Der Netzwerker, der vom Pferd fiel
PR-Agenturgründer Joachim Klewes wollte aufhören. Jetzt hat er wiederhundert Mitarbeiter
Presseresonanz vom: 18.01.2005
Erschienen in: Handelsblatt
SIMONE FUCHS, DÜSSELDORF HANDELSBLATT, 18.1.2005 Wer
erzählen will, wie Joachim Klewes dahin kam, wo er jetzt ist,
der muss anfangen mit einer Stute am Niederrhein. Vor zehn
Jahren stürzte ihr Reiter, der Gründer und langjährige Chef der
damals größten deutschen PR-Agentur Kohtes & Klewes,
unglücklich. Er überstand den Unfall gerade so - und beschloss,
sein Leben zu ändern. Klewes verkaufte seine Anteile an der
Düsseldorfer Agentur, nahm ein paar Beratungsaufträge an, wie
es Manager tun, die ihren Aufwand dosieren wollen. Ergebnis: Er
fühlte sich unausgefüllt.
Mehrere Neugründungen und diverse Unternehmenskäufe später ist
der 50-Jährige als Geschäftsführer der Agenturgruppe
Kommpassion wieder Chef von gut hundert Mitarbeitern, scannt
den Markt nach potenziellen Übernahmekandidaten und prüft
Mittel und Wege zum Ausbau des Geschäfts in Österreich und der
Schweiz.
"Ich wollte wieder das machen, was mir wirklich Spaß macht, und
operativ tätig sein", sagt Klewes. Noch heute zieht er einen
Großteil seiner Motivation aus dem täglichen Umgang mit
Mitarbeitern und Kunden: "Aus hundert Leuten ein Gebilde zu
formen, eine Agentur, das fasziniert mich immer wieder", sagt
er. Bei Kohtes & Klewes sei er irgendwann nur noch mit
Verwaltungsaufgaben beschäftigt gewesen. Das habe ihn am Sinn
seiner Arbeit zweifeln lassen.
Der Ausstieg von Klewes aus Kohtes & Klewes ist ein
Schlüsselereignis, sowohl für Klewes, als auch für die Branche.
Er stand am Beginn der aktuellen Konsolidierungswelle des
PR-Sektors. Und er ist mitverantwortlich für das Image des
Unberechenbaren, das Joachim Klewes noch heute umgibt. Auf
offiziellen Branchenterminen sehe man ihn fast nie, sagt ein
Düsseldorfer PR-Berater. Trotzdem gilt er als bestens vernetzt
und ist bei Unternehmen wie Agenturen sei Jahren bekannt. "Er
ist ein Strippenzieher", heißt es.
Doch Klewes sind die offiziellen Geselligkeiten gleich. Er
macht sein eigenes Ding, auch wenn er dadurch das Risiko
eingeht, andere vor den Kopf zu stoßen.
Böses Blut hat es vor allem rund um seinen Ausstieg vor bald
zehn Jahren gegeben. Als Kohtes & Klewes in "Kohtes Klewes"
umfirmierte, klagte der Gründer auf Nichtverwendung seines
Namens. Seine Feinde unterstellten ihm finanzielle Motive,
seine Freunde verteidigten den Wunsch des Gründers, den eigenen
Namen eigenständig zu erhalten. Schließlich wurde das Verfahren
außergerichtlich beigelegt. In der Branche hat es aber Wellen
ausgelöst, die bis heute nachplätschern. "Ich habe nie
verstanden, warum Joachim Klewes damals aus der PR ausgestiegen
ist, nur um kurz darauf wieder einzusteigen", sagt Rainer
Zimmermann, Europa-Geschäftsführer der Agentur Pleon: "Alles
das, was er jetzt realisiert hat, hätte er auch unter unserem
Dach haben können."
Pleon ist erst vor wenigen Monaten aus der Fusion der
ECC-Gruppe (Kohtes Klewes, Publico) mit Brodeur entstanden.
Rainer Zimmermann hat Anfang der 90er-Jahre noch unter dem
Kohtes-Klewes- Gründer gearbeitet - und ihn als "netten und
vernünftigen Chef" kennen gelernt.
Bodo Kirf, Geschäftsführer der ebenfalls in Düsseldorf
beheimateten Agentur Trimedia, weiß, dass der Berater vor allem
in schnellen, flexiblen Strukturen zur Höchstform aufläuft:
"Der lebt diesen Beruf. Er ist ein Kommunikationspassionist mit
eisernem Willen."
Als Analytiker gilt er außerdem bei Kollegen als brillanter
akademischer Kopf, der Wert darauf legt, dass sich jeder seine
eigene Meinung bildet - und diese auch äußert: "Er mag keine
Schlauschwätzer", sagt Kirf. Bei Kampagnenentwürfen habe er
manchmal aber auch sehr verspielte Ideen, meint Pleon-Chef
Zimmermann.
Trotz oder gerade wegen dieser Mischung hat Klewes Erfolg: Erst
in der vergangenen Woche gab Kommpassion, mit rund sieben
Millionen Euro Umsatz derzeit Nummer sechs im deutschen Markt,
den Kauf einer Münchener Agentur bekannt. Weiteres Wachstum,
organisch und durch Zukäufe, ist in den Bereichen Corporate
Publishing, Gesundheit und Public Affairs geplant. Irgendwann
sollen zudem alle Töchter in die bisherige Holding Kommpassion
integriert werden.
Nummer fünf im deutschen Agenturranking ist das Nahziel von
Joachim Klewes. Die Profitabilität der Agenturen müsse aber
auch insgesamt noch verbessert werden, räumt er ein.
Kunden schätzen den Einsatz und die Gradlinigkeit von Klewes:
"Wenn ein Auftrag nicht zu ihm passt, nimmt er ihn im Zweifel
nicht an, das ist für uns wertvoll", heißt es etwa bei der
Allianz in München. Zudem kümmere er sich um vieles persönlich
oder sei zumindest im Hintergrund sehr präsent.
Im Dienste der Präsenz fliegt Klewes von Pontius zu Pilatus,
bewegt sich rasch zwischen den Kommunikationspolen Düsseldorf,
München, Hamburg und: "Ich reise gerne, aber ein fester
Bezugspunkt ist wichtig", sagt er über sich selbst. Eigentlich
sei er bodenständig, verbringe gerne Zeit bei seiner Familie am
Niederrhein.
Nur das Reiten, das hat der Vater von vier Kindern nach dem
Unfall vor zehn Jahren dann doch lieber aufgegeben.
Joachim Kewes.
1954 wird er am 23. April im Sauerland geboren.
1979 beendet er sein Studium an der Uni Siegen in den Fächern
Germanistik, Psychologie, Pädagogik, Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften auf Lehramt. Sieben Jahre dauerte seine
Hochschulkarriere, eine Unterbrechung für den Zivildienst
eingerechnet.
1982 promoviert er in Soziologie.
1982 steigt er als Juniorberater bei der Agentur AKP ein. Er
wird Etatdirektor, schließlich Geschäftsführer von Hill &
Knowlton Frankfurt.
1988 macht er sich mit seinem Hill & Knowlton-Kollegen Paul
Kohtes selbstständig.
2000 gründet er die Agentur Güttler & Klewes, die später in
die Dachagentur Kommpassion integriert wird.
Fuchs, Simone
18.01.2005