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Zeiterfahrung zwischen den Bildern

 

Vor und nach 1800 zeigten wandernde Laternenkünstler  mit Hilfe der Laterna Magica bei öffentlichen Vorführungen Landschaftsansichten, Naturereignisse, komische Situationen oder stimmungsvoll-gruselige Szenen.  Dies konnte man als populäre Unterhaltungsgenres bezeichnen, da sie das Publikum in wechselhafte Stimmungen versetzten. In der naturgetreuen Malweise der Glasmalerei der Laterna Magica versuchte man einen hohen Illusionsgrad zu erzielen.

Über sogenannte Nebelbildwerfer wurden zwei Glasbilder mittels zweier Objektive genau auf dieselbe Projektionsfläche ausgerichtet. Durch mechanische Erfindungen wie den ´dissolver`, (ein Lichtverteiler und Lichtauflöser) der sich vor die Objektive schiebt, konnte ein Szenenbild in ein zweites überführt werden, dass sich der Eindruck wechselnder Stimmungen, veränderter Lichtverhältnisse und einer Bewegung ergab. Die Erfindung der ´dissolving pictures ` (verschwindende Bilder), machte es z.B. möglich heitere, idyllische Szenen in ein Bild des Schreckens zu verwandeln. (Thiele, 2002: 356) Ausstellung der Universitätsbibliokthek Freiburg Nebelbildern der Laterna Magica.

Neben dem Erfahren von Stimmungen ging es in solchen Vorführungen auch immer um das Erleben von Zeit in der Bildbetrachtung. Bildveränderung und Bildbewegung entfalteten die Wahrnehmung für die Dimension der Zeit und bereicherten die statischen Bilder mit neuen Erlebnisqualitäten.
Die Überblendtechnik der Laterna Magica machte die Dehnung oder auch Raffung von Zeit zu einer besonderen ästhetischen Seherfahrung. Der allmähliche Übergang von Tag zu Nacht war ein beliebtes Motiv in den öffentlichen Bildvorführungen des 19. Jahrhunderts. Die Wechsel von hellem Tageslicht über die Dämmerung bis in die Abdunkelung führte dem Zuschauer die Langsamkeit der Bildveränderung vor Augen. Das Licht stufte sich nicht in einem plötzlichen Bildwechsel, sondern als scheinbar gedehnter Prozess. Gleichzeitig wurde die Realzeit förmlich gerafft, denn der Übergang von Tag zu Nacht dauerte nur Sekunden oder wenige Minuten. Damit entstand eine zeitliche gedrängte, aber doch als extrem gedehnte erfahrene Bildwirkung. (Thiele, 2002: 356)

Brutkolonie verschiedener Seevögel an der Felsküste der Lofoten. Diorama im Museo Civico di Storia Naturale di Milane.
Brutkolonie verschiedener Seevögel an der Felsküste der Lofoten. Diorama im Museo Civico di Storia Naturale di Milane. Quelle »

„Das Interesse des Publikums richtete sich in erster Linie auf die Darstellung von Bewegung und damit auf die Vervollkommnung der Abbildungstechnik“. (Buddemeier, 1970: 25ff)  „Das vergehende Bild, das aktuell aufscheinende und das kommende Bild verschmelzen zu einem gedehnten Gesamtbild in der Zeit, zu einem subjektiv erlebten Kontinuum, in dem sich die Erfahrung des allmählichen Übergangs, des Wandels von Stimmungen, Tageszeiten, Jahreszeiten, die Instabilität des Augenblicks und das Vergehen von momentanen Eindrücken zu einem Zeitstrom verdichten. Insbesondere das Doppeleffekt Diorama von 1834, in dem wechselnde Lichtübergänge zwischen Vorder- und Rückseite des Bildes möglich wurden, vermochte das stufenlose Zeiterleben zu intensivieren.“  (Thiele, 2002: 357) Dioramen sind auch heute noch populär: So gibt es beispielsweise eine Internetseite die sich ausschließlich mit Dioramen befasst und auch im Modellbau setzt man auf den besonderen Effekt von Dioramen.


Mariella Gabriel