Geschlecht
Definition
Sowohl die Identitätsbildung von Menschen als auch bestehende Geschlechterrollen sind auch Ergebnis von Sozialisation und Kultur. Im Deutschen gibt es keinen Begriff, um diese soziokulturelle Dimension zu beschreiben, weswegen man dem Englischen den Begriff Gender entnommen hat, der eine Bedeutungsdifferenzierung zwischen Geschlecht im biologischen Sinne (sex) und Geschlecht im gesellschaftlichen Sinne (gender) ermöglicht. In unserem Alltag tragen wir permanent zur Reproduktion von Gender bei, indem wir die Erwartungen, die an unser zugeschriebenes Geschlecht bestehen, durch unser Handeln unreflektiert erfüllen (Doing Gender). Gleichstellungsarbeit an der Universität Siegen nimmt im Sinne der Intersektionalität die Dimension Gender nicht isoliert in den Blick, sondern beachtet auch die Überschneidung und Wechselwirkung verschiedener Kategorien „innerhalb" einer Person (Gender, Ethnizität, Alter, Behinderung, etc.).
Die Chancengleichheit von Frauen und Männern ist in der BRD im Grundgesetz (Art. 3 (2)) festgeschrieben: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin." Überdies sind konkrete Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten auch im Landesgleichstellungsgesetz NRW (LGG NRW) geregelt.
Gleichstellungsmaßnahmen zielen darauf ab, Chancengleichheit herzustellen. Es gilt, die Mechanismen und Regelungen zu erkennen und zu verstehen, die zu strukturellen Ungleichheiten führen. Ein Blick auf die zahlenmäßige Geschlechterverteilung höher dotierter Positionen in einer Universität zeigt: Unter den Studierenden ist die Zahl der weiblichen Studierenden sogar höher als die ihrer männlichen Kommilitonen, ab der Stufe der Promotion nimmt der Frauenanteil bis zur Professur jedoch kontinuierlich ab. Die Chancen von weiblichen Personen, eine wissenschaftliche Karriere oder eine Leitungsposition zu erreichen, fallen offenbar geringer aus – und das trotz hervorragender Bildungsabschlüsse und der Motivation, sich beruflich zu verwirklichen. Viele hochqualifizierte Frauen schaffen es in ihrer Karriere aufgrund struktureller Diskriminierung nicht über die mittlere Verantwortungsebene hinaus.
Die Gleichstellungsbeauftragte unterstützt die Universität bei der Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern an der Hochschule. Dabei wirkt sie insbesondere auf die Umsetzung von Gender Mainstreaming (eine Verfahrensweise, die an den Entscheidungsprozessen ansetzt), auf den Abbau bestehender struktureller Benachteiligungen von Frauen aller Statusgruppen sowie auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Studierende und Beschäftigte hin.
Studierende, Lehrende und Beschäftigte der Universität Siegen können sich bei Beratungsbedarf oder Diskriminierungserfahrungen jederzeit an das Büro der Gleichstellungsbeauftragten wenden.
Beispiele
- Mangelndes Bewusstsein für verschiedene Facetten von Diversität
- Ungleichbehandlung/Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Alter, (sozialer) Herkunft, Behinderung, sexueller Identität, etc.
- Unterschiedlicher Anteil von weiblichen/männlichen Studierenden/ Lehrenden je nach Fachkulturen
- Sexistische Äußerungen und (Re-)Konstruktion von Geschlechterrollen in Seminaren
- Niedriger Bekanntheitsgrad/Nicht-Beachtung von Wissenschaftlerinnen (z.B. durch Verwendung wissenschaftlicher Texte von ausschließlich männlichen Autoren)
- Ausschließliche Verwendung der männlichen Form in (An-)Sprache und Text
Handlungsempfehlungen
Aktive Dekonstruktion von     Geschlechterstereotypen und -rollen     
     In Übungsaufgaben und Klausuren kann eine genderbewusste     Aufgabenstellung dabei helfen, bestehende     Geschlechterstereotypen zu hinterfragen und dafür sorgen,     dass sich alle Geschlechter gleichermaßen von den Aufgaben     angesprochen fühlen.
Abbau bestehender Rollenklischees     
     Für die Unterstützung bei Technikproblemen sollten z.B.     nicht in erster Linie männliche Studierende um Hilfe     gebeten, sondern gleichermaßen alle Geschlechter     angesprochen werden.
Genderbewusste Gestaltung der Lehre durch     didaktische Vielfalt     
     Unterschiedliche Lerntypen erfordern unterschiedliche     Lernformate und didaktische Methoden.
Genderbewusste Rezeption von Texten sorgt für     Vorbilder     
     Die Rezeption wissenschaftlicher Texte von nicht nur     männlichen, sondern auch weiblichen Autor*innen schafft ein     Verständnis für wissenschaftliche Vielfalt und diverse     Vorbilder.
Geschlechtergerechter Sprachgebrauch     
     Studien zeigen, dass durch den Gebrauch der männlichen UND     weiblichen Form oder auch von gegenderten Mehrzahlformen     (z.B. Verwendung von Binnen-I, Unterstrich_ oder Asterisk*)     nach der Rezeption entsprechender Texte eher an alle     Geschlechter gedacht wird. 
Integration von Genderaspekten in Forschung und     Lehre     
     Die Integration von Genderaspekten in Forschungsdesigns     kann wertvolle und innovative gesellschaftsrelevante     Ergebnisse hervorbringen. Mögliche Fragen könnten sein:
- Schließt die Forschungsfrage ein Geschlecht aus, obwohl die Ergebnisse für alle Geschlechter anwendbar sein/gelten sollen?
- Nimmt das Forschungsdesign alle Geschlechter in den Blick (Hauptvariablen, Themenfelder, verschiedene Situationen)?
- Werden die Daten gendersensibel erhoben?
- Werden die Daten differenziert analysiert und präsentiert?
Abfrage von (sexistischer)     Diskriminierungserfahrung in der Lehrevaluation     
     Um Kenntnis zu erlangen über bzw. das Bewusstsein zu     schärfen für mögliche (sexistische)     Diskriminierungserfahrungen in Lehrveranstaltungen, kann die     Lehrevaluation um eine entsprechende Frage erweitert     werden.
Angebote des Gleichstellungsbüros wahrnehmen und     weiterempfehlen     
     Die Gleichstellungsbeauftragte und das Team des     Gleichstellungsbüros bieten Beratung und Unterstützung bei     Erfahrungen mit Mobbing, (sexistischer) Diskriminierung     bzw. (sexueller) Belästigung. Außerdem werden vielfältige     Trainings zu persönlichkeitsbildenden Themen für     Mitarbeitende und Studierende angeboten (z.B. Gender- und     Diversity-Sensibilisierung, Umgang mit Macht, Empowerment,     etc.).

