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Was ist Fakt und was ist Fake?

Das Team um Prof. Habscheid stellte bei Forum Siegen ihr bürgerwissenschaftliches Projekt zum Thema "Populismus" vor.

Unsere Welt wird immer komplexer. Vor allem Digitalisierung und Globalisierung führen zu neuen Arbeitsweisen und Formen der Zusammenarbeit und Vernetzung. Die Welt rückt „gefühlt“ näher zusammen. Damit einher geht die Erkenntnis, dass lokales Handeln durchaus globale Auswirkungen haben kann. Auch Lösungen für Problemstellungen werden in Anbetracht dieser Entwicklungen zunehmend komplexer. Wegen des rasanten gesellschaftlichen Wandels fühlen sich Menschen ausgeschlossen, gar abgehängt. Verstärkt wird dieser Trend durch die Tatsache, dass jeder Mensch in seiner eigenen Wirklichkeit lebt, sich diese auf Basis der eigenen Lebensgeschichte und Herkunft konstruiert.

Diese geradezu verwirrende Situation, in er eigene Lebenswirklichkeit und gesellschaftlicher Wandel zumindest in Teilen der Gesellschaft auseinander zu driften drohen, nutzen Populisten mit vermeintlich „einfachen“ und verständlichen Lösungsmodellen und Erklärungen. Mit der Wahrheit und Belegbarkeit von Fakten nehmen sie es dabei nicht immer genau. Forum Siegen – die öffentliche Vortragsreihe der Universität Siegen – griff im Wintersemester dieses hochaktuelle und brisante Thema auf. „Erfundene Fakten, konstruierte Wirklichkeit: Wie können wir wissen, was wahr ist?“ lautete der Obertitel. Veränderung – in persönlichen wie gesellschaftlichen Bereichen - geschieht durch Lernprozesse.

Hier knüpft die Bürgerwissenschaft an. Und so war die Themenplanung des Semesters perspektivisch angelegt. Den Abschluss der Reihe bildeten Prof. Dr. Stephan Habscheid, Dr. Olaf Jann und Luisa Fischer. Sie stellten ihr bürgerwissenschaftliches Projekt "Eine Stadt spricht über Populismus" unter dem Titel „Populismus – Sprache – Wahrhaftigkeit. Ein Workshop mit Bürgerbeteiligung“ vor. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gingen, unterstützt von der Bürgerstiftung Siegen, an Schulen, in öffentliche Veranstaltungen und an die Mittwochsakademie der Universität Siegen, um mit Bürgerinnen und Bürgern über das Thema „Populismus“ zu arbeiten. Populismus ist spätestens seit Trump in aller Munde. Trotzdem ist der Begriff sehr verschwommen. Oft werden die Ausdrücke Populismus, Populisten, populistisch als Fremdbezeichnungen (in Bezug auf andere) verwendet und dienen dazu, den politischen Gegner und das, was er tut, vor den Augen der Öffentlichkeit mit einem etablierten, negativen Stempel zu versehen (Stigmawort). Es lassen sich aber auch Versuche beobachten, die Bedeutung des Wortes neu zu besetzen. Das Wort soll in einer bewerteten Dimension und in seinem begrifflichen Gehalt verändert und als positive Selbstbezeichnung (in Bezug auf die eigene Gruppe) etabliert werden (Fahnenwort). Neben dieser „Bedeutungskonkurrenz“ macht auch die „Bezeichnungskonkurrenz“ das Sprechen über Populismus zu einer verzwackten Angelegenheit. Dabei wird ein- und dasselbe Phänomen – z. B. die Äußerung eines Politikers oder einer Partei – von verschiedenen politischen Akteuren unterschiedlich bezeichnet und damit unterschiedlich begrifflich gefasst. Schließlich hängt die Einordnung einer Äußerung nicht nur von der Definition der Begriffe ab, sondern auch von der – oft ihrerseits umstrittenen – Interpretation der Äußerung selbst.

In Anbetracht dieser Gemengelage ist guter Rat gefragt, geht es darum, erkennen zu wollen, was Fakt und was Fake ist. Prof. Dr. Gregor Nickel legte in seinem Vortrag „Mathematik und Mathematisierung der Wissenschaft dar“, dass Mathematik einen Beitrag zur Überprüfbarkeit liefern kann. Voraussetzung ist ein Vertrauensverhältnis zur Wissenschaft. Dies zu begründen, ist nicht zuletzt Aufgabe der so genannten Citizen Science – Bürgerinnen und Bürger sollen auf Augenhöhe in Forschung einbezogen werden. Wissenschaft und Bürgerschaft arbeiten zusammen in Bereichen, bei denen es in der Regel um lebensnahe und gesellschaftlich relevante Themen geht. Das Wissen der Bürger wird in Forschung einbezogen, die Kooperation basiert auf Dialog. Bürgerinnen und Bürger werden nicht nur als Datenquelle oder Empfänger von Wissen angesehen, sondern als Co-Produzenten von Wissen. Denn: Ein Vertrauen in Wissenschaft lässt sich nur erzeugen oder (wieder) stärken, wenn Bürgerinnen und Bürger wirkliche Einflussmöglichkeiten haben und sie sich gehört und beteiligt sehen. Citizen Science bietet zudem die Chance des Perspektivenwechsels sowohl für die Wissenschaftler*innen als auch für die Bürger*innen und somit die Möglichkeit, mit- und voneinander zu lernen. Als Dialog- und Beteiligungsformat stärkt Citizen Science nicht nur das Vertrauen in Wissenschaft, sondern stärkt auch das Vertrauen in Partizipation und Gestaltungsmöglichkeit und somit auch in Demokratie. Ziel des Projektteams rund um Prof. Habscheid ist es, das Wissen der Bürger*innen zum Begriff „Populismus“ zu erkunden: Was denke ich, wenn ich Populismus sage oder höre?

Im Workshop selbst ging es um die Auseinandersetzung mit der im Diskurs vorgebrachten Skepsis am Klimawandel. Als Ausgangspunkt wurde eine Anekdote von Bruno Latour gewählt, an der der sich 3 Fragen anschlossen (Sollen wir dem derzeitigen Konsens in der Klimaforschung glauben, wonach der aktuelle Klimawandel menschengemacht ist und, wenn wir nicht massiv und schnell gegensteuern, das Leben auf der Erde existenziell bedroht ist? Welche Gründe sprechen dafür oder dagegen? Erkennen Sie populistische Elemente in der öffentlichen Debatte über den Klimawandel?). Diese wurden vom Publikum diskutiert. Fünf Gruppen notierten ihre Gedanken und Argumente auf Plakaten. Die Ergebnisse wurden dann durch einen Sprecher bzw. eine Sprecherin vorgestellt. Dabei stellte sich in den Gruppen heraus, dass das Vertrauen in die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Klimaforschung insgesamt groß ist. Allerdings könnte ein einfaches „Glauben an die Wissenschaft“ nicht genügen, sondern es müsse ein Abgleich mit der Alltagserfahrung und der Beobachtung weltweiter Bedrohungslagen vorgenommen werden. Auch eine Skepsis hinsichtlich der wissenschaftlichen Prognosen war bei den Bürgern und Bürgerinnen vorhanden. Allgemein bräuchte es angesichts der Komplexität des Themas allerdings eine verlässliche Quelle, die in der Wissenschaft weitgehend gefunden wird. Mit Besorgnis wurden die zunehmenden populistischen Elemente wie Unsachlichkeit, Verängstigung, Vereinfachungen usw. in der Klimadebatte unterschiedlicher Diskursakteuere gesehen.