PD Dr. Cornelius Schubert (Universität Siegen)
In der sozialwissenschaftlichen Forschung galten Städte lange Zeit als weitgehend ungesund. Seit den schnell wachsenden Großstädten des 19. Jahrhunderts standen die Verdichtung sozialer Räume bei gleichzeitiger Auflösung sozialer Beziehungen und einer allgemeinen Steigerung des Lebenstempos im Zentrum der Analyse. Aus dieser Perspektive galten die Großstädte dann auch als Labore der modernen Gesellschaft, in denen ständig Neues ausprobiert wurde und die aufgrund des andauernden Zustroms von außerhalb nie zur Ruhe kamen. Der Vortrag widmet sich im ersten Teil diesem Verständnis von Stadt als Labor moderner Gesellschaft und fragt vor diesem Hintergrund nach den Zusammenhängen von Stadt, Technologie und Gesundheit. Wie genau äußert sich die ungesunde Wirkung von Städten? Welche Rolle spielen Produktions-, Transport- und Medientechnologien dabei? Trifft das Bild einer überhitzen Stadtmaschine zu, in der die Menschen tendenziell überlastet werden? Hierzu werden einige Klassiker der sozialwissenschaftlichen Großstadtforschung vorgestellt und die Argumente in den Kontext des Vortags eingeordnet. Die augenscheinlich plausible Hypothese, dass Großstädte per se ungesund seien, soll dabei mit Blick auf aktuelle Entwicklungen einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Denn gerade heute werden Städte und Technologien als Antworten auf die Herausforderungen des Gesundheitswesens verstanden. Dicht besiedelte Räume versprechen ein enges Netz an Gesundheits-dienstleistungen, digitale Technologien integrieren medizinische Daten, Vorsorgepraktiken und Behandlungsverläufe. Wird die Stadt damit zu einem neuen Labor für eine neue Gesellschaft? Entlang dieser Frage wird der Vortag im zweiten Teil den aktuellen Stand der Forschung und möglichen Entwicklungsperspektiven aufzeigen.
Ort: Kulturhaus Lÿz, St.-Johann-Straße 18, Haupteingang C, 57074 Siegen
Veranstalter: Universität Siegen, FORUM Siegen