..
Suche
Hinweise zum Einsatz der Google Suche
Personensuchezur unisono Personensuche
Veranstaltungssuchezur unisono Veranstaltungssuche
Katalog plus
 

Wolga 1998

wolga-titel.jpg

 

Einer von vielen wunderbaren Sonnenuntergängen auf der Wolga Im Frühjahr 1998 konnte im Fachbereich 10 eine nicht alltägliche Exkursion angeboten werden. Auf Einladung der staatlichen Universität für Bauwesen in Moskau (MGSU) und mit Fördermitteln des DAAD und der Universität Siegen konnten interessierte Studenten der Wasserbausemester vom 12.05. bis 25.05.98 an einer Flußreise über die Wolga und anschließendem Aufenthalt in Moskau teilnehmen.

Im Rahmen der Bauingenieurausbildung an der MGSU wird jedes Jahr für die Vertiefer der Richtung Wasserbau eine ca. 14-tägige Exkursion durchgeführt. Während dieser Exkursion werden diverse Wasserkraftanlagen, Stauseen, Schleusen, Dämme und Häfen besichtigt. Auf der Reise selbst finden Vorlesungen und Übungen zu den betreffenden Exkursionszielen statt.

Die Wasilij Surikow in der Schleuse von UglitschDer Flug von Frankfurt nach Moskau stellte sich als der preiswerteste Reiseweg heraus und so flogen wir stilecht mit der Aeroflot von Frankfurt nach Scheremetjewo II und wurden von dort zur Wasilij Surikow gebracht - für die nächsten 10 Tage zugleich schwimmende Herberge, Restaurant, Vorlesungssaal und vor allem Begegnungsstätte zwischen deutschen und russischen Studenten. Natürlich konnte man auch ganz passabel darauf feiern oder auch die Sonne und den fantastischen Ausblick genießen ;-)).
Die eigentliche Flußfahrt begann am Mittag des 13.05. nach der Ankunft der etwa 100 russischen Studenten an Bord. Vom Flußhafen Chimki am Rande Moskaus ging es zunächst durch den Moskwa-Wolga-Kanal, der übrigens um 1937 herum von russischen Zwangsarbeitern, Männern wie Frauen und Kinder, angelegt wurde - ein düsteres Kapitel, über das aber mittlerweile geredet werden kann. Nach Durchfahren des Kanals erreichte die Surikow bei Dubna die Wolga. Von dort wurde Mütterchen Wolga bis nach Togliatti, dem südlichsten Punkt unserer Reise, befahren und dabei um die 1600 km zurückgelegt. 
 

Tscheboksarakaja Wasserkraftanlage (Gesamtleistung 1404 MW bei 20 m Fallhöhe, Inbetriebnahme 1980) Generatorenhalle der Kuibischewskaja Wasserkraftanlage

Auf dem Weg dorthin wurden zahlreiche sehr interessante wasserbauliche Anlagen entlang der Wolga besichtigt. An diesen herrscht kein Mangel da praktisch die gesamte Wolga eine einzige Stauhaltungskaskade ist. Die Besichtigungen beschränkten sich dabei nicht nur auf Oberflächlichkeiten, sondern es wurde ausreichend Gelegenheit gegeben, das in den vorhergehenden Vorlesungen Mitgeteilte auch ausführlich am Objekt und in Betrieb zu begutachten. Neben diversen Turbinen, Wehrantrieben und weiterem konnten wir dort endlich auch den legendären "Generator mit 88 arbeitenden Polen" sehen, wenn auch nur aufgrund eines kleinen Übersetzungsfehlers unserer sehr symphatischen Dolmetscherin.

Traditionsgemäß wurde jeden Abend nach dem Essen eine kulturelle Stunde durchgeführt. Dort wurden Gesangs- und Musikdarbietungen sowie kleine Sketche von Seiten der Studenten und der russischen Dozenten aufgeführt. Auch die deutschen Teilnehmer durften sich von der Teilnahme nicht ausschließen, was nach anfänglichem Zögern durch die begeisterte Annahme seitens der russischen Studenten mit zunehmender Innovationsfreude angegangen wurde. Die Darbietungsformen reichten dabei von Zauberrätseln über das a capella vorgetragene Lied Männer. Der absolute Reißer und Ice-Breaker war aber die Vorführung von Mana-Mana inklusive Mädels und 'das Tier'. Eine Ingenieurdrohne namens Jörg soll auch nicht vergessen sein (sorry folks, ein paar 'Insider' müssen einfach drin sein).

Auf dem Rückweg standen dann eher Stadtaufenthalte und Landgänge zur Besichtigung der Umgebung auf dem Plan. So bot sich z.B. die Gelegenheit die Stadt Nischni Nowgorod, das ehemalige Gorki, inklusive dem historischen Kreml zu besichtigen. Noch vor garnicht allzulanger Zeit durfte kein Ausländer diese Stadt betreten. Frühere ausländische Exkursionsteilnehmer wurden sogar extra oberhalb der Stadt abgesetzt, ein Stück flußab geflogen und durften erst dort wieder auf das Schiff.

Die BasiliuskathedraleDie letzten beiden Tage mit Unterbringung in einem Studentenwohnheim dienten zur Besichtigung von Moskau. Hier wurden die Gegensätze Rußlands bzw. der ehemaligen Soowjetunion nochmals kraß vor Augen geführt. Hier das zerfallende Wohnheim mit fließendem kalten Wasser nur in ausgewählten Stockwerkerken und Zimmernachbarn mit mehr als vier Beinen oder vernachlässigte Straßenzüge und Bauwerke, dort das peinlich saubere Zentrum von Moskau mit Kreml und rotem Platz oder Einkaufsgalerien als Abschreibungsobjekt westlicher Konzerne. Dennoch hatte der Aufenthalt in Moskau selbst das gewisse Etwas; den Flair der Metropole, die schiere Größe und das Bewußtsein, im Zentrum Rußlands zu sein.     

Straßen in Pless, Mischny und Moskau

Einige Impressionen über russische Straßenszenen. Von romantisch über pitoresk bis zum lebensgefährlichen Chaos ist alles vorhanden.

Der festgefahrene Bus dort war übrigens unser Transport zum Flughafen. Der Fahrer konnte der Versuchung nicht widerstehen, die zum Flughafen strebende Fahrzeugschlange auf dem unbefestigten Seitenstreifen zu überholen. Erst, als er wirklich bis zum Bodenblech feststeckte und schon Rauch vom Motor in den Innenraum stieg, gab er auf ;-)

Das Fazit aller Teilnehmer der Exkursion ist uneingeschränkt positiv. Neben der Vertiefung der Kenntnisse im Bereich Wasserkraftanlagen und Stauanlagen wurden Einsichten in die Situation Rußlands und nicht zuletzt in die Situation der teilnehmenden russischen Studenten gewonnen, die so nur bei einem engen und angeregten Kontakt wie auf einer zweiwöchigen gemeinsamen Flußexkursion entstehen konnten. Nicht zuletzt trugen dabei das weitgehend gute Wetter und das Erlebnis der Distanzen und der landschaftlichen Weite auf Mütterchen Wolga bei. Nicht nur der Verfasser dieser Zeilen denkt gern an diese Zeit zurück und würde vom Fleck weg diese Exkursion wiederholen.

 

Unsere Siegener Truppe auf dem roten Platz in Moskau
Größere Abbildung