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Generationen übergreifend ist viel in Bewegung

„Seniorendemokratie“ – Prof. Dr. Emanuel Richter zu Gast bei der Eröffnung der Mittwochsakademie

Keine Frage: Die Seniorinnen und Senioren in Deutschland sind auf dem Vormarsch – zumindest was ihren zahlenmäßigen Anteil in der Bevölkerung angeht. Im Jahr 2017 lag der Anteil der Über-60-Jährigen bei 28 Prozent, 2050 werden sie voraussichtlich 36,7 Prozent der Bevölkerung stellen. Das stellt die Gesellschaft vor Herausforderungen, birgt aber auch große Chancen. Wie genau es um Chancen und Risiken einer alternden Gesellschaft bestellt ist, erläuterte Prof. Dr. em. Emanuel Richter (Institut für politische Wissenschaft der RWTH Aachen), Verfasser des Buches „Seniorendemokratie“, als Festredner der feierlichen Eröffnung der Mittwochsakademie, die erstmals digital stattfand.

Prorektorin Prof.in Dr. Petra Vogel schenkte zum Auftakt der Veranstaltung den 77 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein koreanisches Fingerherz verbunden mit dem Wunsch für jeden einzelnen, Kraft für die restliche Corona-Zeit zu haben. Prof. Dr. Stephan Habscheid vom wissenschaftlichen Leitungsgremium der Mittwochsakademie leitete zum Referenten und Thema hin mit dem Hinweis, dass die Mittwochsakademie sich vor allem an Menschen im so genannten dritten Lebensabschnitt richte. Dabei könne es sich um eine aktive Lebensphase handeln, in der sich Menschen bilden und – auch auf dieser Grundlage – für die Gesellschaft kulturell, sozial oder politisch engagierten.

Der Referent, so Habscheid, stelle die Frage, welche Voraussetzungen eine Demokratie brauche, um zu funktionieren. Richter vertrete die These, dass bei der Beantwortung dieser Frage auch die Demografie eine Rolle spiele. Die sich abzeichnende Überalterung der Gesellschaft werde häufig negativ gesehen. Stichworte seien Wutbürger, Gerontokratie als Herrschaft der Alten, aber auch Ungleichheit unter den Seniorinnen und Senioren, bedingt durch Altersarmut und gesundheitliche Einschränkungen.

„Die Alten sind prägnant wie nie“, leitete Prof. Richter seinen Vortrag ein. Die USA haben den ältesten je im Lande gewählten Präsidenten und auch andernorts sind Staatschefs bereits betagt. In den Medien und im Kulturbetrieb, in sozialen Netzwerken und in der Mode – allenthalben sind Seniorinnen und Senioren vorne dabei, mittlerweile auch im Engagement für Klima und Umwelt. Den fitten „Alten“ steht jedoch eine zunehmende Anzahl an Versorgungsbedürftigen gegenüber. Vor allem Menschen mit geringer Bildung, Alleinerziehende und Menschen mit Migrationshintergrund sind im Alter von Armut bedroht. Zumindest bis zur Jahrhundertmitte, so Richter, nehme die Überalterung in Deutschland zu. Das Armutsrisiko im 3. Lebensabschnitt lag 2015 bei 16 Prozent und steige bis 2036 auf vermutlich 20 Prozent. Als arm gelten Menschen mit weniger als 958 Euro im Monat, das entspricht 60 Prozent des Medianeinkommens. Frauen sind von Altersarmut mehr betroffen als Männer.

Altersbilder sind häufig klischeehaft, erläuterte Richter. An vielen Stellen werde versucht Alter zu kaschieren. Es gelte die Aufforderung, sich auch im fortgeschrittenen Lebensalter fit zu halten: „Das geht aber oft Hand in Hand mit dem Verbergen des Alters.“ Und weiter: „Man muss Alterung auch annehmen können.“

Mit Blick auf die Perspektiven der Demokratie zeichnete Richter unterschiedliche Szenarien:

a) Ein Absterben der Demokratie, wenn zunehmend mehr ältere Menschen in sozial prekären Verhältnissen leben und keine Zeit haben, sich zu engagieren.

b) Eine Vergreisung der Demokratie, wenn ältere Menschen sich mit aller Kraft an der Macht halten und nicht weichen wollen.

c) Die Herrschaft alter Wutbürger, bestehend aus fitten, gut situierten Seniorinnen und Senioren, die ihren Einfluss geltend machen, um allein ihre Interessen lautstark zu vertreten. Dann droht ein Generationenkonflikt.

d) Eine Stärkung der partizipativen Demokratie dadurch, dass ältere Menschen die Zeit und die Motivation haben sich im Sinne eines Gemeinwohls einzubringen.

Als Bestandsaufnahme unterstrich der Gast aus Aachen die zunehmende Wahlbeteiligung älterer Menschen und deren Engagement beispielsweise in Seniorenbeiräten. Richter: „Generationen übergreifend ist viel in Bewegung“. Das Engagement von Seniorinnen und Senioren im Nahbereich (Nachbarschaftshilfe, Besuchsdienste, Helferkreise etc.) entlaste den Wohlfahrtsstaat. „Alte Meister“ geben berufliches Wissen weiter, ältere Menschen entdecken neue berufliche Wirkmöglichkeiten sowie ehrenamtliches Engagement. Auch in Protestbewegungen wie „Omas gegen Rechts“ sind Seniorinnen und Senioren mit steigender Tendenz vertreten.

Richter rief zum Abschluss seines Vortrags zur Solidarität auf. Generationenkonflikte seien keine Neuheit und bedingt nicht zuletzt durch unterschiedliche Wahrnehmungen und Interessen: „Wir müssen aber aufpassen, dass diese nicht ausarten.“

Nach einer regen Diskussion, u.a. zur Rolle von Bildungsangeboten für die „Seniorendemokratie“, bestand die Möglichkeit, sich in kleineren Kreisen in Breakout-Räumen auszutauschen.

Die Seminare der Mittwochsakademie starten am 12. Mai. Das Programm ist einsehbar unter https://www.uni-siegen.de/mittwochsakademie/downloads/kvv_ss21_v10.pdf?m=e. Anmeldungen sind möglich unter info@mittwochsakdemie.uni-siegen.de.