Daniela Hein
„Das war für mich ein Studium, was mir hinterher ganz viele Möglichkeiten eröffnet hat.“
Maschinenbau gehört zu eines der beliebtesten Studienfächern in Deutschland. Rund 80 Tausend Studierende haben sich laut Statista im Wintersemester 2024/2025 für dieses gefragte Studienfach eingeschrieben. Dr.-Ing. Daniela Hein war ihrer Zeit schon voraus. Sie entschied sich bereits im Jahre 1995 für ein Maschinenbaustudium an der damaligen Gesamthochschule Siegen. Seit 2009 ist sie die Geschäftsführerin der VDI-Gesellschaft für Produkt-und Prozessgestaltung.
Wie sieht ein gewöhnlicher
Arbeitsalltag als Geschäftsführerin beim VDI aus? Diese Frage
ist gar nicht so leicht zu beantworten. Denn einen routinierten
Arbeitsablauf gäbe es nicht. „Die Arbeit ist total vielfältig“,
erzählt Hein. Beim VDI gibt es zwölf Fachgesellschaften.
Darunter befinden sich Fachbereiche, die von A- wie Architektur
bis Z- wie Zuverlässigkeit reichen. Das sei als Verein
einzigartig, denn üblicherweise haben Vereine meist nur einen
Fokus wie zum Beispiel auf der Baubranche oder Chemieindustrie.
Hier sei das etwas anders.
Daniela Hein ist für die Fachgesellschaft „Produkt- und
Prozessgestaltung“ verantwortlich. Es gibt Fachbereiche, die
sich von technischem Vertrieb und Produktmanagement über ganz
klassisch Produktentwicklung, Wertanalyse/ Value Management bis
hin zu Sicherheit oder Schwingungstechnik erstrecken. „Ein
ziemlich bunter Blumenstrauß“, fügt sie schmunzelnd hinzu. Hein
arbeitet in dem gemeinnützigen Teil des VDI, dem VDI e.V., der
130.000 Mitglieder repräsentiert. Ingenieure,
NaturwissenschaftlerInnen und ITler können ein Teil dieser
Gemeinschaft sein. Sie ist seit 2005 als hauptamtliche
Mitarbeiterin in diesem Verein tätig.
Im Studium kommt die 49-Jährige durch eine Richtlinie zur
Produktentwicklung erstmals mit dem VDI in Kontakt. Diese
Richtlinien spiegeln den Stand der Technik wider. „Es gibt
Richtlinien, die beschreiben, wie man Schrauben berechnet, also
wie es gemacht werden muss nach Stand der Technik, damit es
sicher und verlässlich ist“, erklärt Hein. Da es ständig neue
Themen und Anwendungsfelder gibt, müssen diese immer
aktualisiert oder ganz neue Standards gesetzt und damit
Spielregeln für Zukunftstechnologien geschrieben werden. Diese
werden in Gremien mit ehrenamtlichen Expertinnen und Experten
erarbeitet. Daniela Hein achtet u.a. als Projektmanagerin
darauf, dass der Prozess eingehalten wird und unterstützt dabei
alle, die vom Fach sind, die Basis für Innovationen zu
schaffen.
An manchen Tagen gibt es Gremiensitzungen, in denen sie sich im
Team auch den verschiedensten übergeordneten Themen widmen.“
In diesen Gremien werden nicht nur Richtlinien erarbeitet,
sondern auch Nachwuchs gefördert und für technische Berufe
begeistert aber auch, Veranstaltungen konzipiert sowie
Fachpublikationen erstellt. Aus heutiger Sicht wird der
Teamplayerin sofort klar: „Maschinenbau, das war für mich ein
Studium, was mir hinterher ganz viele Möglichkeiten eröffnet
hat.“
Durch Gemeinschaft zum Erfolg
Was den VDI so besonders macht,
verrät uns Daniela Hein: „Alles, was hier im Haus entsteht,
entsteht durch das Wissen und das ehrenamtliche Engagement von
Expertinnen und Experten“. Nur eine geringe Anzahl an
Mitarbeitern seien wie Hein im Hauptamt, also beim VDI
angestellt. Die meiste Arbeit erfolge mit ehrenamtlichen
Experten. In ihrem Fachbereich engagieren sich 600 freiwillige
Experten, die mit ihrem Wissen und Ideen die Arbeit beim VDI
bereichern. „Sie opfern ihre Zeit, und nehmen teilweise auch
extra Urlaub, wenn wir Sitzungen haben“, ergänzt Hein. Denn
neben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit, gehen alle Helfer ihrem
Hauptberuf nach.
