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Berufsperspektive Mathematik: Spezialisierungen, Herausforderungen und Chancen

Am 18.01.2017 lud der Alumniverbund gemeinsam mit der Fachschaft Mathematik vier Alumni ein, um im Rahmen einer studio: A Talk-Runde über berufliche Perspektiven und die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen für Studierende der Mathematik zu diskutieren.

Mit Anspielung auf mathematische Formeln stellte sich die Talk-Runde die Frage, wo integriert die Wirtschaft differenzierte Spezialisten? Was gibt es beim Berufseinstieg zu beachten? Antworten auf diese und weitere Fragen gaben die Alumni-Gäste Nicole Dröge, Dr. Alexander Hoffmann, Dr. Jan Müller und Claudia Reuber-Groos mit Bezug auf ihre persönlichen Erfahrungen und Werdegänge.

Die Mathematik-Alumni, die an der Universität Siegen studierten, sind heute in unterschiedlichen Branchen und Bereichen tätig. Claudia Reuber-Groos, die als einzige der Talk-Gäste noch Wirtschaftsmathematik mit Diplom-Abschluss studierte, ist heute als Controllerin bei der Krombacher Brauerei in Kreuztal beschäftigt. Dort betreut sie die Gastronomie und den Export, indem sie diesen Prognosen über den Marktabsatz sowie zur Ertragslage zur Verfügung stellt. Sie arbeitet in direktem Kontakt mit den Programmierern und gibt Vorgaben zur Analyse und Aufbereitung von Daten. Dr. Jan Müller, der im Anschluss an sein Masterstudium in Kooperation mit der EnBW promovierte, ist als Risk Manager am Düsseldorfer Standort des norwegischen Energiekonzerns Statkraft tätig. Bei dem europaweit größten Erzeuger von erneuerbarer Energie berechnet Jan Müller Risikopositionen am Markt und wendet Bewertungsmodelle auf z.B. Kraftwerke an. Die Alumna Nicole Dröge arbeitet als Berechnungsingenieurin beim Automobilzulieferer Mubea in Attendorn, wo sie hauptsächlich für die Entwicklung und Pflege von Simulationssoftware zuständig ist. Der vierte Alumni-Gast, Dr. Alexander Hoffmann, ist der einzig Selbstständige in der Talk-Runde. Er gründete 2009 gemeinsam mit seinem ehemaligen Kommilitonen das Unternehmen statmath, ein im Herzen von Siegen gelegenes Unternehmen für statistische Prognosen, und ist hier bis heute geschäftsführender Gesellschafter.

Die Moderatorin Laura Kaifel, selbst noch Mathematik-Studentin im Bachelor-Studium und aktives Fachschaftsmitglied, regte im voll besetzten „Aquarium“, das am Emmy-Noether-Campus für die Talk-Runde zum Studio wurde, mit Fragen rund um den Berufseinstieg und zu den persönlichen Werdegängen der Alumni-Gäste zu einem aktiven Austausch zwischen Studierenden und Alumni an.

„Mathematik macht mir einfach Spaß“

Dass sowohl das Studium als auch der Einstieg ins Berufsleben nicht immer einfach sind, können die Alumni-Gäste aus eigener Erfahrung bestätigen. Gerade, wenn man sich in den Anfangssemestern in „Epsilon-Delta-Schlachten“ stürze, sehe man nicht die Anwendung, wie sich Jan Müller erinnert. Praktika und erste Arbeitserfahrungen erwiesen sich für die Alumni jedoch als wichtige Orientierungshilfe. Zudem halfen sie dabei, vermeintliche Zweifel an ihrem Mathematik-Studium zu überwinden und für sich herauszufinden, welcher Tätigkeitsbereich ihnen Spaß macht und welcher nicht. Auf diesem Wege stellten sowohl Claudia Reuber-Groos als auch Alexander Hoffmann für sich persönlich fest, dass sie nicht in dem jeweils kennengelernten Unternehmen bzw. in der entsprechenden Branche arbeiten möchten. Claudia Reuber-Groos erzählt, dass sie nach einem Praktikum bei einer Versicherung „ernüchtert“ war, weil sie sich in der Branche nicht wohlfühlte. „Ich brauche einen Beruf, der mir Spaß macht“, sagt die Alumna über ihre Arbeitsmotivation. Alexander Hoffmann machte im Anschluss an seinen Bachelor ähnliche Erfahrungen. Im Laufe seiner Anstellung bei der Union Investment wurde ihm klar, dass es nicht sein „Ding“ ist „in einem großen Turm“ zu arbeiten, und suchte seine persönliche Herausforderung in der Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Data Science und Prognosen statmath. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner und dem 22-köpfigen Team entwickelt er Algorithmen und Modelle. Schade findet er, dass er selbst nur noch wenig berechnet, da die strategischen Geschäftsführer-Tätigkeiten überwiegen. Müller wusste schon in der Schule, dass er später Mathematik studieren möchte. „Mathematik macht mir einfach Spaß“, erklärt er seine Begeisterung für das Fachgebiet. Außerdem befähige die Mathematik zum logischen Denken, was durchaus „eine kreative Leistung“ sei.

