FairBeans
Das 2019 von Ellena Stumpf De Quiroz und ihrem Partner Juan de Quiroz gegründete Unternehmen „Fairbeans“ mit Sitz in Büderich steht für den direkten Handel von Rohkaffeebohnen aus Villa Rica, Peru. Der Bauingenieur und die Ökonomin haben ihren Bachelorabschluss an der University of Southern Indiana, in den USA gemacht. Im Anschluss (2014) lebten sie ein halbes Jahr in Peru. Zurück in Deutschland machte Ellena ihren Master Volkswirtschaftslehre an der Uni Siegen. Das Unternehmen arbeitet mit Finkas in Peru, wo Juan seine Wurzeln hat, zusammen, mindestens einmal im Jahr besuchen die Gründer die Kaffeefarmen dort.

Wie seid ihr auf die Idee zu „FairBeans“ gekommen?
Während unseres Aufenthaltes in Peru (2014) überlegten wir bereits, wie wir die Lebenssituation (zumindest einiger) Peruaner verbessern können. Wir kamen zuerst auf die Idee eine NGO zu gründen, aber haben diese ziemlich zügig wieder zerschlagen. Wir wollten niemandem „einfach“ Geld spenden. Nachdem wir einige Jahre später an einem Barista Kurs teilnahmen, fiel es uns wie Schuppen von den Augen. Wir würden Rohkaffee nach Deutschland bzw. Europa bringen.
Nach ersten Recherchen fanden wir heraus, dass es mittlerweile über 1.000 Kaffeeröstereien allein in Deutschland gibt und die Zahl stetig steigt. Rein theoretisch würde unsere Idee, Rohkaffee zu importieren, aufkommen. Wir flogen wieder nach Peru, doch dieses Mal mit einem genauen Ziel im Auge – mit Kaffeelandwirten tief ins Gespräch zu kommen. Viele Landwirte erzählten uns, dass sie ihre Farmen nur mit Müh und Not und vielen Krediten der Banken (mit hohen Zinsen, ca. 20%) aufrechterhalten können. Durch die niedrigen Preise erwirtschaftet ihr Kaffee nicht einmal den Lebensunterhalt für ihre Familien. Wir verkosteten ihre Kaffees und stellten fest, dass sie qualitativ sehr hochwertig sind. Also fassten wir uns 2019 den Mut, gründeten unser Unternehmen und Ende des Jahres importieren wir unseren ersten Container.
Was steckt hinter der Initiative „FairBeans“?
Wir vertreten Kaffeelandwirte
aus Villa Rica. Wir sagen immer gern, dass FairBeans die Brücke
zwischen Landwirten und Kaffeeröstereien ist. FairBeans ist die
Chance für Kaffeelandwirte ihr exzellentes Produkt auf einem
Markt anzubieten, der ihr Produkt wertschätzt. (Unser
Unternehmenslogo zeigt ein Chakana. Das ist das Andenkreuz der
Inka. Es steht für eine Brücke.)
Der Direct Trade, die direkte Verbindung von Landwirten und
Kaffeeröstereien, ist die Mission von FairBeans.
Nachhaltigkeit, Transparenz, Qualitätskaffee und die soziale
Verantwortung macht FairBeans möglich. Die Kaffeeröster
erfreuen sich an einer 100%igen Rückverfolgbarkeit ihres
exzellenten Rohmaterials, während sich die Landwirte über eine
stabile und hohe Bezahlung und einen zuverlässigen Partner
freuen.
Engmaschig beschrieben, umfasst unsere Aufgabe die Koordination
aller Arbeitsschritte in Peru, das Qualitätsmanagement im
Ursprungsland, die Export- und Importabwicklung sowie die
Vermarktung und die Transportabwicklung in Deutschland und
Europa.

Was war die größte Herausforderung bei der Gründung?
Die Gründung an sich verlief ziemlich schnell. Wir suchten uns im Internet die Materialien zusammen, die wir für eine Gründung brauchten. Schon stand unser Unternehmen. Wenn ich es kategorisieren müsste, bestand die größte Herausforderung darin, wie wir den Rohkaffee herbringen würden. Da weder Juan, noch ich jemals einen Schiffscontainer verfrachtet hat, gab es einige Fragezeichen, was den Ex- und Import angeht. Wir fragten viel herum und als Lohn bekamen wir viele hilfreiche Antworten. Das führte zu unserem ersten Import 2019.
Was treibt euch an? Was ist euer Leitspruch?
Mit Tomás, einem der Landwirte, haben wir eine besonders gute Verbindung geknüpft. Über die Kaffeethemen hinaus, telefonieren wir regelmäßig mit ihm. Seine Familie lebt bereits Jahrzehnte vom Kaffee. Seine Kinder sind in die Städte gezogen, um sich eine Arbeit zu suchen, da Kaffee, wie oben bereits angesprochen, den Lebensunterhalt nicht deckt. Tomás ist ein hart arbeitender Mann. Er ist schlau, meist frohen Mutes, kooperativ und ehrlich. Wenn wir Rückschläge haben oder etwas nicht wie geplant läuft, halten wir kurz inne und fragen uns, was Tomás jetzt machen würde. Der Gedanke an Tomás war besonders am Anfang unserer Unternehmung unsere antreibende Kraft. Die unendlichen Absagen bei Kaltakquisen schüttelten wir ab, nahmen den Telefonhörer wieder in die Hand und riefen den Nächsten an.
Wie ist eure Verbindung zu Peru?
Juans Familie kommt aus Peru. Juan ist dort aufgewachsen und seine Tanten und Onkel wohnen noch dort. Generell fliegen wir im Jahr mindestens einmal nach Peru. Wenn wir nicht selbst vor Ort sein können, wie jetzt während der Pandemie, kümmert sich Juans Onkel, Wilson, um den Papierkram und die Qualitätskontrollen.

