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„Trauen Sie sich – Sie haben nichts zu verlieren!“

Das Netzwerk Hochschulsekretariat hat zum 1. Mal die Veranstaltung „Frauen an der Universität Siegen“ organisiert. Über 200 Mitarbeiterinnen der Uni hörten im Audimax den Eröffnungsvortrag von Alice Schwarzer und nahmen anschließend an Workshops teil.

Die Frauen an der Universität Siegen sichtbar machen, sie untereinander vernetzen und ihnen eine Stimme geben. Das waren die Ziele, als sich vor rund fünf Jahren an der Uni Siegen das Netzwerk Hochschulsekretariat gründete. Dass sich Frauen zusammentun, um für ihre Interessen zu kämpfen, ist wichtig, findet auch Alice Schwarzer. Die Feministin, Journalistin und Frontfrau der Frauenbewegung war jetzt Gast bei der ersten universitätsweiten Veranstaltung des Netzwerks. „Egal, wo wir herkommen, wie gebildet wir sind oder wie wir leben. Wir Frauen haben viel mehr gemeinsam, als uns trennt“, appellierte Schwarzer in ihrer Rede im Audimax. Unter dem Titel „Frauen an der Universität Siegen 2018“ waren alle Uni Siegen-Mitarbeiterinnen dazu eingeladen. Über 200 kamen und erlebten eine mitreißende, kämpferische, aber auch lockere und lustige Alice Schwarzer, die kein Blatt vor den Mund nahm.

„Ich danke meinen Vorrednerinnen“, wandte sich Schwarzer zu Beginn ihrer Rede an die Gleichstellungsbeauftragte Dr. ElisabethAlice_web 4 Heinrich und Birgit Hoffmann vom Netzwerk Hochschulsekretariat – um dann mit Blick auf den 3. Redner, Uni-Kanzler Ulf Richter, hinterherzuschieben: „Sie dürfen sich sprachlich mitgemeint fühlen.“ Eine Umkehr der sprachlichen Norm, an der die Zuhörerinnen im Audimax hörbar Spaß hatten. Die Frauenbewegung habe seit den 1970er Jahren „gewaltige Fortschritte“ erzielt, sagte Schwarzer, aber: „Dieser Fortschritt ist bedroht.“ Zwar seien Frauen bei uns rechtlich mittlerweile den Männern gleichgestellt – was formal gelte, sei aber noch längst nicht in allen Köpfen angekommen. Frauen müssten daher gemeinsam darum kämpfen, das Erreichte zu erhalten.

„Männer sind in unserer Gesellschaft strukturell privilegiert. Und auch bei netten Männern gilt: Privilegien abgeben tut weh“, erklärte Schwarzer, die Männer generell in drei gleichgroße Gruppen aufteilt: „Ein Drittel ist auf unserer Seite und hat selbst keine Lust mehr auf die klassische Männerrolle – das sollten wir auch schätzen. Ein weiteres Drittel sind Opportunisten, die warten mal ab, was passiert. Und das letzte Drittel sind A… – da ist es an uns Frauen, nicht mehr auf diese Inszenierung reinzufallen.“ Sie selbst habe entgegen mancher Vorurteile sogar ein „besonders gutes Verhältnis“ zu Männern, betonte Alice Schwarzer und berichtete aus ihrer frühen Kindheit: Aufgezogen wurde sie maßgeblich vom Großvater – einem „liebe- und respektvollem Mann“, der sie zu einem selbstbewussten Mädchen erzogen habe.

Aktuell sieht Schwarzer Frauen in einer ebenso spannenden, wie schwierigen Situation: „Wir sind noch nicht in der neuen Zeit angekommen, aber wir sind auch nicht mehr in der alten Zeit.“ Jede einzelne habe somit eine große Last zu tragen, müsse sich immer wieder positionieren, persönliche Entscheidungen treffen und diese auch gegen Widerstände durchsetzen. In diesem Zusammenhang sprach Schwarzer den Zuhörerinnen im Audimax deutlich Mut zu: „Trauen Sie sich, den aufrechten Gang zu gehen. Sie haben nichts zu verlieren.“ Es sei dabei nicht maßgeblich, was andere denken: „Pfeifen Sie darauf. Es ist ihr Leben.“

Alice_web 2Dass Alice Schwarzer bei aller Überzeugung für die Sache dennoch pragmatisch im Leben steht, beweist unter anderem ihre Haltung zur umstrittenen Gender-Schreibweise. Natürlich sei die sprachliche Gleichstellung von Mann und Frau wichtig, erklärte die Journalistin und Herausgeberin der Frauenzeitschrift „Emma“. Beruflich sei ihr aber auch die Lesbarkeit von Texten ein Anliegen: „Geschriebene Sprache muss innerlich sprechbar sein.“ Die Debatte nehme ihrer Meinung nach außerdem „ein bisschen viel Raum ein.“ Von den Universitäten wünscht sich Schwarzer dagegen mehr Impulse für den Feminismus. Es gebe eine große Kluft zwischen den Hochschulen und der Gesellschaft, die es zu schließen gelte. „Das Denken und Forschen muss sich dem Leben stellen.“

Alice Schwarzer sagt, was sie denkt – und kann das aufgrund ihrer Position und Rolle auch unverblümt tun. Das musste bei der Veranstaltung auch Uni-Kanzler Ulf Richter erfahren, neben zwei Medienvertretern der einzige Mann im Hörsaal. Die von ihm zum Dank überreichten Blumen legte Schwarzer für das anschließende Foto gleich wieder beiseite. „Frauen sollten sich nicht mit Blumen fotografieren lassen“, lautete ihr Kommentar dazu. Auch Richters Rede zur Würdigung der Hochschulsekretärinnen stieß bei Schwarzer nicht auf allzu viel Gegenliebe. Richter nahm die Kritik aber sportlich und dankte Schwarzer für die „vielen guten Anregungen“.

Für die Uni-Mitarbeiterinnen ging das Programm nach dem Vortrag im Audimax noch weiter: Das Netzwerk Hochschulsekretariat hatte für sie sechs Workshops zu unterschiedlichen Themen organisiert – von „Glück“ über „Teamarbeit“ bis hin zu „Belästigung“. Angeleitet wurden die Workshops von internen und externen Referentinnen. Für die Uni-Mitarbeiterinnen galten sie als Fortbildungsangebot innerhalb der regulären Dienstzeit.

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Birgit Hoffmann vom Netzwerk Hochschulsekretariat, Alice Schwarzer und Uni-Kanzler Ulf Richter.

 
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