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Vom Darwinismus zum Sozialdarwinismus

The Passing of the Great Race

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts etablierte sich der Darwinismus als eine der zentralen wissenschaftlichen Strömungen seiner Zeit. Parallel dazu setzen Versuche ein, die von Charles Darwin festgestellten Prozesse der natürlichen Auslese, die der Forscher stets nur auf die Biologie bezogen hatte, auf gesellschaftlich-soziale Verhältnisse menschlichen Zusammenlebens zu übertragen. Diese fußten nicht unbedingt auf Darwins Werk, sondern gingen auf den Wunsch zurück, eine allgemeine Formel zu finden, die als Universalerklärung für sämtliche Erscheinungen in Natur und Gesellschaft gelten konnte. Je weiter Darwins Theorie akzeptiert wurde, desto mehr schien sie sich als Grundlage für eine solche ‚Weltformel‘ anzubieten. Infolge der Evolutionstheorie konnte die Biologie so zur Leitwissenschaft des 19. Jahrhunderts aufsteigen, was eine Biologisierung des Denkens der Gesellschaft insgesamt mit entsprechendem Rückhalt in der öffentlichen Meinung vieler Länder einschloss.

Dass Herbert Spencer mit seiner Suche nach dem, was später als Sozialdarwinismus bezeichnet werden sollte, schon begonnen hatte, bevor Darwin sein wichtigstes Werk veröffentlichte, zeigt, dass Ausarbeitung von sozialen Ordnungskategorien nicht durch die Evolutionstheorie ausgelöst, sondern allenfalls von ihr begünstigt wurde. Dabei wurde keineswegs die Theorie als Ganzes adaptiert, sondern es waren stets nur einzelne Ausschnitte, die für den jeweiligen Kontext Bedeutung erhielten. Neben Spencer nutzten zahlreiche andere Personen und Gruppen Versatzstücke aus Darwins Werk, um unterschiedliche und sich teils widersprechende Positionen in gesellschaftlichen Debatten biologisch zu begründen und damit mit quasi naturgesetzlicher Legitimität auszustatten und aufzuwerten.

Der Erfolg solcher sozialdarwinistischer Überlegungen lag zu einem Gutteil darin begründet, dass viele Menschen die Zeit an der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert als eine Zeit großer Krisen wahrnahmen, in der das – bürgerliche – Leben von zahllosen Gruppen, verstanden als Randgruppen, bedroht zu sein schien. Der Sozialdarwinismus erschien mit seinen klaren Kategorien von Menschen(-gruppen) als ein nützliches Instrument, um die eigene Position in der Gesellschaft zu stärken und Wege aus der so wahrgenommenen Krise zu finden. Wie bei Darwins Theorie selbst, diente auch im Falle des Sozialdarwinismus die Fotografie als wichtiges Medium, um soziale Typen zu bilden, Menschen sichtbar nach äußeren Merkmalen in Kategorien einzuordnen und damit aus Sicht der beteiligten Personen für Ordnung in einer immer unübersichtlicher gewordenen modernen Welt zu sorgen.

Inhalte des Abschnitts im Buch:

  • Herbert Spencer und dessen Rezeption als Sozialdarwinist
    Michael Beetz

  • Pioniere des Sozialdarwinismus in Großbritannien,
    Frankreich und den USA
    Mike Hawkins

  • Furcht vor Niedergang und Entartung: Nährboden für
    sozialdarwinistische Ideen im späten 19. Jahrhundert
    Peter Becker

  • Ins Gesicht geschrieben:
    Sozialdarwinismus und die fotografische Erfassung
    und Kategorisierung von Menschen
    Leesa Rittelmann

  • Sozialdarwinismus als politisches Handlungsinstrument im 20. Jahrhundert
    Thomas Adam

Bildquelle: Madison Grant: The Passing of the Great Race or the Racial Basis of European History, New York, NY 1916, nach S. 272.

 
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