Von diesem besonderen Arbeitsverhältnis profitieren beide
Seiten. Ehrenamtliche bringen ihre fachliche Expertise ein und
erhalten im Gegenzug einen regen, immer aktuellen, technischen
Austausch miteinander.
Manche ehrenamtliche Mitarbeiter werden von speziellen Gremien
für ihr jahrelanges Engagement sogar geehrt.
In internationalen Gremien sitzen am Tisch auch Menschen mit
den verschiedensten Backgrounds. Von Vertrieblern über
Ingenieure die Schwingungen berechnen, alle vereinen ihr
Wissen, was Hein besonders gefällt: „So bunt und vielfältig das
von den Themen her bei uns ist, so bunt ist das auch von den
Menschen. Es ist auch super spannend, mit anderen Kulturen
zusammenzuarbeiten und zu merken, wie anders die Arbeit und
Rahmenbedingungen in anderen Ländern sein kann.“ Ein
breitgefächerter Beruf, durch den Hein auch an
Betriebsbesichtigungen teilnehmen und dadurch interessante
Einblicke in diverse Unternehmen und ihre Arbeitsweisen
bekommen darf.
Geschäftliche Dienstreisen haben die Weltenbummlerin auf die
verschiedensten Kontinente verschlagen. Ob internationale
Gremien in Paris oder Kongresse in Südkorea; die Arbeit beim
VDI wird nie langweilig. Diese Vielfalt eröffne im Hinblick auf
die Arbeit Möglichkeiten, verschiedene kulturelle Aspekte
miteinzubringen und abteilungsübergreifend zu arbeiten, was
nicht nur für den Erfolg, sondern auch für eine gute
Zusammenarbeit sorge: „Ich habe das Gefühl, dass wir hier ein
ganz tolles Miteinander haben, weil wir eben so bunt sind.“
"Als Ingenieur hat man tatsächlich die Möglichkeit, die Welt ein Stückchen besser zu machen."
Schon als Kind baut Daniela Hein, anders als manche junge
Mädchen unglaublich gerne mit Legos. Sie unterhält sich mit
ihrem Vater, der als Ingenieur das technische Wissen über
technologische Themen mitbringt und ist von diesen Prozessen
sofort fasziniert. Ihre Neugier, alles was mit Technik zu tun
hat zu verstehen, hat sie auf den Lebensweg und zu einem Beruf
geleitet, von dem sie seit nun 20 Jahren schwärmt: „Was ich
sehr zu schätzen weiß, ist diese Nähe an den neusten,
technologischen Entwicklungen und Diskussionen“. Dass sie mal
ein Maschinenbaustudium anfängt, konnte sich die zweifache
Mutter in jungen Jahren denken. Denn sie ist dafür
prädestiniert. In der Schule hat sie einen Hang zu
Naturwissenschaften und belegt im Abitur Mathematik und Physik
als Leistungskurs. Sie ist sich sicher, dass diese Entscheidung
für sie genau die Richtige ist. Was es bedeutet, als Frau einen
ingenieurwissenschaftlichen Berufsweg einzuschlagen, weiß Hein
genau: „Man muss sich im Klaren darüber sein, dass man in eine
Männerwelt kommt“. Aber das ist für die Powerfrau kein Problem.
