
Missbrauch zum Okkultismus
Spitzfindige Laternisten betrügen das faszinierte Publikum mit „Phantasmagorien“.
„Nicht nur im deutschsprachigen Gebiet war die Zauberlaterne
bekannt und erregte im „Volk“ sowie in Fachkreisen großes
Aufsehen; auch in Frankreich, wo der „unerreichte Meister der
Gespensterproduktion“, der Belgier Etienne Gaspar Robertson
(1763-1837), von Beruf Physiker und Luftschiffer, nach der
französischen Revolution u.a. im Kapuzinerkloster am
Vendômeplatz das Pariser Publikum in Angst und Schrecken
versetzte.
Robertson gilt heute als der Begründer der
Phantasmagorie (Geisterversammlung): Das Phantaskop, eine
Laterna magica auf Rädern, wurde hinter der transparenten Wand
hin- und herbewegt, wodurch ermöglicht wurde, Figuren klein
oder groß bzw. in der Ferne oder nah vor dem Zuschauer
erscheinen zu lassen. Dazu kamen noch andere mechanische und
theatralische Tricks, auf die Robertson einen besonderen Wert
legte: Donner (Bearbeitung einer Eisenplatte), Blitz (schnelles
Öffnen und Schließen der Laterne), Sturm (Bestreichen eines
Seidenbandes mittels einer Gerte), Totengeläut, Uhu-Gekrächze,
schauerliches Pfeiffen, ein wüster Luftzug oder passende Musik
sollten den Eindruck des Unheimlichen verstärken.“
(Kerstein,Weber 1981-1982: 28)
„Eingetaucht in ein Dämmerlicht, das allein durch eine
Grableuchte matt aufgehellt wird, findet er sich alsbald in
absoluter Stille düsteren Bildern an den Wänden der Kapelle
gegenüber. Im Anschluss an eine eindringliche einleitende Rede
Robertsons, in der er, eine unheimliche Stimmung beschwörend,
Tod, Unsterblichkeit und Macht des Aberglaubens thematisiert,
versinkt der Raum zu Regengetöse und Donnergrollen in völlige
Dunkelheit; sodann steigen, begleitet von den sphärischen
Klängen eines Harmoniums, dessen süße Melodien unmittelbar die
Empfindung des Zuhörers affizieren, die körperlosen Schatten
einer anderen Welt aus ihren Gräbern hervor resp. nähern sich
den Besuchern kontinuierlich größer werdend, bedrohlich an, um
sich dann plötzlich im unermeßlichen Universum des Nichts zu
verlieren.“ (Hick 1999: 148)
Die Wirkung dieser umstrittenen und fragwürdigen Vorstellungen
sei so groß gewesen, dass Frauen in Ohnmacht fielen und Männer
beschützerisch zu ihren Waffen griffen.
Lisa Hochmuth