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    8. Brief des Plinius über die Christen an Kaiser Trajan und dessen Antwort (Briefe X 96f.)

    8. Brief des Plinius über die Christen an Kaiser Trajan und dessen Antwort (Briefe X 96f.)

    a) Brief X 96: C. Plinius an Kaiser Trajan

    Sollemne est mihi, domine, omnia de quibus dubito ad te referre. quis enim potest melius uel cunctationem meam regere uel ignorantiam instruere? cognitionibus de Christianis interfui numquam: ideo nescio quid et quatenus aut puniri soleat aut quaeri. nec mediocriter haesitaui, sitne aliquod discrimen aetatum, an quamlibet teneri nihil a robustioribus differant, detur paenitentiae uenia, an ei qui omnino Christianus fuit desisse non prosit, nomen ipsum, si flagitiis careat, an flagitia cohaerentia nomini puniantur. interim in iis qui ad me tamquam Christiani deferebantur hunc sum secutus modum. interrogaui ipsos an essent Christiani: confitentes iterum ac tertio interrogaui supplicium minatus: perseuerantes duci iussi. neque enim dubitabam, qualecumque esset quod faterentur, pertinaciam certe et inflexibilem obstinationem debere puniri. fuerunt alii similis amentiae, quos, quia ciues Romani erant, adnotaui in urbem remittendos. mox ipso tractatu, ut fieri solet, diffundente se crimine plures species inciderunt. propositus est libellus sine auctore multorum nomina continens. qui negabant esse se Christianos aut fuisse, cum praeeunte me deos appellarent et imagini tuae, quam propter hoc iusseram cum simulacris numinum adferri, ture ac uino supplicarent, praeterea male dicerent Christo, quorum nihil posse cogi dicuntur qui sunt re uera Christiani, dimittendos esse putaui. alii ab indice nominati esse se Christianos dixerunt et mox negauerunt; fuisse quidem, sed desisse, quidam ante triennium quidam ante plures annos, non nemo etiam ante uiginti. hi quoque omnes et imaginem tuam deorumque simulacra uenerati sunt et Christo male dixerunt. adfirmabant autem hanc fuisse summam uel culpae suae uel erroris, quod essent soliti stato die ante lucem conuenire carmenque Christo quasi deo dicere secum in uicem seque sacramento non in scelus aliquod obstringere, sed ne furta, ne latrocinia, ne adulteria committerent, ne fidem fallerent, ne depositum appellati abnegarent: quibus peractis morem sibi discedendi fuisse, rursusque coeundi ad capiendum cibum, promiscuum tamen et innoxium; quod ipsum facere desisse post edictum meum, quo secundum mandata tua hetaerias esse uetueram. quo magis necessarium credidi ex duabus ancillis, quae ministrae dicebantur, quid esset ueri et per tormenta quaerere. nihil aliud inueni quam superstitionem prauam, immodicam. ideo dilata cognitione ad consulendum te decurri. uisa est enim mihi res digna consultatione, maxime propter periclitantium numerum; multi enim omnis aetatis, omnis ordinis, utriusque sexus etiam, uocantur in periculum et uocabuntur. neque ciuitates tantum sed uicos etiam atque agros superstitionis istius contagio peruagata est; quae uidetur siti et corrigi posse. certe satis constat prope iam desolata templa coepisse celebrari et sacra sollemnia diu intermissa repeti pastumque uenire uictimarum, cuius adhuc rarissimus emptor inueniebatur. ex quo facile est opinari, quae turba hominum emendari possit, si sit paenitentiae locus.
    Quelle: E. T. Merrill (Hrsg.), C. Plini Caecili Secundi, Epistularum, Leipzig 1922, 300f

    b) Brief X 97: Traianus Plinio

    Actum quem debuisti, mi Secunde, in excutiendis causis eorum qui Christiani ad te delati fuerant secutus es. neque enim in uniuersum aliquid quod quasi certam formam habeat constitui potest. conquirendi non sunt: si deferantur et arguantur, puniendi sunt, ita tamen ut qui negauerit se Christianum esse idque re ipsa manifestum fecerit, id est supplicando dis nostris, quamuis suspectus in praeteritum, ueniam ex paenitentia impetret. Sine auctore uero propositi libelli in nullo crimine locum habere debent. Nam et pessimi exempli nec nostri saeculi est.
    Quelle: E. T. Merrill (Hrsg.), C. Plini Caecili Secundi, Epistularum, Leipzig 1922, 301f


