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Buch des Monats August 2012

Tanya Lieske. Oma, die Miethaie und ich (Mit Illustrationen von Daniel Napp). Beltz 2012 – 12,95€ – 208 S. – ab 9 Jahren
Gentrifizierung in Großstädten ist ein mittlerweile beliebtes Thema in der vor allem linken Presse und immer wieder liest man, wie 2012_augustsich Stadtteile in Großstädten wie Berlin, Hamburg oder Düsseldorf verändern und die ärmeren sowie älteren Mieter und Mieterinnen aus ihren Wohnungen regelrecht vertrieben werden. Sie müssen weichen, um schicken Cafés, Restaurants, Boutiquen und Lofts Platz zu machen. Die Stadtteile verlieren ihren Charme. Es ist also ein komplexes Thema, das Tanya Lieske in ihrem wunderbaren Kinderroman Oma, die Miethaie und ich aufgreift und dem kindlichen Lesepublikum so ein Stück politischen Diskurs erläutert.

Im Mittelpunkt stehen Salila und ihre Oma, die im Düsseldorfer Stadtteil Bilk leben und mit vielen Bewohnern befreundet sind. Sie besuchen den Obst- und Gemüsehändler Hakan oder essen Eis bei Mario. Das Leben hat fast dörfliche Strukturen und Salila, deren Mutter bei ihrer Geburt verstorben ist, kann sich nicht vorstellen, woanders zu leben. Doch dann kommen seltsame Briefe an, die die Oma nicht liest und vor Salila verheimlicht, ein Immobilienmakler eröffnet ein Büro in der Nähe und zufällig erfährt Salila, dass ihr Wohnhaus verkauft werden soll. Mit ihrem besten Freund Mehmet, der mittlerweile in Istanbul lebt und nur in den Sommerferien seinen Onkel Hakan besucht, recherchiert Salila im Internet und erfährt etwas über Miethaie und dem Verkauf von Wohnhäusern. Sie versucht mit ihrer Oma zu reden, doch diese entzieht sich jedem Gespräch. Als dann tatsächlich ein Miethai vor der Tür steht, alle anderen Mieter ausgezogen sind und die Renovierungsarbeiten beginnen, schreibt Salila einen Brief an den neuen Besitzer und erfährt zufällig, dass ihre Oma Analphabetin ist. Jetzt muss sie handeln …

Tanya Lieske greift neben dem Thema Gentrifizierung auch Analphabetismus: Beides schafft sie kindgerecht in einem spannenden Roman zu verpacken. Der Roman regt sehr zum Nachdenken an und zeigt, dass eine problemorientierte und politische Kinderliteratur existiert.

Die Ich-Erzählperspektive ermöglicht es, dass die Leser und Leserinnen nicht nur ganz nah an der Gefühls- und Gedankenwelt des Mädchens Salila sind, sondern auch, dass sie gemeinsam das Geheimnis lösen. Erwachsene Leser und Leserinnen erahnen schnell, dass Oma Henriette weder lesen noch schreiben kann und sich trotzdem durchs Leben „moggelt“. Trotz all der Schwierigkeiten schafft sie es, Salila ein wunderbares Zuhause zu bieten und ihre ein Aufwachsen zu ermöglichen, das fast frei von jeglichen Sorgen ist. Erst der Verkauf des Hauses löst die Katastrophe aus, die sich, so viel kann verraten werden, zum Guten wenden wird.

Oma Henriette ist ein wunderbare und warmherzige Person, eine Weltenbummlerin und Überlebenskünstlerin, die genau solche Stadtteile prägen und derart sympathisch machen. Der Roman ist auch ein Aufruf gegen Gentrifizierung, denn er zeigt uns, dass unterschiedliche Milieus und Kulturen Städte prägen und sie zu dem machen, was allen so gefällt.

Oma, die Miethaie und ich ist ein schöner Kinderroman, der vielleicht am Ende ein zu großes Happy end den Lesern und Leserinnen anbietet, aber es ist ein Ende, das man sich auch als erwachsener Leser bzw. als erwachsene Leserin wünscht. Es lässt die Hoffnung zu, dass nicht alle Stadtteile ihr Flair verlieren und eben all den Kaffeehausketten weichen müssen, die überteuerten Kaffee verkaufen. Aber es ist auch ein Roman, der zeigt, dass auch Kinderliteratur aktuelle Themen bearbeiten kann und auch soll!!