Skudelny | Forschung & Entwicklung
V. l. n. r.: Sascha Skudelny, Jan Graw, Henrik Detjen, Linda Madsen, Jens Hälterlein.
SICHERHEIT großschreiben - Forschungsprojekte vernetzen! Das Institut für Medienforschung in Siegen lud verschiedene BMBF-geförderte Projekte aus dem Bereich der
Sicherheitsforschung zu einem gemeinsamen Workshop ein, um den Austausch und die Vernetzung der Projekte
KOKOS / PRAKOS / RESIBES / ENSURE und AHA untereinander voranzutreiben.
Fortschritt durch Technik
Bei dem Workshop wurden die Schwerpunkte, Ziele und unterschiedlichen Methoden der fünf Großprojekte vorgestellt. Den Auftakt machte das Gastgeber-Projekt KOKOS (Unterstützung der Kooperation mit freiwilligen Helfern in komplexen Einsatzlagen), dass die Einbindung und Strukturierung der zivilen Gesellschaft in Großschadenslagen jeglicher Art verfolgt. Die Vorstellung übernahmen der Institutsleiter und Kommunikationswissenschaftler Gebhard Rusch und sein Kollege, Diplom-Medienwirt Sascha Skudelny.
Die Umsetzung der Maßnahmen des Projekts soll mittels Public Displays und der Sicherheitsarena (SiRena), einer soziotechnischen Plattform unterstützt werden, welche von den Kollegen aus der technischen Abteilung (CSCW) Thomas Ludwig und Yvonne Drymala vorgestellt wurden.
Ersthelfer ausbilden und Kontaktnetzwerke schaffen
Der Aufbau eines Helfernetzwerks aus aktiven und passiven Helfern, die im Krisenfall schnell kontaktiert und koordiniert werden können, steht bei dem Projekt RESIBES (Resilienz durch Helfernetzwerke zur Bewältigung von Krisen und Katastrophen) besonders im Fokus. Erste Ergebnisse und Erkenntnisse wurden hier von den beiden Freiburger Kollegen vom Lehrstuhl für Soziologie, Jens Hälterlein und Linda Madsen präsentiert.
V. l. n. r. : Jan Graw, Henrik Detjen, Linda Madsen, Jens Hälterlein, Yvonne Drymala.
Ebenso, ging es bei dem Projekt ENSURE (Verbesserte Krisenbewältigung im urbanen Raum durch situationsbezogene Helferkonzepte und Warnsysteme) um eine verbesserte Einbindung von zivilen Helfern, allerdings speziell im Bereich der Feuerwehr. Hierfür wurde konkret eine App und ein dazugehöriges Steuerungssystem zur Registrierung, Alarmierung und Koordinierung von Einsatzkräften und zivilen Helfern entwickelt und in mehreren Großübungen getestet. Das Projekt ist das einzige, das bereits abgeschlossen ist. Einsicht über den Verlauf und die Ergebnisse gab die ehemalige Projektmitarbeiterin und Soziologie-Masterstudentin von der Freien Universität Berlin, Agnetha Schuchardt.
V. v. n. h.: Pavel Neumann, Gebhard Rusch, Thomas Ludwig, Yvonne Drymala
Sicherheit lernbar und erfahrbar machen
Das Projekt PRAKOS (Praktiken und Kommunikation zur aktiven Schadensbewältigung) untersucht und entwickelt Handlungs- und Kommunikationsstrategien zur Stärkung der Kooperation von zivilen Helfern und BOS. Über das Projekt und die Entwicklung von Schulungskonzepten, Flyern und Infomaterialien, die für diesen Zweck entwickelt werden, berichtete Jan Graw, studierter Betriebswirtschaftler und Doktorand am Lehrstuhl für Technologiemanagement der Universität Kiel.
Zuletzt präsentierte Henrik Detjen, der an der Universität Duisburg-Essen Angewandte Kognitions- und Medienwissenschaften studiert hat und mittlerweile wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem Projekt AHA ist, über die Fortschritte des Vorhabens. Ziel ist es, eine App zu entwickeln, um mögliche zivile Helfer bei Einsätzen aus der Leitstelle der Rettungskräfte heraus direkt koordinieren und alarmieren zu können. Die größte Verbesserung soll hier eine schnellere Ersthilfeleistung, sowie die Entlastung der BOS sein.
V. v. n. h.: Sascha Skudelny, Jan Graw, Henrik Detjen, Linda Madsen, Jens Hälterlein.
Austausch vorantreiben und Resilienzen stärken – auch intern!
Den Austausch zwischen verschiedenen Parteien zu fördern und dadurch Resilienzen stärken – dass sind nicht nur Ziele der jeweiligen Projekte, die Wissenschaftler setzten sich diese Ziele auch für die zukünftige Zusammenarbeit. So wurden nach einem konstruktiven und produktiven Austausch auch konkrete Ideen für zukünftige Kooperationen und für die Unterstützung untereinander entwickelt. Mögliche Anknüpfpunkte wurden hervorgehoben. Zudem wurde eine gemeinsame Publikation zu dem Thema „ungebundene Helfer und ihre Potenziale“ angestoßen.
Psychosoziale Unterstützung im Krisenfall
Bereits zum zweiten Mal waren Vertreter aus den Bereichen BOS, Flüchtlingshilfe und Forschung eingeladen, um über den Bedarf und die Möglichkeiten von telemedialen Unterstützungsmedien für die psychosoziale Unterstützung im Krisenfall zu diskutieren. Während des zweitägigen Workshops wurden konkrete Ideen zur Implementierung auf der projekteigenen ‚SiRena‘ entwickelt,
sowie Angebote aus der Wirtschaft vorgestellt:
Möglichkeiten und Perspektiven für den Kreis Siegen-Wittgenstein.
