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Buch des Monats August 2013

Heinrich Heine, Peter Schössow: 

Der arme Peter.

München: Hanser 2013.

Ab 4 Jahren.

Heinrich Heine für Kinder? Peters Schössows Bilderbuch geht neue Wege. Der erfolgreiche Illustrator (bekannt z. B. durch seine august_2013Illustrationen zu Steinhöfels Rico-Trilogie) nimmt Heinrich Heines Gedicht vom armen Peter, der sich aus Liebeskummer ins Grab legt, und bringt es mithilfe großartiger Bilder auf die Bühne. Es gelingt es ihm, den romantisch-ironischen Heine-Text so zu inszenieren, dass auch Kinder Zugang finden und zugleich gattungsübergreifende literar-ästhetische Erfahrungen machen können.

Die Betrachterinnen/Betrachter des Bilderbuchs erleben Die Geschichte des armen Peter als Theaterstück, genauer: Sie sehen, wie Kinder zu Schauspielerinnen/Schauspielern werden und das Stück auf einer Bühne spielen. Sie sehen, wie das (tatsächlich existierende Thalia-)Theater sich füllt, das Publikum die Aufführung verfolgt und schließlich das Theater verlässt, um ins Leben zurückzukehren. Auf geniale Weise werden so zwei fiktive Geschichten und verschiedene Gattungen  miteinander verknüpft: Heines Lyrik wird zum Bühnenstück und Schössows Bilder erzählen eine Geschichte.

Die realen Betrachterinnen/Betrachter können gewissermaßen aus doppelter Distanz erleben, dass die seltsam tragische Handlung des Heine-Gedichts nicht nur recht unwahrscheinlich klingt, sondern eben tatsächlich nur Theater ist. Die einzelnen Szenen und Figuren auf der Bühne sind wunderbar theatralisch überzeichnet und wirken nicht nur entlastend, sie laden auch zum Entdecken und Erkennen des Inszenierten ein. Und auch die Figuren im Publikum, die das Schauspiel „mal gebannt und entsetzt, dann wieder überrascht und amüsiert“ (Schwab 2013) verfolgen, kommen „in Mimik, Gestik, Bewegung und Kleidung so eigenwillig daher […], dass man jede einzelne durch das ganze Buch hindurch verfolgen kann“ (ebd.). Vielleicht entdeckt man dann im Publikum noch einen anderen armen Peter und kann mit ihm ein glückliches Ende erleben, weil dieser nämlich – anders als der Peter im Bühnenstück – am Schluss fröhlich auf sein Skateboard steigt und ganz lebendig ist.  

Peter Schössows Bilderbuch unterbreitet den Kindern verschiedene Identifikations- und Distanzierungsangebote, vor allem aber ermöglicht es neue Wahrnehmungs- und Literaturerfahrungen. Sowohl durch den ungewöhnlichen Text als auch durch die in Form und Farbe ungewöhnlichen Bilder wird die Vorstellungsbildung angeregt und Lust auf eigenes Inszenieren geweckt, und sei es nur im Kopf. Kinder sollten unbedingt Gelegenheit haben, diese Alteritätserfahrungen zu machen und mit anderen darüber zu sprechen.   

Mindestens erfahrene Rezipientinnen/Rezipienten werden schließlich schmunzelnd auch erkennen, dass Peter Schössow sich selbst ins Spiel bringt, einen dritten armen Peter also. Nicht nur der Name, sondern auch ein weiterer Heine-Vers, der sich als eine Art Vorwort lesen lässt, „deutet an, dass man den armen Peter auch als Alter-Ego des Peter Schössow ansehen kann. Und diese Lesart wird dadurch unterstrichen, dass er den Unglücksraben als Künstler darstellt.“ (ebd.)

(Viola Oehme, 2014)


Quelle: Schwab, Sylvia: Heine mit einem Augenzwinkern. RADIOFEUILLETON: KRITIK, 08.04.2013. Online unter: www.dradio.de (letzter Abruf am: 10.04.2013).