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Der Siegeszug der Laterna Magica von den wissenschaftlichen Eliten zum Jahrmarkt-Publikum

Ein kurzer Abriss des soziokulturellen Kontextes von Laterna Magica-Vorführungen.

Zu Beginn ihrer Erfindung Mitte des 17. Jahrhunderts war die Laterna Magica nur in wissenschaftlichen Kreisen bekannt. Populär wurde sie durch die Vorführung auf Jahrmärkten im 18. Jahrhundert:

„In den ersten 150 Jahren ihrer Existenz hat die Laterna magica ihren Ort neben der Präsenz in Wunder resp. Kuriositäten-Kabinetten und den Salons der gehobenen Stände ab dem 18. Jahrhundert auf öffentlichen Plätzen, in Gasträumen, ländlichen Scheunen etc. gefunden. Ihre Praxis wird zunehmend von reisenden Laternisten dominiert, deren Vorführungen angesichts der zur Verfügung stehenden Lichtquellen - meist eine Öllampe - allerdings vor einem zahlenmässig begrenzten Publikum stattfinden müssen. Noch ist das Projektions-Gewerbe also überwiegend ambulant; mit nahezu identischem und begrenztem Bildbestand wird über längere Perioden ein weitgehend gleichbleibendes Programm aus zumeist Komischem, Groteskem und Religiösem an wechselnden Orten präsentiert. Häufig werden die Vorführugen, zu deren erweitertem Repertoire oft auch der Guckkasten zählt, von einem Leierkasten musikalisch begleitet.“ (Hick 1999:145)

Komische Szene.
Komische Szene. Quelle »



Die umherziehenden Schausteller („Savoyarden“) malten die Bilder für die Laterne selbst von Hand auf Glasplatten und zogen mit nur sehr wenig verschiedenen Motiven von Ort zu Ort. Das Jahrmarkts-Publikum ließ sich von dem kargen Angebot nicht stören:

„Das Interesse des Volkes an diesen Veranstaltungen war enorm groß, da sich im Alltag des 18. Jahrhunderts kaum Bilder fanden. Die Savoyarden kamen von weit her, was sie zusätzlich interessant machte. Da man den Ort seiner Geburt in der Regel nicht verließ - Handwerker waren hier eine Ausnahme -, gab es einen Mangel an Informationen und Nachrichten. Im Sommer fanden die Darstellungen auf Jahrmärkten und öffentlichen Plätzen statt. Neben Reisedarstellungen finden sich naturwissenschaftliche Themen, höfische Jagdszenen und Kriegsdarstellungen. Im Winter wurden die fahrenden Darsteller oft von Bürgern in ihre Häuser eingeladen. Die Aufführung eines Savoyarden im privaten Bereich wurde auch als „Galantee Show“ bezeichnet. Gezahlt wurde mit Geld oder einem Abendessen im Kreis der Familie.“ (Kaufhold 2006:59)

Henry Langdon Childe (1782-1874), der mit seinen Nebelbilder -Schauen für Furore sorgte, durfte seine Vorstellungen in den bekanntesten Theatern Englands vorführen, mitunter vor royalem Publikum. In Wien ließen sich Gelehrte und Künstler, Literaten und Staatsmänner von Ludwig Döbler (1801-1864) mit Nebelbilder-Schauen faszinieren. Und Richard Wagner ließ 1876 bei der Erstaufführung von „Ring des Nibelungen“ in Bayreuth den Walkürenritt auf den Hintergrundprospekt projizieren. Dies hob das populäre Bildmedium in die Kunst und steigerte dessen Seriösität.

Nebelbild vom Pariser Eifelturm (Tag und Nacht).
Nebelbild vom Pariser Eifelturm (Tag und Nacht). Quelle »



Die Industrialisierung machte die Zauberlaterne allen sozialen Schichten zugänglich. Sie hatte dadurch Anteil an der visuellen Alphabetisierung ganzer Bevölkerungsschichten. Es folgte auch der Einsatz der Laterna Magica zu pädagogischen und Bildungszwecken. Si e diente u.a. als vergrößernder Projektor von Insekten oder dem Beobachten des Blutkreislaufes von Fröschen.

Es entstand letztendlich auch eine frühe Form des „Heimkinos“, bei der die Laterna Magica in den privaten Gebrauch überging.


Lisa Hochmuth