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Alle müssen sich fair am Wald beteiligen

Forstökonom Prof. Dr. Andreas Bitter zu Gast bei Forum Siegen – Plädoyer für gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Holzstapel reiht sich an Holzstapel – aktuell nicht nur in Südwestfalen ein gewohntes Bild. Trockenheit und Borkenkäfer setzen den Wäldern und auch den Waldbesitzern zu. Die Wald-Landschaft verändert sich drastisch. Standort-Drifts nennen die Fachleute die veränderten Gedeih-Bedingungen an Standorten und die Suche nach geeigneten Baumarten zur Wiederaufforstung. Zu den Experten in Sachen Forstökonomie und Forsteinrichtung gehört Prof. Dr. Andreas Bitter von der TU Dresden. Der gebürtige Sauerländer war zu Gast im Forum Siegen. „Zwischen Tradition und Innovation – Aktuelle Entwicklungen in der Forstwirtschaft“ lautete sein Thema.

Eines vorweg: Nach Ansicht Bitters steht der Forstbereich vor den größten Herausforderungen seit 200 Jahren. Sein Blick nach vorn ist dennoch optimistisch: „Um die Vielfalt des Waldes ist mir nicht bange.“ Es bedürfe einer guten Baumarten-Mischung, um Ausfälle kompensieren zu können. Und: Es bedarf des (finanziellen) Engagements Jedermanns in Form eines Bonus für den Zuwachs naturnaher Bestände. In Summe ist ein vielfältiges nachfragerechtes Produktportfolio anzuvisieren, das nicht nur der wirtschaftlichen, sondern eben der gesamtgesellschaftlichen Nachfrage an die Wälder gerecht wird.

Die multifunktionale Forstwirtschaft in Deutschland blicke auf eine 300-jährige Erfolgsgeschichte auch der Nachhaltigkeit zurück, führte Bitter aus. Die Subsistenzwirtschaft als Wirtschaftsform der Selbstversorgung kleiner Produktionseinheiten habe sich lange Zeit bewährt. Garant der Vielfalt der Wälder sei das fragmentierte Eigentum. 934.541 Hektar Wald gebe es in NRW. 64 Prozent davon befänden sich in Privathand, 20 Prozent gehörten Körperschaften, 13 Prozent dem Land und 3 Prozent dem Bund. In anderen Bundesländern dominiere der Anteil des Staatsforsts. Waldeigentümer in NRW verfügen im Schnitt über 2,4 Hektar. Bitter: „Die Vielfalt des Eigentums ist die Grundlage für die Vielfalt der Wälder und der Leistungen.“

Der Arbeitsbereich Wald zählt in Deutschland rund 1 Millionen Beschäftigte, der jährliche Umsatz beläuft sich auf 180 Mrd. Euro, die Bruttowertschöpfung auf rd. 55 Mrd. Euro. Mit dem Kahlschlag ändere sich nun die Situation. Die Schäden beliefen sich zwischen 2018 – 2020 auf etwa 12,7 Mrd. Euro. Der Holzverkauf decke kaum noch die Aufarbeitungskosten, die Eigentümer sähen sich zudem ihrer Holzreserven beraubt. Bitter: „Das könnte langfristig zu einem Damoklesschwert werden.“

Drei Herausforderungen gelte es zu meistern:

a) Klimawandel und besagter Standorts-Drift

b) Gesellschaftlicher Wertewandel

c) Ländliche Entwicklung

Allein für die Erprobung geeigneter Baumarten und die Zielbestockungsplanung bedürfe es realistisch gesehen eines Zeitraums von 30 bis 40 Jahren. Entscheidungen für die nächsten 60 bis 80 Jahre müssten aber heute getroffen werden und seien daher risikobehaftet. Besonders der Megatrend der Urbanisierung mache den Wäldern zu schaffen. Die Verstädterung liege in Deutschland bei einem Anteil von 75 Prozent, in Frankreich bei 80 Prozent und in Singapur bei 100 Prozent. Das (Un-)Wissen im Handeln städtischer Milieus gehe einher mit einem Strukturwandel im ländlichen Raum. Die handwerkliche Landwirtschaft weiche zunehmend der industrialisierten Landwirtschaft.

Die Familienforstwirtschaft habe durch den Brennholz-Boom nochmals einen Aufschwung erlebt, dennoch schreite die rationelle, hochmechanische Nutzung mit hohem Kapitaleinsatz voran. Genossenschaften könnten noch partizipieren, grundsätzlich gehe der Trend weg vom Kleinklein.

Die multifunktionale Forstwirtschaft mit Waldfunktionskartierung, Waldbiotopkartierung, Zertifizierung, FFH-Managementplanung und CO2-Senkenleistung trete in den Vordergrund. Zu beachten seien vor allem die Ökosystemleistungen des Waldes wie eben die CO2-Senkenleistung, die Erholungsleistung, die Biodiversitätsstrategie und die Rohholzproduktion. Die Frage nach der Bedeutung des Waldes für die gesamte Gesellschaft müsse gestellt werden. Ökodienstleistungen und Geschäftsmodelle müssten miteinander gehen. Schließlich liege die Klimaschutzleistung des Waldes bei 14 Prozent Gesamt Emissionen Deutschlands. Bitter stellte als Lösung ein Honorierungsmodell für CO2-Bindung in den Raum, eben einen Bonus für den Zuwachs naturnaher Bestände. Bitter: „Wir brauchen solide Finanzierungen. Über die Holzvorräte geht das nicht mehr.“ Und abschließend: „Wir alle leben vom Wald und müssen uns fair beteiligen.“