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Inhalte und Ziele

Das Projekt fokussiert mit den Kategorien „Boulevard“ und „Bohème“ zwei zentrale Phänomene um 1900 in Frankreich und Deutschland: Im Spannungsfeld dieser beiden Größen entsteht eine neue Erfahrung von Massenmedialität, während sich gleichzeitig das Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit verschiebt. Die Forschungsarbeit konzentriert sich nicht nur auf die begriffs- und mediengeschichtliche Aufarbeitung der zentralen Kategorie des Boulevards, welche die mediale Öffentlichkeit seit 1900 wesentlich bestimmt; sie richtet sich in gleicher Weise auf mitlaufende Tendenzen der nicht selten massenmedial inszenierten Marginalisierung, wie diejenige bohemistischer Bewegungen und späterhin die Jugendkultur. Bohèmegruppierungen arbeiten dem Boulevard zu und begegnen ihm gleichzeitig mit kritischer Aufmerksamkeit.
Das Projekt hat damit seinen Ausgangspunkt in zwei Diagnosen, welche die gegenwärtige Medienkultur bestimmen: Einerseits die kulturkritisch-diagnostische These einer ‚Boulevardisierung‘ unserer Öffentlichkeit, die eine historische Dimensionierung erfordert; andererseits die Heraufkunft einer neuen, ‚digitalen Bohème‘, die den Rekurs auf traditionelle Bohèmeformationen motiviert.
Angesichts dieses spannungsreichen Gegenstandsbereichs stehen folgende Arbeitsschwerpunkte im Zentrum:

(1)     Begriffs- und Mediengeschichte Boulevard und Boulevardisierung

Schon sehr früh, d.h. um 1900 findet eine sukzessive semantische Ausweitung des Boulevardbegriffs statt. Zwar beginnt die strategische Geschichte des Boulevards im Rahmen des pragmatisch-urbanistischen Transformationsprozesses der sogenannten Haussmannisierung von Paris, doch gilt der Boulevard bereits um die Jahrhundertwende als eine Metapher für Massenkultur und zugleich als mediale Kategorie, die sich von der ursprünglichen architektonischen Codierung abgelöst hat.

(2)     Bohémiens als Medienakteure und -kritiker

Die Bohème spiegelt auf exemplarische Weise die Wechselwirkung und gegenseitige Bedingtheit von Randständigkeit und Massenkultur: Sie bleibt im Rahmen bohemistischer Erwerbsarbeit existentiell auf die Erzeugung und Verstetigung von Nachfrage seitens des Boulevards angewiesen – genauso wie umgekehrt die Boulevardmedien auf berichtenswerte Informationen über das ‚Fremde‘ und ‚Randständige‘. Die Bohème wäre dabei jedoch weniger in einer Außenseiter-Positionierung zu begreifen, sondern, so die Hypothese, immer als ‚Bohème der Gesellschaft‘. Sie stellt ein Milieu dar, in dem sich gerade moderne bürgerliche Werte entfalten, nämlich Erfindungsgeist, Innovation, Ausfindig- und Nutzbarmachen lukrativer Nischen – allesamt Werte, die inzwischen der Jugendkultur zugesprochen werden.

(3)     Jugendkultur im Spannungsfeld von Bohème und Boulevard

Die Vermutung, dass wesentliche Konzepte historischer Bohèmegruppierungen im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in die gleichermaßen subkulturelle Sphäre der Jugendkultur eingegangen sind, soll in der Projektarbeit überprüft werden.


Da das Korpus der französischen ebenso wie der deutschen Literatur- und Kulturgeschichte ent-stammt, wird durchgängig komparatistisch gearbeitet. Dies empfiehlt sich bereits deshalb, weil die deutsche und die französische Literaturgeschichte mitsamt den einschlägigen Semantiken sich in stetem Austausch entwickelt haben, ja in vieler Hinsicht als ein kontinuierlicher Konnex zu begreifen sind. Das Textkorpus bilden im engeren Sinne literarische Texte ebenso wie Zeitungen und Zeitschriften, in denen Phänomene, Widersprüche und Zusammenhänge von Boulevard, Bohème und Jugendkultur verhandelt werden.

 
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