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Jemandem muss ein Gebäude wertvoll sein

 Prof.in Eva von Engelberg berichtete bei der Eröffnung der Mittwochsakademie über unser "alltägliches Erbe"

Erstmals seit zwei Jahren verzeichnete die Mittwochsakademie bei ihrer feierlichen Eröffnung im Kulturhaus Lÿz wieder ein volles Haus. Prof.in Dr. Eva von Engelberg referierte zum Thema „Alltägliches Erbe: Zeugnisse regionaler Architekturgeschichte“. An Prorektorin Prof.in Dr. Petra M. Vogel war es, die Gäste zu begrüßen. Dabei lenkte sie den Blick bereits auf das Wissenschaftsjahr 2023 „Unser Universum“, für das in Siegen eine Arbeitsgemeinschaft ein vielseitiges Programm erstellt. Prof. Dr. Stephan Habscheid als wissenschaftlicher Leiter der Mittwochsakademie verwies auf die Parallele des Eröffnungsvortrags zum Semesterthema von Forum Siegen „Kunst in der Gesellschaft“.

Habscheid stellte die Referentin vor, die seit 2019 an der Universität Siegen mit Schwerpunkt Architekturgeschichte forscht und lehrt. Vor allem die alltägliche, nicht sofort ins Auge fallende Architektur wecke dabei ihr besonderes Interesse. Eva von Engelberg berichtete eingangs über die in diesem Herbst in Siegen durchgeführte Tagung des Arbeitskreises "Theorie und Lehre der Denkmalpflege". Geschützt werde, was außergewöhnlich, herausragend und von großem allgemeinem Interesse sei, so die Referentin: „Das Alltägliche ist nicht geschützt.“ Vielfach gehe so ganz besondere Architektur verloren. So wie beispielsweise im Jahr 2021 das ehemalige Gasthaus „Deutsches Haus“ an der Weidenauer Straße in Siegen. Erbaut worden sei es um 1900 im Jugendstil – seinerzeit eine sehr gängige Bauweise: „Im Deutschen Reich sind solche Häuser zu Tausenden gebaut worden.“

Schaue man aber auf Siegener Besonderheiten, erlange auch das abgerissene Haus eine besondere Bedeutung. Es gehörte zu den wenigen Gründerzeit-Bauten, die den Zweiten Weltkrieg in der Stadt überstanden. Eva von Engelberg: „Siegen ist keine Stadt mit viel historischer Bausubstanz.“ Das Haus habe das Bild der Weidenauer Straße geprägt, aber nicht unter Denkmalschutz gestanden. Dennoch sei es „stadtbildprägend“ gewesen und habe in seinem Umfeld für eine andere „Körnung“ gestanden. Eva von Engelberg: „Das Haus war einmal ein Treffpunkt, ein Raum für Geselligkeit. Wahrscheinlich aber wird niemand mehr danach fragen.“

Ein Ergebnis zeigte die öffentliche Diskussion um den Hausabriss: Diese gab in der Siegener Stadtpolitik Anlass, über ein kommunales Schutzprogramm für Fassaden und Ensembles ohne Denkmalschutz nachzudenken, um das noch vorhandene historische Stadtbild zu erhalten.

Seit den 1960er Jahren werde der Standpunkt von Experten, nur das Herausragende zu schützen, genauso kritisch hinterfragt wie die Vorstellung "einflussreiche Kunstzentren versus rückständige Peripherie". Faktisch hätten sich die alten Ordnungssysteme aber bis heute erhalten. Dabei, so Eva von Engelberg, präge Alltägliches unsere Umgebung und sei Ausdruck unserer Lebensweise. Ihr Fazit: „Wir sollten einen sensibleren Blick auf das Nicht-Spektakuläre, auf das Alltägliche werfen.“ Dazu gehöre auch der Erwerb von Wissen rund um Gebäude und deren Geschichte(n).

Das alte Gasthaus Klein an der Ecke Koblenzer Straße / Kirchweg am Beginn des Quartiers Hammerhütte in Siegen sei ein weiteres Beispiel für ein Gebäude, das seit rund 20 Jahren nicht mehr genutzt werde und schon lange der Abrissbirne zum Opfer fallen solle. Erbaut wurde das Eckhaus in den 1880er Jahren von Bäcker Heinrich Klein. Es verfügte über Saal, Bühne und war Heimat etlicher Vereine. Mit dem Baubeginn der Siegerlandhalle im Jahr 1957 wurde der Festsaal überflüssig. Architekt Gerhard Köhne gestaltete das Hotel mit mehr Zimmern und einheitlicher Schieferfassade um. Gegen den geplanten Abriss des Gebäudes soll 1980 bereits der Künstler Joseph Beuys protestiert haben. Das Haus wurde seinerzeit besetzt.

Fünf Masterarbeiten entstanden in jüngster Zeit an der Universität Siegen zur Neuentwicklung des Quartiers Hammerhütte. Das einstige Hotel wurde dabei ebenso intensiv erkundet wie die Gestaltungswünsche der Anwohnerinnen und Anwohner. Die Ergebnisse sind ab dem 15. November 2022, 18 Uhr, im Glaskubus der Uni am Campus Paul-Bonatz-Straße zu sehen. Eva von Engelberg: „Die Menschen erinnern sich. Das Gebäude tritt aus der Anonymität und ist nicht mehr nur ein Schandfleck.“ Welche öffentlichen Instrumentarien gibt es, um alltägliches Erbe zu erhalten? Eva von Engelberg: „Die Stadtgesellschaft ist gefragt.“ Jemand müsse sich einsetzen, jemandem müsse das Gebäude wertvoll sein.

Die Seminare der Mittwochsakademie starten in Siegen am 23. November 2022, in Olpe am 16. November, die Hanseakademie in Attendorn beginnt am 15. November.