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Vom Flüchtling zur Fachkraft?

Forschungskolleg der Uni Siegen diskutierte bei der FoKoS-Woche die Potenziale der Migration für den regionalen Arbeitsmarkt

Amadou Diallo und Kommy Amegan haben es geschafft. Die beiden jungen Männer kamen als Geflüchtete aus Guinea bzw. Togo nach Deutschland. Nach einer Weiterbildung im Berufsbildungszentrum (bbz) und mehreren Praktika bei regionalen Arbeitgebern fassten sie Fuß auf dem Siegerländer Arbeitsmarkt. Vorerst jedenfalls. Einer der beiden jungen Männer konnte im September eine Ausbildung bei einem Bauunternehmen beginnen, der andere hat einen Ausbildungsplatz bei einem Metallunternehmen in Aussicht. Von ihrem Werdegang berichteten die Beiden beim Themennachmittag „Fachkräftesicherung & Geflüchtete“, der vom Forschungskolleg (FoKoS) „Zukunft menschlich gestalten“ im Rahmen der FoKoS-Woche (23.-27. Oktober) ausgerichtet wurde.

Das Thema ist für die Zukunft der Region zentral. Das unterstrich FoKoS-Postdoc Dr. Stefan Metzger, der die Podiumsdiskussion moderierte. „Die Region Südwestfalen ist deutlich von den Konsequenzen des demografischen Wandels und der Abwanderung junger Menschen geprägt“, so Metzger. Schon heute blieben viele Lehrstellen unbesetzt und Arbeitskräfte würden zunehmend knapp. Bis zum Jahr 2030 würde nach einer FoKoS-Studie aus dem Jahr 2015 die Zahl der Erwerbstätigen allein im Kreis Siegen-Wittgenstein um rund 20 Prozent zurückgehen.

Niemand konnte allerdings damit rechnen, dass bis Ende 2016 über 1,1 Millionen Geflüchtete nach Deutschland kommen sollten, auch in ländliche Regionen wie das Siegerland. „Sie suchen hier nicht nur Asyl, sondern wollen ihr Leben gestalten. Arbeit ist dafür eine wichtige Voraussetzung“ führte Metzger aus. Auch wenn lediglich rund 13 Prozent der Geflüchteten, die bis dahin nach Deutschland kamen, über einen Hochschulabschluss verfügten, wollen etwa zwei Drittel noch einen Hochschul- oder berufsbildenden Abschluss erwerben. Vor diesem Hintergrund warf er die Frage auf, inwiefern die Geflüchteten auch eine Chance für die Arbeitskräftegewinnung im ländlichen Raum darstellen.

Diese Frage gab Metzger zuerst an Klaus Gräbener, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen weiter. Auf Initiative der IHK war die Berufsvorbereitungsmaßnahme für Geflüchtete, an der auch Diallo und Amegan teilgenommen hatten, umgesetzt worden. „Natürlich weil der Fachkräftemangel die deutsche Wirtschaft und konkret die Unternehmen in unserer Region vor große Herausforderungen stellt“, so Gräbener. Aber auch weil die Aufnahme und Integration von Geflüchteten eine gesellschaftspolitische Aufgabe sei, der sich die Wirtschaft stellen müsse. Die Unternehmer der Region hätten für das Projekt sehr schnell Geld in die Hand genommen. „Aber bis die institutionellen Hürden überwunden sind und die Arbeit anfangen kann, dauert es und dauert es“, berichtete Gräbener. Ein Punkt, den auch die beiden Geflüchteten im Vorgespräch als ihr größtes Problem nannten: das Warten. Zum Nichtstun verdammt zu sein, in Ungewissheit leben, immer auf eine Nachricht von der Ausländerbehörde hoffend.

Die Berufsvorbereitung für Geflüchtete läuft mittlerweile erfolgreich. Gut 50 Prozent der TeilnehmerInnen konnte man in Arbeit vermitteln. Das sei eine gute Quote, so Gräbener. Bei manchen Maßnahmen für Deutsche sehe es da schlechter aus. „Es ist wichtig, Menschen zu qualifizieren, damit sie eine Beschäftigung finden. Das ist bei einem Menschen aus Togo genauso wie bei jemandem aus Oelgershausen“, sagte der IHK-Hauptgeschäftsführer. Um nicht ins Fachkräfteloch zu fallen, müsse man aktiv werden. „Die Berufsvorbereitung für Geflüchtete ist nicht nur ein Signal.“

Das konnte Dr. Andreas Neumann von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Kreisverband Siegen-Wittgenstein/Olpe unterstreichen. Als Wohlfahrtsverband kümmere man sich nicht nur um Fragen der Integration von Geflüchteten, sondern agiere am Markt auch als Arbeitgeber. „Und das in einer Branche, in der der Bedarf an MitarbeiterInnen immer weiterwächst, zum Beispiel in der Pflege.“ Da setze man auf Zuwanderung. „Wobei die Sprachförderung in diesem Arbeitsfeld noch einmal von besonderer Bedeutung ist.“

Berivan Aymaz, NRW-Landtagsabgeordnete der Grünen und Sprecherin für Integrationspolitik, Flüchtlingspolitik und Internationales/Eine Welt, betonte, dass sich Geflüchtete grundsätzlich ihren Platz nicht „erarbeiten“ müssten. „Die Menschen sind hier, um Schutz zu bekommen.“ Dennoch funktioniere Integration vor allem über Beruf und Arbeit. „Über Arbeit finden die Menschen einen Zugang in die Gesellschaft.“ Dem pflichtete auch Prof. Dr. Wolf-D. Bukow bei. Auf der einen Seite beschrieb er, wie ein Zuviel an Bürokratie die Arbeitsmarktintegration erschwere. Daran habe sich leider in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten wenig geändert. Auf der anderen Seite hob er auch die Chancen der aktuellen Situation hervor. Indem man die Möglichkeiten und Ressourcen im ländlichen Raum ausbaue, wäre nicht nur den Geflüchteten geholfen, sondern auch den Alteingesessenen und damit der gesamten Region.

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