Bereits auf der Gesamthochschule ist sie in ihrem Semester die
einzige Frau und merkt, dass im Miteinander ein ganz anderer
Ton unter den Kommilitonen herrscht. Es sei aber sehr wichtig
genau in heterogenen Teams zu arbeiten, um verschiedene
Perspektiven zu bekommen. Hein plädiert: „Frauen und Männer mit
in ein Team zu setzen ist total wichtig, weil Frauen manchmal
einen ganz anderen Blick auf Dinge haben und ganz andere
Perspektiven miteinbringen“.
Daniela Hein entscheidet sich damals bewusst für ein Studium im
Siegerland. Die Stadt ist nicht weit von ihrer Heimat entfernt,
in der Familie und Freunde ansässig sind und die Universität
hat genau die richtige Größe. „Für mich war Siegen immer ideal
zum Studieren“, erinnert sich die Hundebesitzerin. Durch die
überschaubare Größe der damaligen Gesamthochschule bekommt Hein
einen engen Kontakt zu Kommilitonen, den Professoren und
Mitarbeitern und fühlt sich schnell angekommen. Bis heute hat
die aufgeschlossene Geschäftsführerin noch Kontakt zu ihren
KomilitonInnen, mit denen sie in der Bibliothek stundenlang
gepaukt, in der Cafeteria gegessen und auf Studentenpartys
gefeiert hat.
Im Studium hat Hein ein Wertanalyse-Grundseminar belegt, das
damals von den Doktoranten ihres Professors geleitet wird.
Lachend erinnert sie sich: „Lustigerweise, sind das jetzt die
Leute, die sich hier ehrenamtlich engagieren und mit denen ich
ganz eng zusammenarbeite“. Wie es das Schicksal will, arbeitet
sie mit Menschen zusammen, die sie im Grunde genommen seit fast
30 Jahren kennt.
Nach dem Studium bekommt sie die Möglichkeit, nach der
Diplomarbeit im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts,
im Bereich Fahrzeugrecycling zu promovieren. Umweltthemen, wie
Ressourcenschonung sind Themen, die ihr besonders am Herzen
liegen und sie erkennen lassen: „Als Ingenieur hat man
tatsächlich die Möglichkeit, die Welt ein Stückchen besser zu
machen. Zum Beispiel durch die technologischen Möglichkeiten,
die man hat und an denen man forscht und entwickelt, womit man
Dinge auch verändern kann.“ Das Gefühl etwas Sinnvolles zu tun
und zum Beispiel junge Menschen für Technik zu begeistern oder
durch die VDI-Richtlinien Mitgliedern Hilfestellung für den
Alltag zu geben, sind einer der Gründe, warum sie ihren Job
liebe.
Nach der Promotion bei Ford im Jahre 2005, arbeitet sie erst
lange beim VDI in der Fahrzeug- und Verkehrstechnik, bis sie
schließlich 2009 die Geschäftsführung in der Produkt- und
Prozessgestaltung übernimmt.
Das rücksichtvolle Miteinander und gutes Teamwork
ermöglichen Hein in Teilzeit zu arbeiten, was ihr sehr zu Gute
kommt. Denn so lässt sich die Familie und Arbeit sehr gut
vereinbaren.
Um den Einstieg in Ingenieurberufen zu erleichtern gibt sie
zukünftigen Absolventen der Ingenieurwissenschaften zum Schluss
noch ein paar Tipps mit auf den Weg: „Neugierig und offen
bleiben, sich weiterbilden, bereit sein lebenslang zu lernen
und das Netzwerk, was man aus dem Studium hat auszubauen“. Wenn
man dazu bereit sei, kommunikativ und offen zu sein, auf
Menschen zuzugehen und für sein eigenes Projekt geradezustehen,
stehe dem Erfolg und dem Glück nichts mehr im Weg.
Dieses Porträt basiert auf einem Interview mit Daniela Hein und wurde von Duygu Cicek geführt und verfasst.



