Sieben mal acht Gedichtpaare bilden ein Flechtwerk, eine verwobene Kunst der Fuge. Musikalische Strukturen prägen die neuen Gedichte Christian Lehnerts. Die Verse vollziehen selbst nach, was sie erkunden: Gestaltwerdungen in der Natur. Sie entdecken, indem sie nachbilden, spüren auf, indem sie formen und so geraten sie schöpferisch in eine natürliche Welt, die zu uns spricht. Die Gedichte unterwandern einen technisch-rationalen Naturzugang; ihr erster Impuls ist das Staunen über das Fremde. So ist der Same ein wiederkehrendes Motiv: In ihm ist wie in der Sprache eine Bedeutung verborgen, die sich als Pflanze entfaltet. Der Same ist Materie und Logos, ein gespeichertes Wissen. Atmend wird in den Gedichten davon gesprochen, und auch der Atem durchzieht motivisch den Band jener Puls, wenn Äußeres nach innen dringt und das Inneres nach außen und sich das Leben in der Offenheit bildet, sei es als Laubwerk einer Linde, als Blaualge oder als hechelnde Hündin.
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- Christian Lehnert, geboren 1969 in Dresden, ist Dichter und Theologe. Acht Gedichtbücher und drei Prosabände erschienen bisher im Suhrkamp Verlag. Er arbeitete mit zahlreichen Komponisten zusammen und schrieb mehrere Libretti, etwa für die Oper Phaedra von Hans Werner Henze. 2012 erhielt Christian Lehnert den Hölty-Preis für sein lyrisches Gesamtwerk, 2016 den Eichendorff-Literaturpreis und 2018 den Deutschen Preis für Nature Writing.
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- Komplettiert wird die Veranstaltung durch eine bilinguale Lesung in deutscher und englischer Sprache des Autors Michael Symmons Roberts. Moderiert wird dieser Teil von Prof. Dr. Felix Sprang. Michael Symmons Roberts, geboren 1963 in Preston, Lancashire, hat Philosophie und Theologie an der Universität Oxford studiert. Er hat acht Gedichtbände veröffentlicht, darunter Soft Keys (1993), Raising Sparks (1999) und Burning Babylon (2001), die auf der Shortlist für den T. S. Eliot Prize standen. Corpus (2004), eine Sammlung von Gedichten über Körperlichkeit und Spiritualität, wurde mit dem Whitbread Poetry Award ausgezeichnet und in die engere Wahl für den Forward Prize for Best Collection genommen. Auch The Half-Healed (2008) wurde für den T.S. Eliot Prize vorgeschlagen und Drysalter (2013) erhielt den Costa Poetry Award. Nach Mancunia (2017), eine lyrische Hymne auf die Stadt Manchester, erschien zuletzt der Gedichtband Ransom (2021), der Hoffnung in einer gefallenen, verwundeten Welt nachspürt und von der Times zu den herausragenden Books of 2021 gezählt wurde. Michael Symmons Roberts ist als "religiöser Dichter für ein säkulares Zeitalter" (Jeanette Winterson) bezeichnet worden, seine Lyrik erforscht Glauben und Zweifel, die Sprache der Wissenschaft insbesondere der Genetik und Gesellschaftsverwerfungen. Von Carol Ann Duffy als klarste Stimme unter den lebenden englischen Dichter herausgehoben, gilt Michael Symmons Roberts als lyrischer Dichter, der in seinem Werk viel Wert auf Rhythmus und Klang legt.
Ort: Apollo-Theater Siegen
Veranstalter: Haus der Wissenschaft, Universität Siegen