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Buch des Monats Mai 2013

Craig Silvey:
Wer hat Angst vor Jasper Jones?
Aus dem Englischen von Bettina Münch.
Reinbek/Hamburg: Rowohlt Taschenbuch 2012.
Ab 15 Jahren.

Der (Jugend-)Roman Wer hat Angst vor Jasper Jones? ist ein beeindruckender und spannender Roman, den man kaum aus der mai_2013Hand legen kann und auch nach der Lektüre denkt man lange über die Figuren und ihr Handeln nach. Ungewöhnlich ist er auch, weil er in einer australischen Kleinstadt angesiedelt ist und ein Jahrzehnt schildert, das in der Jugendliteratur wenig beachtet wird.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der 13-jährige Charlie, der zwischen dem Kind- und Jugendsein schwebt, ein Leben mit Literatur führt und wenig in der Kleinstadt auffällt. Doch eines Nachts besucht ihn Jasper Jones, das Enfant terrible der Stadt, Sohn einer Aborigine und eines Weißen, und damit im Jahre 1965 ein Außenseiter, der von der weißen, bürgerlichen Gesellschaft gemieden wird. Jasper Jones strahlt etwas Gefährliches aus und doch ist er nach dem Tod seiner Mutter ein einsamer Junge, der keine Freunde hat und von seinem alkoholabhängigen Vater geschlagen wird. Trotzdem schafft er es, allen zu trotzen.

„Jasper Jones ist an mein Fenster gekommen.“ Mit dieser knappen Feststellung setzt der Roman ein und macht deutlich, dass Charlie, der Ich-Erzähler, und Jasper Jones keineswegs Freunde sind. Dennoch bittet er Charlie um Hilfe, führt ihn zu einer Lichtung im Busch und zu der Leiche seiner Freundin Laura, die an einem Baum erhängt wurde. Die Umstände ihres Todes sind unklar, Jasper Jones glaubt an Mord und möchte Laura beerdigen, da er ahnt, dass er verantwortlich gemacht wird. Charlie hilft ihm und verstrickt sich immer mehr in Geheimnisse. Nach dieser Nacht verändert er sich, betrachtet die Kleinstadt mit den Augen eines Jugendlichen und sieht den Rassismus der Weißen. Er erkennt, wie verlogen und brutal die Gesellschaft handelt, Fremde ausgrenzt und auch nicht nach Laura sucht. Nach und nach kommt er dem Geheimnis um Laura näher, erkennt, wie unglücklich seine Eltern sind und am Ende der Geschichte ist nichts mehr so wie am Anfang.

Der Roman ist nicht nur recht umfangreich, sondern weist auch zahlreiche Nebenhandlungen auf, die nicht nacherzählt werden sollen. Zu sehr läuft man Gefahr, Wesentliches zu verraten. Es ist, dies kann festgehalten werden, ein Roman, der auf allen Ebenen überzeugt und auch überrascht. Es ist ein Roman, der nicht nur leseerfahrene – aufgrund der Komplexität richtet sich der Roman an starke und geübte Leserinnen/Leser – Jugendliche, sondern auch an Erwachsene adressiert ist. Seine Erzählweise erinnert an us-amerikanische Romane, in denen nicht nur die kleinbürgerliche Gesellschaft, sondern auch der Rassismus und die Doppelmoral der Erwachsenen kritisiert werden. Das Jahr 1965, in dem der Roman angesiedelt ist, ist nicht unbedeutend: Es herrscht immer noch Krieg in Vietnam, auch australische Soldaten kämpfen und Vietnamesen, wie Charlies bester Freund Jeffrey und seine Eltern, die aus Vietnam stammen, werden ausgegrenzt, schikaniert und für den Tod von Soldaten verantwortlich gemacht. Charlie zeigt sich schockiert, wie leichtfertig Erwachsene Gewalt einsetzen, Menschen ausklammern und betrügen. Charlie erlebt viel nach Jaspers Besuch, wird immer mehr in den Sog der Kleinstadt gezogen, verliebt sich in Lauras Schwester Eliza und erfährt letztendlich die gesamte Wahrheit. Aber zugleich muss er erkennen, dass er trotz des Wissens nichts tun kann und schließlich ist es Eliza, die handelt …

Auch die Figuren überzeugen und zwar bis in die Nebenfiguren hinein, auch das hebt den Roman von vielen aktuellen (Jugend-)Romanen ab und zurecht ist er für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Charlie, Jasper, Jeffrey und Eliza sind ungewöhnliche Jugendliche, die gegen die Welt der Erwachsenen, aber Jugendlichen kämpfen müssen. Immer wieder widersetzen sie sich. Und es sind Jungenfiguren, die auch männliche Leser überzeugen werden: Sport und Comics prägen die Handlungsstruktur, immer wieder denken Jeffrey und Charlie über Superhelden nach, fragen sich, ob Batman oder Superman stärker ist und klären am Ende selbst diese doch durchaus schwierige Frage. Stundenlang reden sie über Sport, in der Vietnamesen – hier Jeffrey – nicht erwünscht, aber aufgrund ihres Talents doch geduldet und auf dem Spielfeld oft gefoult werden. Und dann ist da noch die Literatur, die Charlie oftmals die Antworten liefert, die er benötigt, die ihm jedoch die Erwachsenen nicht liefern.

Es ist ein anspruchsvoller Roman, was Themen, aber auch Sprache betrifft. Das Ende ist offen und liefert den Leserinnen/Lesern viel Deutungsspielraum. Auch das macht gute Literatur aus, nicht alles wird erklärt, Lösungen müssen die Leserinnen/Leser suchen und letztendlich auch die Antworten, was richtig und was falsch ist. Unbedingt lesen!!!


Quelle: Mikota, Jana (2013): Eine Rezension von Jana Mikota: Craig Silvey: Wer hat Angst vor Jasper Jones? Online unter:
http://www.alliteratus.com/pdf/ges_fr_lie_jasperjones2.pdf (letzter Abruf: 12.06.2014)