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Unterschiedliche Blickwinkel sorgen für Konflikte

Bürgerwissenschaften – ist gemeinsames Forschen von Experten und Laien möglich?

Universitäten haben mittlerweile drei Aufgabenbereiche: Forschung, Lehre und Transfer. Der Wissen(schafts)-Transfer gilt als „dritte Mission“ und gewinnt an Bedeutung vor allem auch mit Blick auf die Bewilligung von Drittmitteln. Citizen Science – also Bürger*innenwissenschaften – können ein Aspekt dieser „dritten Mission“ sein. Grundsätzlich beschreibt Citizen Science einen Ansatz, bei dem wissenschaftliche Erkenntnisse von Personen, die nicht hauptberuflich in der fachzugehörigen Wissenschaft tätig sind, mit oder ohne Beteiligung von hauptamtlich Forschenden, gewonnen werden. „Citizen Science als Konfliktfeld zwischen Experten- und Laienwissen“ lautete der Titel einer Podiumsdiskussion, mit der die öffentliche Vortragsreihe Forum Siegen ins Sommersemester startete. Das Schwerpunktthema wurde dem Wissenschaftsjahr 2023 „Unser Universum“ entlehnt.

Moderator Prof. Dr. Cornelius Schubert (TU Dortmund) führte in die Thematik ein. Er legte dar, dass der Begriff „Citizen Science“ aus dem England der 1990er Jahre stammt und sich mit dem Verhältnis von wissenschaftlichen und nicht wissenschaftlichen Bereichen beschäftigt. Der Begriff an sich sei unscharf. Bürger*innenwissenschaft umschreibe eine alte Praxis. Vor der Aufspaltung der Wissenschaft in Experten und Laien im 19. Jahrhundert waren etliche Laien wissenschaftlich tätig. Citizen Science möchte Bürgerinnen und Bürger nun wieder zur Partizipation animieren und diese ermöglichen. Einher geht dieses Vorhaben mit der Forderung an die Wissenschaften, sich zu öffnen und auch Laien-Wissen wertzuschätzen. Fragen aus der Zivilgesellschaft sollen aufgegriffen werden und nicht zuletzt auch für mehr Akzeptanz der Wissenschaft in der Bevölkerung sorgen.

Zur Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Bürgerinnen und Bürgern gibt es unterschiedliche Ansätze. Unproblematisch – so ein Fazit der Diskussion – sind diese in der Regel nicht. Dr.In Daniela Mysliwietz-Fleiß legte dar, dass zum Beispiel Geschichtsvereine eine recht lange Tradition haben, heute eher traditionell erscheinen und auf lokaler Ebene vor allem mit dem Anliegen arbeiten, Fakten zu sichern. Seit den 1970er Jahren gibt es auch Geschichtswerkstätten. Deren Fokus erweise sich häufig als kleinteiliger, der Blickpunkt liege auf Stadtteilen und der Bewahrung der Vergangenheit, häufig auf emotionaler Basis. Fachhistoriker*innen indes gehen von Frage- und Problemstellung aus und seien zumeist den untersuchten Regionen nicht vorab persönlich verbunden. Diese unterschiedlichen Ausrichtungen sorgten für Reibungspunkte.

Eberhard Klein (Verein für Siegerländer Bergbau e.V., Vereinigung der Freunde der Mineralogie und Geologie e.V.) und Rolf Golze (Vorsitzender des Altenberg & Stahlbergvereins) legten dar, welche Aufgaben Laien in Kooperation mit Wissenschaft übernehmen können. Die frühe Wirtschaftsgeschichte des Blei- und Silberbergbaus sei im Siegerland vor 50 Jahren nahezu ausschließlich von Laien getragen worden, so Golze. Mittlerweile funktioniere die Kooperation mit der Wissenschaft, u.a. mit dem Deutschen Bergbaumuseum Bochum, vertreten durch Archäologin Dr.In Jennifer Garner. Eberhard Klein betonte, Laien müssten die eigenen Grenzen erkennen, könnten die Wissenschaft aber in Bereichen unterstützen, in denen zu wenig Personalkapazität vorhanden sei. Dr. Matthias Weipert verwies darauf, dass Laien Daten und Fakten häufig als eindeutig, wahr und wichtig einstuften, Fachhistoriker die Dinge aber nicht so eindeutig interpretierten.

Prof.In Dr.In Veronika Albrecht-Birkner betonte, dass es unterschiedliche Zugänge zur (Kirchen-)Geschichte von Fachhistorikerinnen und -historikern und Laien gebe. Letztere seien nicht selten von Eigeninteressen geleitet. Das könne konfliktreich sein. Auf der anderen Seite seien Projekte wie die Erstellung von Pfarrerbüchern für Landeskirchen ohne das Wissen von Laien (Ahnenforschung) nicht möglich. Zeitzeugeninterviews seien in der Wissenschaft sehr umstritten, aber notwendig, um Zeiten zu erforschen, zu denen es kaum Dokumente gebe (z. B. Diktaturen).

Dr. Manuel Zeiler (LWL Archäologie für Westfalen) warnte davor, Laienwissen zu unterschätzen. Heimatforscher seien „enorm wichtig“, um Daten zu erheben und zu bewahren. Dass sich relativ wenige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Wissenschaftstransfer und Citizen Science beschäftigten, so ein Fazit, liege auch in der fehlenden Akzeptanz innerhalb der wissenschaftlichen Community begründet. Es gebe kaum Anreize. Und so blieb das Ergebnis der Diskussionsveranstaltung offen, ebenso wie die Perspektive gemeinsamen Forschens von „Experten“ und Laien – ein produktiver Auftakt für den weiteren Austausch zwischen Wissenschaft und Allgemeinheit, auch im Forum Siegen.