Ein Nestor der Sozialpädagogik
Premiere im Fachbereich 2: Prof. Dr. C.Wolfgang Müller erhielt Ehrendoktorwürde
Presseresonanz vom: 03.02.2006
Erschienen in: Siegener Zeitung
kk Siegen. Im Fachbereich 2 Erziehungswissenschaft,
Psychologie, Sportwissenschaft der Universität Siegen stand
gestern eine Premiere an. Erstmals wurde eine Ehrendoktorwürde
vergeben. Geehrt wurde Prof. Dr. C. Wolfgang Müller. Der
77-jährige gebürtige Dresdner gilt als einer der wichtigsten
Architekten der universitären Sozialpädagogik in Deutschland,
die er seit Mitte der 60er Jahre an der Pädagogischen
Hochschule Berlin und ab 1980 an der Technischen Universität
Berlin etablierte. An der TU war Müller der erste Direktor des
Instituts für Sozialpädagogik.
Müllers Weg zur Sozialpädagogik war nicht gerade. Der studierte
Anglist, Germanist und Kunsthistoriker und promovierte
Theaterwissenschaftler roch in mehrere Berufe hinein. So war er
als »fester Freier« für den »Spiegel« tätig und als
Redenschreiber für Willy Brandt. Die Erfahrungen aus seinem
sozialdemokratisch geprägten Elternhaus führten ihn nach Krieg
und Mitgliedschaft beim Jungvolk zu den »Falken«. Über die
ehrenamtliche Jugendarbeit gelangte Müller zur professionellen
Jugendpfleger-Ausbildung. 1957 wurde er Dozent in Rupenhorn,
einem Institut für Jugendgruppenarbeit. Sechs Jahre später ging
Müller als Fellow der Harkness Foundation nach New York, um
dort an der Columbia University zu studieren und
Forschungsarbeiten im Bereich der Welfare History and Community
Work durchzuführen. 1965 kehrte er voller neuer Ideen und
Erfahrungen nach Berlin zurück. Diese spiegeln sich nicht
zuletzt in seinen Büchern »Wie Helfen zum Beruf wurde eine
Methodengeschichte der Sozialarbeit 1883-1945« und »Helfen und
Erziehen die Soziale Arbeit im 20. Jahrhundert« wider.
Die gestrige Verleihung der Ehrendoktorwürde basiert auf einer
langjährigen persönlichen und institutionellen Verbundenheit.
Prof. Dr. Sabine Hering, Dekanin, des Fachbereichs 2 im Vorfeld
der Feierstunde: »Wir kennen uns seit 1969.« Die guten Kontakte
kamen dem Aufbau des Studienangebots für angehende
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen in Siegen zugute. Sabine Hering:
»Bei der Neuorientierung der Studiengänge haben wir C.W. Müller
immer zu Rate gezogen. Das war eine intensive Form des
Austauschs.« So basieren der Integrierte Studiengang
Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISPA) sowie dessen Zuordnung
zur Präferenzwissenschaft Erziehungswissenschaft auf einer
eingehenden Kommunkation zwischen Siegen und Berlin.
Müller zu den Perspektiven des Studiengangs: »Alle modernen
Gesellschaften brauchen einen immer größeren Anteil von Leuten,
die das Leben lehren.« Die »Kunst der Lebenslehre« sei als
Eintritt in Lehr-Lern-Prozesse zu verstehen. Hilfe müsse und
könne nur Hilfe zur Selbsthilfe sein.
Einen Trend der Zeit führt aus Sicht Müllers hin zum Ehrenamt.
Der »relativ zuverlässig vorsorgende Wohlfahrtsstaat« werde vor
allem aus Kostengründen zunehmend abgebaut. Auf der anderen
Seite benötigten mehr Leute Hilfe. Müller: »Wir brauchen immer
mehr Menschen, die freiwillig diese Arbeit tun.« Diese
Ehrenamtlichen müssten durch Fortbildung qualifiziert und
hauptamtlichen Mitarbeitern zugeordnet sein.