Der Werdegang von Claudia Reuber-Groos ist ein gutes Beispiel dafür, dass erste Arbeitserfahrungen sich selbstverständlich auch als wichtige „Türöffner“ herausstellen können. Denn seitdem die heutige Controllerin im Rahmen eines weiteren freiwilligen Praktikums ihren Fuß in die Krombacher Brauerei setzte, hat sie das Unternehmen nicht mehr verlassen. Der Grund dafür seien zum einen die angenehme Arbeitsatmosphäre und zum anderen die interessanten Aufgaben gewesen. Reuber-Groos und Hoffmann betonen, dass der Spaß und das Wohlfühlen im Unternehmen die Hauptsache im Job seien.

„Man muss eine gewisse Affinität zur IT haben“

Die unterschiedlichen Werdegänge der Alumni zeigen nicht nur, welche unterschiedlichen beruflichen Richtungen Mathematikerinnen bzw. Mathematiker einschlagen können, sondern auch, dass sich ihnen berufliche Perspektiven eröffnen, die über die reine Mathematik hinausgehen. Nicole Dröges berufliche Laufbahn in Richtung Maschinenbau ist ein gutes Beispiel dafür. Nach dem Abschluss ihres Master-Studiums konnte sie zwischen mehreren Stellen wählen und entschied sich letztendlich für die interne Stelle als Berechnungsingenieurin bei Mubea – und damit für die Maschinenbau-, bzw. Automobilzuliefererbranche, wo sie zu dieser Zeit bereits als studentische Hilfskraft arbeitete. Die „gute Kombination aus allem“, nämlich Mathe, Programmieren sowie Werkstoffkunde erschien ihr am vielseitigsten, berichtet die Alumna. Für eine Mathematikerin bzw. einen Mathematiker ist der Beruf im Maschinenbau allerdings untypisch. Dröge hatte im Rahmen eines Praktikums bei ihrem heutigen Arbeitgeber jedoch den Umgang mit Simulationsprogrammen gelernt. Dieser sowie Programmierkenntnisse helfen dabei, im Maschinenbau Fuß zu fassen. Wenn man also dazu bereit ist, sich Wissen aus anderen Bereichen anzueignen, stellt ein Mathematik-Studium kein Hindernis für eine Bewerbung im Maschinenbau oder in der Elektrotechnik dar.

Programmierkenntnisse sind oftmals auch für Abschlussarbeiten bedeutend. „Ohne Programmierkenntnisse wäre ich nicht durch die Abschlussarbeiten gekommen“, berichtet Nicole Dröge rückblickend. Dr. Müller gibt ihr recht: „Man muss eine gewisse Affinität zur IT haben.“ Dennoch gebe es auch Mathematiker, die bewusst nicht programmieren wollen. Jedoch müsse einem klar sein, dass man dann nur den akademischen Weg gehen könne. „Will man den Weg in ein Unternehmen gehen und auch noch Mathematik machen, dann ist das Bindeglied zwingend IT“, so Alexander Hoffmann.

In diesem Zusammenhang wollte Moderatorin Laura Kaifel wissen, was und wieviel von dem im Studium Gelernten neben dem Programmieren tatsächlich noch im Job gebraucht werde. In Hoffmanns und Müllers Arbeitsalltag spielen vor allem Zeitreihenanalyse, Statistik und Wahrscheinlichkeitstheorie eine große Rolle. Im Bereich Maschinenbau und insbesondere für Nicole Dröges Tätigkeit liegt der Schwerpunkt hingegen auf der Finite-Elemente-Analyse. Bei Claudia Reuber-Groos sieht es wieder anders aus. Wie die Controllerin selbst sagt, wendet sie Mathematik nur noch „rudimentär“ an.

