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Der Wohlstand als Kostgänger der Verschandelung

Das Department Architektur lud zum Mastersymposium / Hilla Becher war zu Gast an der Paul-Bonatz-Straße.

Fachwerkhäuser waren über lange Zeit hinweg der für das Siegerland typische Baustil. Weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt geworden sind diese Häuser durch die Fotografien von Bernd und Hilla Becher. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts begann der gelernte Typograf Becher, mit Stift und Blatt typische Bauwerke seiner Heimat festzuhalten. Beim Abriss der Grube Eisenhardter Tiefbau war das Handwerk nicht schnell genug. Deshalb lieh sich Bernd Becher eine Kleinkamera aus. 1959 lernte er seine spätere Frau Hilla, eine ausgebildete Fotografin, kennen. Beide erschufen nicht zuletzt den Fotoband „Fachwerkhäuser des Siegener Industriegebiets“. Vor allem dieser ist Grundlage von Forschungsarbeiten im Department Architektur der Universität Siegen. Denn: Von den 201 abgelichteten Häusern existieren noch 165, allerdings zumeist in stark veränderter Form.

Genau diese Forschungs- und Recherchearbeiten waren Anlass, zum Mastersymposium „Typologie und Kontext“ an die Paul-Bonatz-Straße einzuladen. Ehrengast im Alfred-Schaber-Hörsaal war Hilla Becher. Die heute 78-Jährige hatte gemeinsam mit ihrem Mann Bernd auch die Düsseldorfer Fotoschule begründet. Das Auftaktreferat hielt Andreas Rossmann, Feuilleton-Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Er unterstrich den zumindest in späteren Jahren enzyklopädischen Charakter der Aufnahmen. Heute sei es bereits schwierig, die Motive wiederzufinden, da sich Hausnummern und Wohngebiete verändert hätten. Noch schwieriger indes sei es, aufgefundene Gebäude wiederzuerkennen. „Der Wohlstand hat sich als Kostgänger der Verschandelung erwiesen“, so Rossmanns Fazit. Das typische Landschaftsbild löse sich schleichend auf. Bald, so eine Vermutung, sei dieses Landschaftsbild nur noch im Fotoband der Bechers zu finden. Dabei sei das Siegerland, was die Beseitigung von Bauzeugnissen der Vergangenheit angehe, mit Blick auf Berg- und Hüttenwerke schon ein gebranntes Kind. Das Ruhrgebiet sei mit dieser Vergangenheit behutsamer umgegangen. Rossmann: „Eine Chance für Identität wurde vertan.“ Dabei reiche die Erzgewinnung in der Region bis in prähistorische Zeiten zurück.

Die meisten der vom Ehepaar Becher fotografierten Fachwerkhäuser des Siegener Industriegebiets waren zwischen 1870 und 1920 errichtet worden. Das war im Siegerland eine Phase des wirtschaftlichen und damit einhergehend auch des Bevölkerungswachstums. Riegellose Fachwerkhäuser konnten relativ günstig und mit viel Eigenleistung gebaut werden. Rossmann zu diesen Gebäuden: „Das sind letzte Zeugnisse einer Industrie, die der Region ihre Identität verdankt.“ Dass die Fachwerkhäuser für ärmere Menschen gebaut worden seien, mindere nicht ihren kulturhistorischen Wert. Der Redakteur appellierte an Region und Hausbesitzer, die Fachwerkhäuser in ihrer Besonderheit zu erkennen, als Kulturgüter zu schützen und - wenn möglich - in ihr ursprüngliches Erscheinungsbild zurückzuversetzen. Die Becher-Fotos hätten zuvor bereits die Dortmunder Zeche Zollern II vor dem Abriss bewahrt. Andreas Rossmann: „Jedes Haus hat eine eigene Biografie und braucht seine eigene Sanierung.“ Nicht alles werde sich wiederbeleben lassen, nicht alle Hauseigentümer könnten und wollten sich engagieren, dennoch ermunterte der Redakteur, sich des Themas anzunehmen: „Das Thema Fachwerkhäuser muss zu einem ersten Thema in der Region werden.“

Wichtigstes Thema war es beim Symposium. Beiträge unterschiedlicher Wissenschaftler und Fachleute trugen bis in die Nachmittagsstunden dazu bei. Zu Gast waren nicht zuletzt Prof. Daves Rossell aus Savannah, Ass. Prof. Kenneth Breisch von der University of Southern California in Los Angeles, Prof. Dr. Mary Pepchinski (HTW Dresden) sowie PD Dr. Wolfgang Voigt aus Frankfurt. Den Vortrag des erkrankten Prof. Dr. Dr. Karl Kiem trug PD Dr. Petra Lohmann vor, die zudem über "Mentalität und Bauen. Die Becher-Häuser und ihr kultureller Kontext" referierte. Siegens Stadtbaurat Michael Stojan war ebenso mit einem Beitrag vertreten wie Dr. Cornelius Neutsch von der Universität Siegen.

 
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