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„Ich lege gerne Bilder übereinander“

Die Lyrikerin Ulrike Almut Sandig war zu Gast bei Poetry@Rubens im Apollo-Theater

Ein ganz besonderer Lyrik-Abend erwartete die Gäste der Lesungs-Reihe „Poetry@Rubens“ im Apollo-Theater. Zu Gast war Ulrike Almut Sandig. Sie las aus ihrem neuen Gedichtband „Leuchtende Schafe“ und entführte dabei in vergangene wie auch in aktuelle und künftige Literatur-Welten. „Stellt Euch vor, Ihr sitzt in einem Filmtheater. Das Buch zieht und zieht und zieht Euch in den Film. Das Theater ist ein ganz schäbiges, altes Kino.“ Ulrike Almut Sandig bereitete ihr kleines Publikum mit Wortwitz, Stimmgewalt und Gesang auf eine Zeitenreise vor, die kombiniert war mit eigenen Botschaften der Jetzt-Zeit.

Die Basis des ersten Vortrags bildete der Stummfilm „Berlin, die Sinfonie der Großstadt“ von Walther Ruttmann aus dem Jahr 1926. Der Film wurde seinerzeit von den Kritikern wegen seiner hektischen Schnitte verrissen. „Wir haben eine Gegenwart mit hektischen Schnitten“, kommentierte Sandig. Heute ist die Hektik gegenwärtig. Im Berlin der 1920er Jahre mag das (noch) anders gewesen sein. Zum Schluss der Darbietung ein nachdenklicher, fragender Rückblick: „Was ist das für eine nicht zerbombte Stadt?“. 20 Jahre später hatte das völlig zerstörte Berlin ein anderes Aussehen.

Mit Friedrich Hölderlin beginnt für Sandig die Moderne. Dennoch hadert sie mit dem Autor aus dem 18. / 19. Jahrhundert. Dies führt zu einem Streitgespräch, das filmisch verarbeitet wird. Sandig: „Das Buch ist super für ein Gedicht, aber nur eine Darstellungsform.“ Hölderlins Naturbeschreibungen werden in Computersprache dargeboten. Sandig hält mit Gedanken über das Tierwohl dagegen. Aus Sicht der Autorin geht das Gespräch für Hölderlin nahezu tröstlich aus. Ein Fazit, das Prof. Dr. Jörg Döring in der Diskussion nicht teilen mochte. Für sein Dafürhalten klingt die Computerstimme wenig sympathisch oder gar versöhnlich.

Sandig zur ihrer Arbeitsweise: „Ich lege gerne Bilder übereinander“. Die automatische Stimme beinhaltet für sie immer auch die Frage nach dem „Ich“.

Auch Annette von Droste-Hülshoff liefert in ihren Briefinhalten über verarmte Nachbarn nahe der Burg Hülshoff bei Münster die Grundlage für ein Video. Ein symbolischer Ballon überfliegt die Ländereien und gibt die Form des Gedichtes im Buchband vor.

Ulrike Almut Sandig veröffentlichte zahlreiche Bände mit Gedichten und Erzählungen, Musikalben und Hörspiele. Ihr Roman „Monster wie wir“ (2020) wurde im Feuilleton gefeiert. Sie ist Frontfrau des Poesiekollektivs „Landschaft“ und vertont, verfilmt und trägt ihre Poesie in enger Zusammenarbeit mit Künstler*innen aus der ganzen Welt vor. Zuletzt wurde sie mit dem Wilhelm-Lehmann-Preis (2018), mit dem Roswitha-Literaturpreis (2020) und dem Erich-Loest-Preis (2021) geehrt. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.

Ulrike Almut Sandig, 1979 in Großenhain (Sachsen) geboren, schloss ein Studium der Religionswissenschaft und Indologie ab und begann 2004 am Deutschen Literaturinstitut Leipzig zu studieren. Dieses Studium schloss sie 2010 mit einem Diplom ab. Sie debütierte 2005 beim Leipziger Verlag Connewitzer Verlagsbuchhandlung mit dem Gedichtband „Zunder“.