Abschlussarbeit unbedingt im Unternehmen schreiben?

Empfehlen die Alumni-Gäste Studierenden, Abschlussarbeiten zusammen mit einem Unternehmen zu schreiben? Die Antwort von Jan Müller und Claudia Reuber-Groos lautet eindeutig „ja“. Jan Müller erklärt seine persönliche Motivation damit, dass er die Gelegenheit nutzen wollte, „ein Unternehmen von innen kennenzulernen“. Auch Claudia Reuber-Groos „kann es nur empfehlen“, wie sie ohne jegliche Zweifel über ihre Erfahrung mit ihrer Diplomarbeit im Controlling resümiert. Eine Abschlussarbeit ohne Zusammenarbeit mit einem Unternehmen stellt aber keine weniger gute Alternative dar. Nicole Dröge entschied sich z.B. bewusst dagegen, ihre Masterarbeit in Kooperation mit einem Unternehmen zu schreiben. Einerseits gab es bei ihrem Arbeitgeber Mubea niemanden aus dem Bereich Mathematik, der sie hätte betreuen können. Andererseits erklärt sie, dass es schwierig gewesen wäre, den mathematischen Anspruch in die Arbeit zu bekommen. Überspitzt gesagt wollen „Maschinenbauer bunte Bilder und Mathematiker Beweise“. Das sei manchmal schwierig unter einen Hut zu bringen.

Alexander Hoffmann hält es für sinnvoll, seine Abschlussarbeit im Unternehmen zu schreiben, wenn man Daten sowie Programmierkenntnisse braucht. Den Vorteil von Abschlussarbeiten ohne Kooperation mit einem Unternehmen sieht er darin, dass man sich so „nur auf das Thema fokussieren kann.“ Seiner Ansicht nach müsse sich nicht jeder Mathematiker eine Firma suchen, um eine erfolgreiche Abschlussarbeit zu schreiben. Er selbst hat z.B. theoretisch promotiviert. Zwar könne er den Inhalt davon nicht praktisch in seiner Firma umsetzen, jedoch helfe das dadurch gelernte strukturelle Denken und systematische Analysieren auch im Job.

Welche Vorerfahrungen und Kompetenzen in der Gesamtpersönlichkeit braucht man als Mathematiker bzw. Mathematikerin? Hoffmann berichtet mit Hinblick auf seinen Job, dass es essenziell sei, kommunizieren zu können, um Probleme der Kunden verstehen zu können. Zudem sei es wichtig Vertrauen erwecken zu können. Auch seine Mitgliedschaft im Fachschaftsrat habe dazu beigetragen, soft skills wie das Lösen von Konflikten oder das Organisieren von Veranstaltungen zu erlernen.

Beim Thema Gehaltsverhandlung ließen sich relevante Aspekte festhalten. Dadurch, dass das Gehalt sich immer nach der Region des Unternehmenssitzes richtet, dürfe man sich nicht wundern, dass man im Siegerland weniger als in München verdiene. Des Weiteren solle man bei der Wahl eines Unternehmens nicht den Fehler machen, die Entwicklungs-Perspektive zu vergessen. So kann es nämlich sein, dass das Einstiegsgehalt höher ist als die Entwicklungschancen. Deshalb sollte man diese Aspekte immer gegeneinander abwägen, wie auch den Innovationsgrad des Unternehmens und das Gehalt. Die Alumna weiß zudem aus eigener Erfahrung: „Im Maschinenbau braucht man gerade als Frau ein gutes Selbstbewusstsein“.

„Studiert was euch Spaß macht“, raten die Alumni-Gäste schließlich den Studierenden. Dröge empfiehlt außerdem den Simulations-affinen Studierenden, ein freiwilliges Praktikum zu machen, um Simulationsprogramme zu lernen.

Ob die Alumni nochmal Mathematik studieren würden? Die Frage ist von allen schnell mit einem „Ja!“ beantwortet. „Weil es Spaß macht“, bringt es Alexander Hoffmann auf den Punkt.

Bettina Stephan, Redaktion Alumni-Team

Fotos: Bernd Dreseler

 
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