..
Suche
Hinweise zum Einsatz der Google Suche
Personensuchezur unisono Personensuche
Veranstaltungssuchezur unisono Veranstaltungssuche
Katalog plus

Buch des Monats Mai 2015

Anna Woltz: Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess.

Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann. Mit Bildern von Regina Kehn. Carlsen 2015. 175 Seiten. 10,99€. Ab 9 Jahre. ISBN 978-3-551-55099-6.

mai
Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess ist ein mehr als überzeugender Kinderroman, den man immer wieder lesen bzw. vorlesen kann. Hier stimmt einfach alles: Figuren, Handlung, sprachliche Gestaltung und die Illustrationen von Regina Kehn.
Ich sah es kommen.


Papas roter Pulli und mein Ringelshirt waren das Tor. Die Sonne schien mir auf die Arme und der Wind vom Meer spielte heimlich auch mit. Ich rannte, bis ich nicht mehr konnte, und blieb dann keuchend stehen. (S. 7)


Samuel, 10 Jahre alt und Ich-Erzähler der Geschichte, verbringt mit seinen Eltern und seinem zwei Jahre älteren Bruder Jorre eine Ferienwoche auf der Insel Texel. Bereits am ersten Tag bricht sich Jorre ein Bein, muss zum Arzt und sein Bruder lernt vor der Praxis das 11-jährige Mädchen Tess kennen, das seltsame Fragen stellt. Doch Samuel mag seltsame Menschen. Er erfährt, dass Tess, die mit ihrer Mutter auf der Insel lebt, ihren Vater kennenlernen möchte. Zufällig hat sie seinen Namen herausgefunden und ihn auf die Insel eingeladen. Jetzt hat sie eine Woche Zeit, um herauszufinden, ob sie einen Vater möchte oder nicht. Und damit beginnt Samuels seltsam wunderbare Woche.


Anna Woltz hat mit Samuel und Tess zwei außergewöhnliche Kinderfiguren entworfen, die beide anders sind und ihre Umwelt immer wieder überraschen. Samuel ist sehr klug und macht sich viele Gedanken. Der Vater seiner Klassenkameradin ist gestorben, Samuel war vor den Ferien auf der Beerdigung und denkt seitdem über den Tod nach. Er fürchtet, dass seine Eltern und sein Bruder vor ihm sterben. Um sich an das Alleinsein zu gewöhnen, verlässt er seine Familie immer für ein paar Stunden. Er hofft so, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es ohne sie wäre.  Seine Eltern ahnen kaum, worüber er nachdenkt und verstehen oft seine Gedankengänge nicht. Auch Tess erzählt ihrer Mutter nicht, was sie beschäftigt, sondern sucht selbstständig nach einer Lösung. Beide Kinder freunden sich an und unterstützen sich gegenseitig. Die Erwachsenen bleiben etwas im Hintergrund und die Welt der Kinder dominiert. Der Roman greift wichtige Aspekte auf, ohne jedoch die Leserinnen und Leser thematisch zu überfordern. Positiv ist, dass Tess’ Mutter eine liebevolle Mutter ist und Samuels Familie intakt. Man wird thematisch nicht mit zu vielen Themen konfrontiert, die oftmals im Kinder-, aber auch im Jugendbuch, konstruiert wirken.


Aber nicht nur die Figuren überzeugen, sondern auch die sprachliche Gestaltung. Dialoge und Gedanken wechseln sich ab. Literarische Mittel wie Metaphern werden selbstverständlich genutzt, um Gefühle zu beschreiben. Die Umwelt wird detailreich entworfen, so dass die Imaginationsfähigkeit der kindlichen Leserinnen und Leser gefördert wird. Sätze wie
„Ich spürte, wie der trockene Sand zwischen meinen Zehen hinaufkroch. Ich war eine verkehrt herum laufende Sanduhr.“ (S. 7)
kann man immer wieder lesen und seine Gedanken spielen lassen. Ein wunderbares Kinderbuch, dem man möglichst viele Leserinnen und Leser wünscht!!!