    a) Brief X 96: C. Plinius an Kaiser Trajan

    Es ist mir wichtig, Herr, alles, worüber ich im Zweifel bin, dir vorzutragen. Denn wer kann besser mein Zaudern lenken oder meine Unkenntnis belehren?
    An Gerichtsverhandlungen gegen Christen habe ich niemals teilgenommen; daher weiß ich nicht, was und wieweit man zu strafen oder nachzuforschen pflegt. Ich war auch ganz unschlüssig, ob das Lebensalter einen Unterschied macht, oder ob die ganz Jungen genauso behandelt werden wie die Erwachsenen; ob bei Reue Verzeihung gewährt werden soll oder ob es dem, der einmal Christ gewesen ist, nichts nützt, wenn er davon abgelassen hat; ob schon der blosse Name, auch wenn kein Verbrechen vorliegt, oder nur mit dem Namen verbundene Verbrechen bestraft werden.
    Einstweilen bin ich mit denen, die bei mir als Christen angezeigt wurden, folgendermaßen verfahren: ich habe sie gefragt, ob sie Christen seien. Die Geständigen habe ich unter Androhung der Todesstrafe ein zweites und drittes Mal gefragt. Die dabei blieben, ließ ich abführen. Denn ich war der Überzeugung, was auch immer es sei, was sie damit eingestanden, daß auf alle Fälle ihr Eigensinn und ihre unbeugsame Halsstarrigkeit bestraft werden müsse. Es gab auch noch andere mit ähnlichem Wahn, die ich, weil sie römische Bürger waren, zur Überstellung nach Rom vorgemerkt habe.Während der Verhandlung breitete sich gewöhnlich die Anschuldigung weiter aus und es ergaben sich mehrere verschieden gelagerte Fälle.
    Es wurde eine Schrift ohne Verfasserangabe vorgelegt, die viele Namen enthielt. Diejenigen, die bestritten, Christen zu sein oder gewesen zu sein, glaubte ich freilassen zu müssen, da sie mit einer von mir vorgesprochenen Formel die Götter anriefen und vor Deinem Bild, das ich zu diesem Zwecke zusammen mit den Bildern der Götter herbeibringen ließ, mit Weihrauch und Wein opferten und außerdem Christus schmähten, Dinge, zu denen wirkliche Christen, wie man sagt, nicht gezwungen werden können.
    Andere, von den Denunzianten Genannte erklärten zunächst, Christen zu sein, leugneten es aber bald wieder: sie seien zwar Christen gewesen, hätten dann aber davon abgelassen, manche vor drei Jahren, manche vor noch mehr Jahren, einige sogar vor zwanzig Jahren. Auch diese haben alle Dein Bild und die Statuen der Götter verehrt und Christus geflucht. Sie versicherten darüber hinaus, ihre ganze Schuld oder ihr ganzer Irrtum habe darin bestanden, daß sie sich gewöhnlich an einem bestimmten Tage vor Sonnenaufgang versammelten, Christus wie einem Gott einen Wechselgesang darbrachten und sich durch Eid nicht etwa zu irgendeinem Verbrechen verpflichteten, sondern keinen Diebstahl, Raubüberfall oder Ehebruch zu begehen, ein Versprechen nicht zu brechen, eine angemahnte Schuld nicht abzuleugnen. Danach seien sie gewöhnlich auseinander gegangen und dann wieder zusammengekommen, um Speise zu sich zu nehmen und zwar ganz gewöhnliche und unschädliche; selbst das hätten sie nach meinem Erlaß, mit dem ich deinen Aufträgen entsprechend Vereine verboten hatte, unterlassen. Für um so notwendiger hielt ich es, aus zwei Mägden, die Dienerinnen genannt werden, unter der Folter herauszubekommen, was wahr sei. Ich fand nichts anderes als einen wüsten, maßlosen Aberglauben. Deswegen ist die Untersuchung aufgeschoben worden und ich habe mich beeilt, Deinen Rat einzuholen. Die Angelegenheit schien mir nämlich einer Beratung zu bedürfen, insbesondere wegen der Anzahl der gefährdeten Personen. Denn viele jeden Alters, jeden Ranges, auch beiderlei Geschlechts sind jetzt und in der Zukunft gefährdet. Nicht nur über die Städte, sondern auch über die Dörfer und das flache Land hat sich die Seuche dieses Aberglaubens ausgebreitet. Es scheint aber, daß sie aufgehalten und in die richtige Richtung gelenkt werden kann. Ziemlich sicher steht fest, daß die fast schon verödeten Tempel wieder besucht und die lange eingestellten feierlichen Opfer wieder aufgenommen werden, und daß das Opferfleisch, für das kaum noch ein Käufer gefunden wurde, überall wieder zum Verkauf angeboten wird. Daraus kann man leicht erkennen, welche Menge Menschen gebessert werden kann, wenn man Gelegenheit zur Reue gibt.

    b) Brief X 97: Trajan an Plinius

    Du hast, mein Secundus, bei der Untersuchung der Fälle derer, die bei dir als Christen angezeigt wurden, die Verfahrensweise befolgt, die notwendig war. Denn etwas allgemein gültiges, das gleichsam einen festen Rahmen bietet, kann nicht festgelegt werden. Nach ihnen fahnden soll man nicht. Wenn sie angezeigt und überführt werden, müssen sie bestraft werden, jedoch so, daß, wer leugnet, Christ zu sein, und dies durch eine entsprechende Handlung beweist, nämlich durch die Anrufung unserer Götter, wegen seiner Reue Verzeihung erhält, selbst wenn er für die Vergangenheit verdächtig bleibt.
    Anonym vorgelegte Klageschriften dürfen bei keiner Straftat Platz haben, denn das wäre ein schlechtes Beispiel und paßt nicht zu unserer Zeit.

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