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Buch des Monats Oktober 2014

Chantal-Fleur Sandjon: Serienunikat.

Bindlach: Script5 2014.
Ab 14 Jahren.

Serienunikat ist ein großartiger (Großstadt-)Roman, der den Zeitgeist Berlins auf eine witzige und auch ironische Seite einfängt, oktober_2014sprachlich überzeugt und voller kleiner Feinheiten ist, die man hier gar nicht benennen mag. Es ist ein Roman, der auch Leserinnen/Lesern in Kleinstädten oder auf dem Land gefallen wird.

Im Mittelpunkt steht Ann-Sophie, 21 Jahre alt, die voller Enthusiasmus nach Berlin reist, um dort ein neues Zuhause samt neuem Leben zu suchen und schließlich auch zu finden. Doch das gestaltet sich zunächst schwieriger als gedacht: Der Wohnungsmarkt ist völlig überlastet, ein WG-Zimmer zu bekommen, erinnert an Casting-Shows und ihre Hoffnung schwindet. Hinzu kommt, dass Ann-Sophies Eltern sie in Berlin nicht mehr finanziell unterstützen möchten, sondern alle Mittel anwenden, sie wieder nach Heidelberg zu holen. Doch Ann-Sophie wehrt sich, lernt bei einer dieser katastrophalen Wohnungsbesichtigungen das Mädchen Catchy kennen, gemeinsam beschließen sie, eine eigene WG zu gründen und den Berliner Wohnungsmarkt zu erobern. Dazu stoßen noch die beiden Jungs Monk und Stefan und tatsächlich finden sie bald die Traumwohnung und ineinander zugleich eine wunderbare Ersatzfamilie. Die WG-Mitbewohnerinnen und -bewohner entsprechen der Berliner Vielfalt: Monk ist Veganer und betreibt Urban und Guerilla Gardening, Catchy feiert gerne und Stefan studiert. Ann-Sophie ist irgendwie dazwischen, nimmt ihr Pharmazie-Studium auf, lernt Lukas kennen, hilft Monk bei seinen Aktionen und entfernt sich immer mehr von ihrem Leben in Heidelberg. Dort wartet auch ihr Freund auf ihre Rückkehr …

Es ist ein turbulenter und zum Teil schneller Roman, den uns die Autorin präsentiert. Dazwischen beherrscht sie auch die leisen und langsamen Töne, zeigt nicht nur ein schillerndes Berlin, sondern auch die unterschiedlichen Facetten samt Gentrifizierung. Ihre Figuren sind Individuen, die sich nicht in politischen Aktionen verlieren möchten, sondern sich selbst suchen. Auch Ann-Sophie kämpft sich durch unterschiedliche Phasen, wobei ihr dabei eine „Anleitung zum Anderssein“ hilft. Diese Anleitung, eine Liste mit unterschiedlichen Punkten, erfüllt sie akribisch und verändert sich dabei immer mehr. Sie entdeckt das, was ihr gefällt. Erkennt, was sie nicht möchte und scheut auch nicht davor zurück, sich mit ihren Eltern zu streiten.

Doch der Roman ist mehr als die Suche nach der eigenen Identität. Es sind die Töne dazwischen, die die Leserinnen/Leser zum Nachdenken zwingen. Manche Sätze muss man einfach mehrmals und am besten laut lesen. Es ist nicht nur die Stadt Berlin, die sicherlich eine wichtige Rolle spielt, sondern es ist auch das Bild einer Generation, die die Autorin hier gekonnt in Szene setzt.

Wir hatten alles und zugleich nichts. Wir sollten zufrieden sein, denn dass es anderen viel schlechter ging, wusste wir nicht nur, sondern trugen es in Form von Sweatshop-Klamotten auch an unseren Körpern zur Schau. Unsere Großeltern waren in einer zertrümmerten Nation groß geworden, unsere Eltern hatten den Kalten Krieg erlebt. Wir dagegen nur den Kampf mit unserem Gewissen, unseren fetten Schenkeln oder zu großen Nasen. (Sandjon 2014, S. 267)

Es sind solche Sätze, die den Roman auszeichnen und Leserinnen/Leser nachdenklich und beeindruckt zurücklassen. Chantal-Fleur Sandjon schafft es auf beeindruckende Weise, Gedanken und Gefühle einer Generation einzufangen, die sucht und nachdenkt, zwischen Veganismus und politischer Korrektheit pendelt und sich immer wieder neu erfinden muss oder möchte.

Beeindruckend!

Quelle: Jana Mikota (2014): Eine Rezension von Jana Mikota: Chantal-Fleur Sandjon: Serienunikat. Online unter: http://www.alliteratus.com/pdf/tb_erw_serienunikat.pdf (letzter Abruf: 25.05.2014)