Gab es finanzielle Unterstützung in Form von Stipendien, Preise oder ähnliches?
2019 erfuhren wir das Glück das Gründerstipendium NRW verliehen zu bekommen. Ansonsten sind wir unserer Familie sehr dankbar, die uns jederzeit unterstützt, wenn wir sie brauchen.
Der soziale Aspekt liegt im Fokus, aber wie gut könnt ihr von eurem Unternehmen leben?
Im Moment importieren wir einen Container mit ca. 20.000 kg Rohkaffee. Unser Kundenstamm wächst seit unserer Gründung stetig. Jetzt haben wir nicht nur Kunden in Deutschland, sondern auch in den Niederlanden, in Österreich und in Dänemark. Wir möchten nachhaltig wachsen und streben zukünftig an einen weiteren Container zu importieren und mehr Kaffeeröstereien zu erreichen. Sobald uns das gelingt, haben wir die Möglichkeit die Unternehmenskosten zu senken, damit Juan und ich auch behutsam von unserem Unternehmen leben können.
Kaffee oder Tee?
Kaffee. Unseren Kaffee immer sehr gern. Jeden Tag mehrere Tassen. Ob in der French Press zubereitet oder als Cappuccino im Siebträger.
4 Finkas, 2 Associations, mit denen ihr Zusammenarbeitet, wie kann man sich das genau vorstellen?
Eine Finka ist im Grunde eine
Farm, die Kaffee anbaut. Bei Finka Kaffee sprechen wir über den
Kaffee eines Landwirtes.
Eine Assoziation ist ein Zusammenschluss mehrerer Finkas, die
die benachbarten Grundstücke kultivieren. Die Gegebenheiten des
Bodes sowie die Aufbereitung sind gleich. Für unsere größeren
Kunden können wir hier eine größere Menge importieren und der
Kaffee ist über die Jahre ziemlich gleich.
Wie kann man sich das Leben der Landwirte in Peru vorstellen?
Das Leben der Landwirte, die wir kennen, ist zweigeteilt. Auf der einen Seite mühselig. Der Tag der Landwirte in Peru beginnt sehr früh und endet spät. Sie absolvieren eine körperlich anstrengende Arbeit. Jedoch auf der anderen Seite leben sie, im Vergleich zu unserem Leben hier, sehr entschleunigt. Sie sind umringt von der Natur, hetzen normalerweise nicht von einem Termin zum anderen und Handys bzw. Elektronik spielt nur eine kleine Rolle.
Wie behauptet ihr euch auf dem Fair Trade Kaffeemarkt? Was ist das Innovative an eurem Unternehmen?
Meiner Meinung nach hat Fair
Trade mit einem guten Gedanken begonnen. Dem Landwirt eine
faire Bezahlung und faire Arbeitsverhältnisse zu gewährleisten.
Doch denke ich, dass die Produktpalette mit Fair Trade Siegeln
so groß geworden ist, dass die Organisation ihre anfänglichen
Kriterien überall auf dieser Welt gar nicht mehr genau
überprüfen kann.
Wir arbeiten gezielt mit einer überschaubaren Anzahl an
Landwirten und gezielt in nur einer Stadt, damit wir mit
100%iger Sicherheit hinter unserem Produkt und unseren Partner
Landwirten stehen können. Diese Rückverfolgbarkeit und das
Vertrauen zu unseren Landwirten gewährleistet uns einen
qualitativ hohen Rohkaffee anzubieten. Die Transparenz, die
Qualität und die Nähe zu ihnen (Kunden) werden von unseren
Kunden geschätzt.
Wer ist euer Abnehmer? Findet man euren Kaffee auch im Supermarktregal?
Die meisten unserer Abnehmer sind in Deutschland. Es sind meist kleine Kaffeeröstereien, die unsere Werte der Nachhaltigkeit und sozialen Verantwortung teilen. Einige unserer Kunden sind in Edeka Märkten vertreten. Wir haben eine Partner Seite auf unserer Website, da sind einige unserer Kunden gelistet. Auch bei Instagram markieren wir gelegentlich Kaffeeröstereien, mit denen wir zusammenarbeiten.
Dieses Porträt basiert auf einem Interview mit Ellena Stumpf De Quiroz im Oktober 2021 und wurde von Janice Gust verfasst.
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