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Buch des Monats Oktober 2012

Salah Naoura. Dilip und der Urknall und was danach bei uns geschah. Dressler 2012. – 12,95€, ab 10 Jahre

„An dem Tag, an dem ich beim Freundschaftsspiel der E-Jugend zweimal das falsche Tor traf, beschlossen meine Eltern, dass sie ein zweites Kind wollten.“

Doch sie wollten nicht nur ein zweites Kind, nein, wenn es nach dem Vater gehen würde, wäre es ein Junge, der sowohl Mathe 2012_oktoberals auch Fußball können würde. All das, was der Ich-Erzähler Anton nicht kann … Salah Naoura schreibt mit Dilip und der Urknall und was danach bei uns geschah erneut eine ungewöhnliche Familienerzählung, bleibt jedoch seinen Erzählmustern treu und zeigt zugleich, wie vielfältig, bunt und anspruchsvoll die aktuelle deutschsprachige Kinderliteratur der letzten beiden Jahre (wieder) geworden ist.

Im Mittelpunkt steht Anton, der als Ich-Erzähler die Geschichte seiner Familie erzählt. Sein Vater ist Bankmanager, seine Mutter Hausfrau und aufgrund der fehlenden Mathe- und Fußballkenntnisse möchten die Eltern noch ein zweites Kind. Sie entschließen sich zur Adoption, besuchen ein Kinderheim, sehen Dilip und beschließen, den Jungen aus Indien, der seit seinem zweiten Lebensjahr im Kinderheim lebt, zu adoptieren. Aber nicht Dilip wirbelt das Leben der Familie gehörig durcheinander, sondern der Vater. Er bekommt eine neue Arbeitsstelle, verdient noch mehr Geld, kauft ein großes Haus und einen schwarzen Mercedes. Er kommt müde nach Hause, schimpft, die Mutter sucht nach einer neuen Identität inmitten der reichen Nachbarinnen und die Jungen erleben ihre ersten Schultage auf dem Gymnasium. Obwohl Anton ein Wackelkandidat ist, findet er schnell einen besten Freund und kommt auch im Unterricht zurecht. Anders Dilip, der abwesend ist, weiterhin seine komplizierten Bücher über Physik liest und sich kaum im Unterricht beteiligt. Erst die Lehrerin stellt seine Hochbegabung fest und ein neuer Schulwechsel steht an. Doch es ist nicht nur das: Der Vater wird immer seltsamer und erst im Familienurlaub kommt die Wahrheit ans Licht …

Ähnlich wie bereits in seinen frühen Werken zeigt Salah Naoura die Brüchigkeit der Kleinfamilie und präsentiert ungewöhnliche Konstellationen, wie Familien Probleme gemeinsam lösen können. Mit Antons Vater entwirft er zuerst den tradierten Familienvater, der die Familie ernährt, ein ordentliches Haus haben möchte und weiß, was im Leben zählt, nämlich Geld, Fußball und Mathematik. Doch nach und nach bröckelt ein solches Idyll und der Vater muss erkennen, dass es alternative Lebenskonzepte gibt. Anton selbst kann weder Mathe noch spielt er gerne Fußball, sondern schreibt gerne Märchen um, stellt interessante Fragen und denkt über Freiheit nach. All das ist dem Vater fremd, der als Bankmanager scheinbar mühelos mit Zahlen jongliert. Die Mutter selbst versucht, zwischen Anton und ihrem Mann zu vermitteln. Und Dilip lebt in seiner Welt, die aus Physik, Sternen und schwarzen Löchern besteht. Und trotzdem freunden sich die Jungen an und versuchen sich gegenseitig zu inspirieren. Es sind zwei ungewöhnliche Jungen, die erneut zeigen, dass sich das Jungenbild in der deutschen Kinderliteratur gewandelt hat. Anton selbst erzählt aus der Rückschau seine Geschichte und zumindest in den letzten Kapiteln ahnt man, dass wir es hier durchaus mit einem Erzähler zu tun haben, der gerne Dinge erfindet und richtig stellt. Interkulturelles Zusammenleben wird mit einem Augenzwinkern erzählt, denn Dilip kennt Indien auch nur aus Büchern, hat er das Land doch als Zweijähriger verlassen. In witzigen Episoden werden kleine Missverständnisse erzählt. Und dann ist da noch Opa Gert, der sich mit seinem Sohn, nämlich Antons Vater nicht versteht, zählen doch Statusobjekte in seinem Leben nichts.

Freundschaften und Zusammenhalt sind Dinge, die im Leben wichtig sind, und die im Naouras Werk eine große Rolle spielen. Geld kommt und geht, doch Freunde bleiben und unterstützen sich gegenseitig. Auch das lernt Antons Familie kennen und schätzen. Und schließlich gibt es auch wichtigere Dinge als Mathematik und Fußball …