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Buch des Monats Juli 2014

Kirsten Boie: Schwarze Lügen.

Hamburg: Oetinger 2014.

Ab 12 Jahren.

Kirsten Boie gehört zu den renommiertesten Kinder- und Jugendbuchautoren/-innen und zwar nicht nur, weil ihr Werk von hoher juli_2014literarischer Qualität und hohem Lesegenuss ist, sondern auch, weil sie mit ihren Neuerscheinungen immer wieder überrascht und auch neue Wege beschreitet. Nach Romanen wie Mit Kindern redet ja keiner oder Nella-Propella, die den psychologischen und komischen Kinderroman zuzurechnen sind, folgten phantastische Jugendromane, sozialkritische Romane wie Skogland und mit Der Junge, der Gedanken lesen konnte ein außergewöhnlicher interkultureller Kinderkriminalroman. In Es gibt Dinge, die kann man nicht erzählen wendet sich Boie Afrika zu. Und jetzt der Kriminalroman Schwarze Lügen, der nicht nur an Jugendliche adressiert ist. Auch hier schafft es Boie erneut, Spannung, Lesegenuss, Gesellschaftskritik und literarische Qualität zu kombinieren und Leserinnen/Leser zu fesseln. Und zugleich deutet der Roman an: Kriminalliteratur für Jugendliche kann auch gesellschaftskritische Probleme aufgreifen – ähnlich wie es im Bereich der Kriminalromane für Erwachsene Henning Mankell macht.

Im Mittelpunkt steht das Mädchen Melody, die mit ihrem älteren Bruder und ihren Eltern aus Afrika nach Deutschland kam. Nach und nach erfahren die Leserinnen/Leser, dass der Aufenthalt in Deutschland nicht so verlief wie erwartet. Der Vater durfte aufgrund der Asylbestimmungen nicht arbeiten und das, obwohl er gut ausgebildet ist. Bildung und bessere Bildungschancen waren auch die Gründe, warum die Familie Afrika verlassen hat. Doch nicht nur das: Nach der Geburt des dritten Kindes, dem Mädchen Soprano, stirbt der Vater, die Mutter geht mit einem alkoholabhängigen Mann eine Scheinehe ein, putzt und versucht das Leben zu meistern. Melody und ihr älterer Bruder Amadeus sind gute Schüler und versuchen der Mutter zu helfen. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse: Der Stiefvater zerstört die Klarinette von Melody, die nicht mit dem Schulorchester auftreten kann. Traurig und wütend wandelt sie durch die Stadt, wird von einem Jungen angerempelt, fährt mit dem Bus zur Ostsee und merkt dort, dass sie nicht nur eine falsche Tasche hat, sondern dass diese voller Geld ist. Parallel werden die Erlebnisse des Bankräubers, aber auch von Amadeus sowie Kenneth und Linda erzählt. Amadeus wird des Bankraubes verdächtigt, verhaftet und gemeinsam mit Linda und Kenneth versucht sie den Bankräuber zu finden.

Es ist eine spannende Geschichte, die aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird. Melody und ihre Familie erfahren immer wieder Fremdenhass und Vorurteile, finden kaum Anschluss und befinden sich in einer ausweglosen Lage. Diese nutzt der Bankräuber aus, denn er kennt die Familie. Immer wieder muss sich Melody rechtfertigen und sieht sich mit Vorurteilen konfrontiert. Geschickt schafft es der Roman, das Verhalten von Menschen zu hinterfragen und auch die Politik zu kritisieren. Mit Melody hat Kirsten Boie eine sympathische Protagonistin entworfen, die zudem eine Perspektivübernahme erlaubt. Oder anders gesagt: Die Leserinnen/Leser lernen mit Melodys Augen Deutschland anders kennen. Es ist gerade diese Perspektive, die den Roman so lesenswert macht. Doch nicht nur das: Sie lernen mit Kenneth und Linda auch zwei Jugendliche kennen, die bislang ein relativ sorgloses Leben kannten und sich mit typischen Problemen in der Pubertät plagten. Doch Melody führt ihnen ein anderes Leben vor und beide Jugendliche hinterfragen durchaus auch ihre Vorurteile und Bilder über „das Fremde“. Auch eine solche Perspektive ist gelungen, denn auch das zwingt die Leserinnen/Leser zum Nachdenken und Reflektieren.

Auch erwachsene Figuren sind nicht frei von Vorurteilen, was sich sowohl in der Darstellung der Polizei als auch der Politik zeigt. Nur zu gern möchten die Polizisten den Beweisen glauben und Amadeus verhaften. Doch manchmal sind die Dinge komplizierter als zunächst gedacht …

Insgesamt ist Kirsten Boie erneut ein spannender und gesellschaftskritischer Roman gelungen, der auch sprachlich überzeugt!!  Und noch eine Anmerkung: Es ist auch ein Roman, der nicht nur lesebegeisterten Jugendlichen gefallen wird. Leseschwächere Jugendliche könnten auch Lesefreude an dem Text haben, wenn man es wagen würde, ihnen Schwarze Lügen zu geben. Trotz des Umfangs sind die Perspektivwechsel nachvollziehbar und die Spannung sollte die mögliche Leseanstrengung etwas mildern.


Quelle: Jana Mikota (2014): Eine Rezension von Jana Mikota: Kirsten Boie: Schwarze Lügen. Online unter: http://www.alliteratus.com/pdf/lg_krim_ges_luegen.pdf (letzter Abruf: 25.05.2014)