volltreffer werden würde.“ Seine Schüler liebten ihn – noch heute besuchen ihn einige von ihnen ab und zu in England – doch als ihm die Universität in Brighton 2012 eine unbefristete Stelle als Dozent an der School of Humanities anbot, überlegte er nicht lange und sagte sofort zu. „Um dauerhaft Lehrer sein zu können, hätte ich ein Referendariat machen müssen, was mir mit Anfang 30 nicht mehr in dem Kram passte. Zudem gefällt mir nicht, dass junge Menschen in den Schulen heutzutage systematisch davon abgehalten werden, sich zu kritischen Geistern zu entwickeln, wobei ich das Städtische in Kreuztal von meiner Kritik explizit ausnehmen möchte – ist nämlich eine tolle Schule! Bildungspolitisch ist leider alles rein auf Funktion getrimmt, die Schüler sollen zu erfolgreichen Wirtschaftssubjekten werden. Das kritische und kreative Denken kommt meiner Meinung nach zu kurz. Das ist natürlich nicht die Schuld der Lehrer, sondern der Politik. Deswegen kann ich sagen, dass mir das Lehrersein zwar Spaß gemacht hat, ich diesen Beruf aber nicht auf Dauer ausüben wollte“, erzählt der Alumnus.

Hohe Studiengebühren vs. kleinere Seminare

Seit bereits drei Jahren lebt er mittlerweile im an der englischen Südküste gelegenen Ort Brighton und arbeitet dort als Dozent für Philosophie, Politik und Ethik sehr eng mit den Studenten zusammen. „Wenn man England und Deutschland hinsichtlich des Studiums vergleicht, gibt es sowohl Vorteile als auch Nachteile“, erzählt er von seinen Erfahrungen. „Der große Nachteil in England sind sicherlich die immens hohen Studiengebühren.“ So sei ein Student in Großbritannien gezwungen, 9000 Pfund pro Jahr aufzubringen, sodass sich im Laufe seines Studiums ein riesiger Schuldenberg anhäufe. „Im Zuge dieser Kommerzialisierung wird also das Studium als Instrument angesehen, später einen guten Job zu bekommen, mit dem man dann seine Schulden abbezahlen kann. Es gibt jedoch zumindest speziell bei uns an der School of Humanities den Vorteil, dass die Seminare hier in Brighton sehr klein sind und der Fokus deswegen auf die Studierenden gelegt werden kann.“ Gemeinsam mit seinen ca. 20 Kollegen setzt Neu alles daran, sich individuell mit jeder und jedem Einzelnen auseinanderzusetzen und allen Studierenden die bestmögliche Ausbildung zu ermöglichen.

Gibt man seinen Namen bei „Google“ ein, wird man auf eine ganze Reihe von Publikationen stoßen, die sich insbesondere mit politisch-kritischen Fragestellungen auseinandersetzen. Darunter der sogenannte „Gerechte Krieg“ und dessen Rechtfertigung – ein Thema, das Neu einfach nicht loslässt. „Politikern ist in deser Frage (wie natürlich auch den meisten anderen) nicht zu trauen. Sie stellen sich als die größten Moralisten dar und führen dann Krieg, den sie mit irgendwelchen wirren Argumenten rechtfertigen“, erklärt er. „Ich sehe meine Pflicht darin, dagegen anzuschreiben und Widerstand zu leisten.“

Hohe Studiengebühren vs. kleinere Seminare

Obwohl er sehr viel arbeitet, versucht er irgendwie, viel zu lachen und gut zu leben. „Ich habe viele Freunde unter den Studenten und Kollegen, sodass die Atmosphäre immer sehr gut ist und ich mich wirklich wohlfühle.“ Kommt er geschafft von der Arbeit nach Hause, erwartet ihn das am Meer gelegene Dorf Rottingdean – ein Ort zum Wohlfühlen, umgeben von einer Landschaft, die er immer wieder ausgiebig in Wanderschuhen erkundet. Freundschaften und Bewegung sind also die die wichtigsten Zutaten für Dr. Michael Neu, der sich in der „Bubble der School of Humanities“ so sehr wohlfühlt, dass er sich nicht vorstellen kann, woanders zu unterrichten.

Das Porträt basiert auf einem Interview mit Dr. Michael Neu und wurde von Franziska Elsner verfasst.

 
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