..
Suche
Hinweise zum Einsatz der Google Suche
Personensuchezur unisono Personensuche
Veranstaltungssuchezur unisono Veranstaltungssuche
Katalog plus

Buch des Monats April 2012

Susann Opel-Götz. Außerirdisch ist woanders. Oetinger 2012. 316 Seiten. 13,95 €.
2012_april
Im Mittelpunkt des Romans Außerirdisch ist woanders steht der 10-jährige Jonathan, von allen Jona genannt, der mit seiner Schwester Lollo, fünfzehneinhalb, und seinem Bruder Wolle, viereinhalb, und seinen Eltern, beide Steuerberater, ein sorgloses Leben genießt. Was jedoch kaum einer ahnt: Jona glaubt ganz fest an Außerirdische. Er hat alles über das Leben im All gelesen und weiß, dass er eines Tages einen treffen und auch sofort erkennen wird. Als dann Henri neu in seine Klasse kommt, ist Jona sofort klar: Henri ist ein Außerirdischer, was nicht nur an seinem Schulranzen, der voller Star-Wars-Sticker ist, liegt, sondern auch an seiner Ordnung und seinem Blick. Um ganz sicher zu sein, fragt ihn Jona direkt und Henri bestätigt, dass er ein A.L.F – steht für Außerirdische Lebensform – sei. Jona möchte ihm helfen, sich in der irdischen Welt zurecht zu finden und beschließt mit ihm einen Forschungsbericht schreiben. Henri willigt ein, da er einfach nur froh ist, einen Freund gefunden zu haben. Er besucht Jona, lernt dort nicht nur seine Geschwister, sondern auch die gesunde Nahrung von Carla, die Ökotrophologie studiert und nachmittags auf Jona und seine Geschwister aufpasst, kennen. Henri scheint immer Hunger zu haben. Jona teilt mit ihm Vollkornnudeln und –pizza und schließlich besucht Henri regelmäßig Jona, freundet sich mit dem Nachbarn Bullerdieck, der bereits erwachsen ist und einen Roman schreibt, an und schließlich möchten auch Jonas Eltern Henri treffen. Es sind vor allem die Erwachsenen, die Hnris Geschichte erahnen, doch Jona nichts sagen. Jona wundert sich zwar manchmal, aber er ahnt, dass Außerirdische eben anders sind als Menschen. Doch dann kommt plötzlich das Geheimnis von Henri heraus: Seine Mutter ist Putzfrau, er lebt in einem sozialen Brennpunkt und fürchtet sich vor dem Geruch von Alkohol. Als Jona mit einer gemeinsamen Freundin Henri besuchen möchten, lernt Jona eine gänzlich andere Welt kennen …

Susann Opel-Götz nähert sich sensibel dem Aufwachsen von Kindern in unterschiedlichen Milieus an. Während Jona alles besitzt, so wächst Henri in Armut auf und hat ständig Hunger. Beide Jungen leben tatsächlich auf zwei unterschiedlichen Planeten, denn Henris Wohnsituation ist Jona gänzlich fremd und auch Henri bestaunt das große Haus und das gute Essen, das er bei Jona genießen kann. Und doch freunden sich beide Jungen an und im Laufe der Geschichte wird deutlich, dass beide auf ihre Art einsam waren: Allerdings aus unterschiedlichen Gründen: Jona ist unsportlich und damit in der Klasse zwar nicht unbeliebt, aber eben nicht im Fußballteam, Henri aufgrund seiner familiären Situation. Traurig und zugleich wunderschön sind dann jene Szenen, in denen Henri etwas aus seinem Leben verrät und Jona dies gar nicht versteht. Erst nach und nach begreift er und ahnt, was Vorurteile und Arroganz bewirken können. Erst gemeinsam erleben die beiden Jungen, was Freundschaft bedeutet. Sie erleben wunderbare Wochen bzw. Monate bis Henri plötzlich verschwindet. Letztendlich schafft es Jona, Mut zu zeigen und für Schwächere einzutreten.

Mit Jona und Henri hat die Autorin zwei wunderbaren Jungen eine Stimme gegeben. Es sind Jungenfiguren, die die Kinderliteratur dringend benötigt. Doch auch die Nebenfiguren wurden liebevoll ausgestattet: Da ist etwa der vierjährige Wolle, der immer etwas durcheinander bringt und für die richtige Prise Komik sorgt. Oder die Schwester Lollo, die alle Dramen der Pubertät erlebt und die Familie mitunter mit lauter Musik quält. Henri, der ohne Geschwister aufwächst, genießt jede Minute in Jonas Haus und freundet sich mit den Geschwistern an.

Aber auch die Erwachsenen zeigen, was Mut bedeuten kann. In Jonas Nachbarschaft wohnt Frau Messerle, die immer wieder über andere lästert und Henri aufgrund seiner Familie sofort verurteilt. Sie verbreitet schon Gerüchte, obwohl sie Henri nicht kennt und macht ihn bei Jonas Eltern schlecht, was zumindest die nicht ausgesprochenen Sätze von Jonas Mutter andeuten. Anders als Jona, Jonas Eltern oder Bullerdieck gibt sie ihm also keine Chance. Sie möchte nicht Henri, den sympathischen und ordentlichen Jungen, kennenlernen, sondern hat eine vorgefestigte Meinung, die auf Gerüchten und dem Lebensumfeld des Jungen basiert. Frei nach dem Motto, dass jeder Mensch aus ärmeren Verhältnissen ein Verbrecher sei. Als sie genau dies äußert, explodiert Bullerdieck und setzt sich für Henri ein. Jona beeindruckt dies und er beginnt nachzudenken.

Ganz nebenbei wird auch das Thema Mobbing aufgenommen, ohne jedoch den Roman zu überfrachten. Tatsächlich entspricht Victor, der in der Schule die Kinder mit Worten mobbt, in seinem Verhalten Frau Messerle. Beide Figuren nutzen die Worte, um zu verletzten und zu stigmatisieren. Jona, der bis zu seiner Freundschaft mit Henri, nie auffallen wollte und Victor freiwillig Geld gegeben hat, wehrt sich, um Henri zu schützen. Er beweist Mut!

Außerirdisch ist woanders zeigt, dass der komische Kinderroman, der es wagt, schwierige Themen aufzugreifen, auch in einer Zeit funktioniert, in der phantastische Wesen die Kinder- und Jugendliteratur dominieren.