..
Suche
Hinweise zum Einsatz der Google Suche
Personensuchezur unisono Personensuche
Veranstaltungssuchezur unisono Veranstaltungssuche
Katalog plus

„Kein Paradies auf Erden schaffen, sondern Herausforderungen bewältigen“

Prof. Dr. Thomas Straubhaar von der Uni Hamburg diskutierte am Forschungskolleg der Uni Siegen (FoKoS) am Dienstag über das Bedingungslose Grundeinkommen.

Der Diskussions-Abend zum Thema Bedingungsloses Grundeinkommen im Forschungskolleg der Universität Siegen begann mit einem Witz aus der Digitalisierungsforschung: „In Zukunft brauchen wir nur noch zwei Arbeitskräfte: einen Menschen und einen Hund“, erklärte FoKoS-Direktor Univ.-Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves. „Der Mensch, der den Hund füttert und der Hund, der den Menschen davon abhält, die Maschinen zu berühren.“ Dieses Szenario möge überspitzt klingen, verdeutlichte aber, wie sich Gesellschaft, Arbeitsmarkt und Sozialsystem verändern könnten. Im FoKoS spielten am Dienstag insbesondere der zunehmende Einsatz von Maschinen und die damit verbundenen Fragestellungen eine Rolle: Wie sollen wir damit umgehen, dass zahlreiche Berufe künftig von Robotern ausgeübt werden? Wie können wir uns im Wettbewerb mit den Maschinen bewähren? Und ist es vielleicht längst überfällig, unser System und unser Verhältnis zur Arbeit umzuformen?

Hauptredner des Abends war Thomas Straubhaar, Professor für Internationale Wirtschaftsbeziehungen der Universität Hamburg und Direktor des Hamburger Europa-Kollegs. Er sieht das Bedingungslose Grundeinkommen als eine mögliche Lösung um diese Fragen zu beantworten. Die Idee sieht so aus: Monatlich zahlt der Staat 1.000 Euro an alle deutschen BürgerInnen. Rente, Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe würden dadurch ersetzt. Die Finanzierung soll durch eine Umverteilung der Steuern gelingen: Jedes Einkommen wird direkt an der Quelle mit demselben Prozentsatz versteuert. Das aktuelle, vielgliedrige System sei zwar nicht per se schlecht, für das 21. Jahrhundert aber nicht mehr angemessen, meinte Straubhaar. Er plädierte deshalb für eine bürokratische Vereinfachung, die für alle verständlich, transparent, fair und sinnvoll ist.

„Nach heutigem Gesetzesstand müssen Sie, um eines Tages die volle Rente zu erhalten, 47 Jahre lang ununterbrochen in Vollzeit gearbeitet haben“, erklärte Straubhaar. „Und wer von Ihnen wird es schaffen, 47 Jahre ununterbrochen in Vollzeit zu arbeiten – in einer Welt, in der Sie sich ab und zu eine Auszeit nehmen sollten und vielleicht auch möchten?“ Menschen müssten selbstbestimmt handeln können, fordert der Hamburger Wissenschaftler. Allerdings verändere die Digitalisierung unseren Alltag und unser Arbeitsleben. Um hier mithalten zu können und uns im Wettlauf mit den Robotern zu bewähren, bräuchten wir eine entsprechende Bildung und Weiterbildung, die allerdings Zeit und Geld koste. Mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen könnten wir alle uns diese Bildung leisten – vor allem auch Menschen, die ansonsten keine Möglichkeit dazu hätten, zum Beispiel, weil es ihr Arbeitspensum nicht zulässt. Außerdem brächte die Verbindung aus Digitalisierung und Bedingungslosem Grundeinkommen eine historische Chance und Freiheit mit sich: In einer Welt, in der Roboter nahezu jeden Job übernehmen können und in der die Arbeit keine existenzielle Pflicht mehr ist, hätten wir die Freiheit, keine eigentlich menschenunwürdigen Tätigkeiten ausüben zu müssen.

Das Modell des Bedingungslosen Grundeinkommens, das am Dienstag im Forschungskolleg vorgestellt wurde, soll den Menschen ihr Leben erleichtern und die Sorgen mindern, sagte Straubhaar. Er gab allerdings auch zu bedenken, dass mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen kein Paradies auf Erden geschaffen, sondern das Existenzminimum gesichert werden soll. Wer sich eine höhere Lebensqualität wünsche, käme nicht drum herum, sein eigenes Einkommen zu erwirtschaften. Die genaue Ausgestaltung des Bedingungslosen Grundeinkommens und andere Baustellen der Digitalisierung wurden im FoKoS angeregt diskutiert. 

Prof. Dr. Karl-Josef Koch, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Siegen, beschrieb das Konzept des Bedingungslosen Grundeinkommens in seinem an den Vortrag anschließenden Kommentar als Appell an die soziale Verantwortung. Er machte außerdem darauf aufmerksam, dass Menschen durchaus mit einer solchen Freiheit umgehen könnten. Unterstützt wurde dies durch eine spontane Befragung des Publikums: Die Frage danach, ob sie trotz des Bedingungslosen Grundeinkommens weiterhin arbeiten gehen würden, bejahten fast alle Anwesenden. 

Text: Finja Walsdorff
Fotos: Niklas Jung / Julian Kugoth

 
Suche
Hinweise zum Einsatz der Google Suche