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Die Kritik am Solidarprinzip wächst

Semestereröffnung der Mittwochsakademie: Prof. Strünck referierte zum Thema Generationenvertrag und Generationenkonflikt

„Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ lautet das Schwerpunktthema von Forum Siegen und auch der Mittwochsakademie der Universität Siegen im Wintersemester 2023/24. Themen der Feierlichen Eröffnung der Mittwochsakademie in der Aula des Kulturhauses Lÿz waren Generationenvertrag und Generationenkonflikt. Referent war Prof. Dr. Christoph Strünck.

Prof. Dr. Stefan Habscheid – wissenschaftlicher Leiter der Mittwochsakademie – verwies auf eine neue Publikation „Triggerpunkte: Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft - Warum Gendersternchen und Lastenfahrräder so viele Menschen triggern“ (Linus Westheuser, Steffen Mau und Thomas Lux). In Deutschland, so ein Fazit, sei die Basis für mittlere Einstellungen groß, ebenso die Wertschätzung von Kompromissen. Dennoch gebe es aber auch Konflikte. Darüber, dass die Geschlechter gleichberechtigt seien beispielsweise, herrsche breiter Konsens. Ganz anders sehe es beim Gendern aus: „Dort stehen sich unversöhnliche Positionen gegenüber“.

Prof. Strünck, seit 2009 Professor mit Schwerpunkt Sozialpolitik an der Universität Siegen und seit 2017 Direktor des Instituts für Gerontologie der TU Dortmund, legte seinen Vortragsfokus auf das Thema Rente: „Was sagen uns die Diskussionen und wissenschaftlichen Einschätzungen über das Verhältnis der Generationen?“ Das Solidarprinzip gilt in allen Sozialversicherungen. Dabei geht es um den Ausgleich von Risiken zwischen Gesunden und Kranken, Jungen und Alten, Beschäftigten und Arbeitslosen, Einkommensstarken und Einkommensschwachen, Familie und Nicht-Familie. Hierzulande ist das Solidarprinzip beschränkt beispielsweise durch Pflichtversicherungsgrenzen, Beitragsbemessungsgrenzen, aber auch durch Prinzipien wie das Äquivalenzprinzip von Beitragszahlungen und Rentenhöhe. In der Rentenversicherung selbst besteht Solidarität nicht zwischen Beitragszahlern, sondern zwischen Generationen.

Mit Blick auf Familien und sozialstaatliche Transferleistungen führte Strünck die starke gegenseitige Unterstützung innerhalb von Familienverbünden an. Die ältere Generation unterstütze die jüngere nicht zuletzt finanziell, durch Zeit und durch geschaffene Infrastruktur. Strünck: „Eine echte Aufrechnung wäre sehr kompliziert. Diese materiellen und immateriellen Transferleistungen sind für unsere Gesellschaft sehr wichtig.“

Sozialstaatsgenerationen unterscheiden sich nach Leistungsempfängern und Leistungsfinanzierern. Die Idee des Generationenvertrags verbindet aktuell Zahler und Empfänger. Der Generationenvertrag basiert auf dem Umlageverfahren – Beträge der aktiven Erwerbsgeneration finanzieren die Alterssicherung der aktiven Rentnergeneration. Die Leistungen werden aus dem aktuell erwirtschafteten Volkseinkommen finanziert. Die Anzahl der Erwerbstätigen nimmt perspektivisch ab. Handelt es sich dabei um Betrug an der Generationengerechtigkeit? Die Chancen der nachrückenden Generation auf Befriedigung ihrer Bedürfnisse sollten mindestens so groß sein wie die der ihnen vorausgegangenen Generation, so der Referent. Deshalb werde bei rentenpolitischen Reformen seit 2003 die Generationengerechtigkeit derart berücksichtigt, dass die Jüngeren nicht durch zu hohe Beiträge überfordert werden. Aktuell werde davon ausgegangen, dass die Beitragssätze steigen und das Rentenniveau sinkt. Es gebe in diesen Prognosen aber immer Unbekannte und Variable.

Drei Dimensionen sozialer Gerechtigkeit gibt es: das Gleichheitsprinzip, das Beitragsprinzip und das Bedarfsprinzip. Gekoppelt seien diese an Chancengerechtigkeit, Leistungsgerechtigkeit und Bedarfsgerechtigkeit. Strünck: „Die Gleichbehandlung von Generationen in der Alterssicherung ist ein umstrittenes Postulat“. Die Einstellung zu sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherung veränderten sich, so Strünck. Auf der Basis des demografischen Wandels brächen Verteilungsfragen zwischen Generationen auf. In einer repräsentativen Umfrage sprächen sich 51 Prozent der Befragten dafür aus, Menschen sollten bis zu einem bestimmten Alter (evtl. 70 Jahre) politische Ämter aufgeben. 53 Prozent der Befragten sei der Auffassung, ältere Menschen trügen nicht entscheidend zum gesellschaftlichen Fortschritt bei. Es gebe häufig eine Beeinflussung der öffentlichen Meinung in Richtung privatwirtschaftlicher Lösungen. Seit der „Riester-Rente“ seien Banken und private Versicherungen zentrale Akteure der Rentenpolitik. Strünck: „Wissenschaftlich fundierte Kritik an der Alterssicherung ist manchmal schwer zu unterscheiden von interessenpolitischen Argumenten.“ Die Kritik am Solidarprinzip wachse, der Trend zur Eigenverantwortung nehme zu. Der Abschied von der Sicherung des individuellen Lebensstandards als Ziel der gesetzlichen Rente sei ein deutlicher Paradigmenwechsel.