Fortschritt durch Technik – auch in den Bereichen Krisenintervention und Erstversorgung
Während im ersten Workshop zuerst nur die theoretischen Möglichkeiten von telemedialen Angeboten für die psychosoziale Unterstützung besprochen wurden, ging der zweite Workshop einen Schritt weiter. Nach einem kurzen Impulsvortrag und Auffrischung der Ergebnisse der ersten Runde, wurden konkrete Produktlösungen aus Forschung und Wirtschaft präsentiert.
Technikorientierte Lösungen aus der Wirtschaft
Das Projekt CoachPTBS
Den Anfang machte Patrick Lorenz, Diplom-Psychologe und Projektkoordinator des BMBF-geförderten Projekts, Coach-PTBS‘ der Klinik für Psychotherapie und Psychotraumatik des Universitätsklinikums Gustav Carus der TU Dresden. Hierbei handelt es sich um eine kostenlose App für das Smartphone, welche Bundeswehrmitglieder, welche unter Einsatzfolgestörungen leiden, sowie deren Familienmitglieder über das Krankheitsbild aufklären und mit gezielten Hilfsangeboten zum Symptommanagement im Alltag unterstützen soll.
Dipl.-Psychologe Patrick Lorenz, Projekt Coach-PTBS
Online unter: http://www.degpt.de/app-coach-ptbs.html
Selfapy
Selfapy, eine weitere App, dieses Mal jedoch entwickelt für den Desktop-PC, folgte als zweites. Präsentiert wurde das Portfolio und die Botschaft des jungen erfolgreichen Start-Ups von Dijana Korenic, Diplom-Psychologin vorgestellt. Sie betonte einmal mehr, wie wichtig es ist, frühzeitig Resilienzen aufzubauen und zu stärken, also präventiv Maßnahmen zu ergreifen. Zusätzlich sei es unabdingbar, zusätzlich zum Online-Angebot auch den persönlichen Kontakt zu ermöglichen.
Diplom-Psychologin Dijana Korenic, Selfapy
Online unter: www.selfapy.de
Das Projekt AUDIME
Abschließend stellte dann Dr. Michael Czaplik, Anästhesist und Leiter der Abteilung Anästhesiologische Medizintechnik und Informationstechnologie der Uniklinik RWTH Aachen die im Rahmen des BMBF-geförderten Projektes AUDIME entwickelte Datenbrille für den Rettungseinsatz vor. Auch in der Unfallnot-beziehungsweise Erstversorgung können neue Technologien wertvolle Zeit einsparen helfen und die Arbeit der Rettungsärzte und Sanitäter gezielt fördern und sie im Einsatz entlasten.
Dr. Michael Czaplik, Projekt AUDIME
Online unter: http://www.audime-projekt.de/index.php?id=2
Potenziale nutzen um Angebote auszubauen
Nach einer intensiven Abschlussdiskussion am ersten Tag, sowie einem gemeinsamen Abendessen in der Brasserie Siegen, wurden am zweiten Tag in der gesamten Runde Leitfragen zur Entwicklung konkreter Anknüpfmöglichkeiten besprochen. Neben der Einschätzung und Bewertung der gesamten Angebote für psychosoziale Erste-Hilfe im Kreis Siegen-Wittgenstein in Krisenfällen, sowie im Alltag, wurde versucht, Lücken auszumachen um diese eventuell mit telemedialen Angeboten schließen zu können.
Neben der Einfachheit bezüglich der Auffindung und Nutzung der Angebote, ist vor allem auch die Sicherstellung einer kostenlosen und dauerhaften Verfügbarkeit für potenzielle Nutzer wichtig. Grundsätzlich besteht Bedarf für ein Tool, welches Organisations- und Kommunikationsstrukturen für den Einsatz im Krisenfall, beispielsweise bei Umweltkatastrophen oder auch der Flüchtlingsversorgung weiter verbessert und einfacher koordinieren lässt. Doch auch ein Lösungskonzept, gezielt für die psychische Unterstützung von Betroffenen und Einsatzkräften, während und nach einer Schadenslage, konnte praxisnah und im Detail auf Vor- und Nachteile sowie technisch umsetzbare Möglichkeiten diskutiert werden.
Foto Leinwand mit Ergebnissen
Bildunterschrift: Teilnehmer v. r. n. l. und v. v. n. h.: Michael Czaplik, Gebhard Rusch, Sascha Skudelny, Noor Nazrabi, Stefan Böhmer, Patrick Lorenz, Julia Kölmel, Karl-Heinz Richter, Dijana Korenic.
Zukünftige Entwicklungen im Rahmen der Projektlaufzeit
Für die weitere Dauer des Projekts KOKOS, liegt es nun an den Projektmitwirkenden, die besprochenen Lösungen technisch umzusetzen und auf der Sicherheitsarena zu implementieren. Die Zusammenarbeit mit einem der eingeladenen Projekte und deren Produktportfolie wird hierbei nicht ausgeschlossen. Gleichzeitig stellen alle eingeladenen Gäste der ersten sowie der zweiten Tagung zum Thema PSU die Jury und das Publikum für die finale Vorstellung der zukünftigen Arbeitsergebnisse. Auch hier erhoffen sich das Institut für Medienforschung und alle Projektbeteiligten fruchtbares Feedback und bedankt sich schon jetzt für die Teilnahme und Mithilfe aller Teilnehmer.