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Morphing – Metamorphosen-Spiele

 

Zeiterfahrung anderer Art konnten schon an den zahlreichen Metamorphosenbildern . Der heutige Begriff des Morphing zielt auf eine möglichst differenzierte, unmerkliche Umwandlung von Gestalten ab. Dies wird zur Identitätsbestimmung und als Spiel mit wandelnden Identitäten genutzt: Universität Regensburg, Das Morphen von Gesichtern . Kulturhistorisch kann das Morphing in Form der sogenannten Metamorphosen-Spiele zugeordnet werden.



Die äußere Verwandlung einer Figur durch Darstellung mehrerer Ansichten, Phasen oder Stationen schließt den Zeitfaktor in die Betrachtung bewusst ein. „Die Sichtbarmachung von formalen oder physiognomischen Analogien, etwa zwischen Mensch und Tier, zwischen Jung und Alt, zwischen schön und häßlich, stimuliert die Phantasie des Betrachters und machte Prozesse sichtbar, die sich in der Alltagswahrnehmung nicht zeigten. Über sogenannte Riefel - oder Lamellenbilder , die sich aus zwei oder drei im Winkel zueinander gestellten, formal angenäherten Bildern ergaben, konnten sich Figuren durch Verlagerung der Blickposition des Betrachters verwandeln.“ […] Der Reliefcharakter der Lamellen gibt, je nach Position des Betrachters, immer nur eine Bildansicht frei. Läßt aber bei Zwischenpositionen auch die Übergänge sichtbar werden, die sich durch die Schnitte der Lamellen ergeben.“ (Thiele, 2002: 358) Dieses Prinzip der Lamellenbilder findet auch noch heute, meist an Werbetafeln, Verwendung.

„Eine verfeinerte Technik der Verschiebung physiognomischer Merkmale ist in der Sammlung Nekes an einem Tischspie, dem „Jeu d’Ovide“  1860/70, zu entdecken. „Der kreuzförmig gebaute Kasten ist in beide Richtungen mit Holzrollen versehen, über die schmale Stoffstreifen dicht nebeneinander geführt werden. Die einzelnen Streifen sind mit verschiedenen mimischen Merkmalen bemalt. Im Zentrum des Kreuzes werden die senkrecht und waagerecht ineinandergeflochtenen Streifen zusammengeführt zu einem variablen Gesicht im Profil. Verschiebt man mit Hilfe der Rollen die verschiedenen Streifen leicht zueinander, ergeben sich immer neue physiognomische Konstellationen. Indem die Streifenbahnen wie ein Flechtwerk im rechten Winkel zueinander zugeordnet sind, entstehen fast unbegrenzt viele Gesichtsvarianten.
Diese Vorform heutiger computergestützter Fahndungsbilder ergibt sich aus einem grundsätzlichen Gedanken, der in der vorkinematographischen Bildproduktion eine wichtige Rolle spielte: Die Herstellung des Ganzen stellt zunächst eine Zerlegung in Einzelteile voraus, die dann in neuen Präsentationsrahmen gesetzt werden. In der Wundertrommel, im Lebensrad (Phenakistoskop) sowie im Abblätterkino und schließlich im Kinematographen führte diese Erkenntnis zur kontinuierlich erscheinenden Bewegungsillusion mittels einer spezifischen Bildtransporttechnik.“ (Thiele, 2002: 358)


Mariella Gabriel