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Buch des Monats März 2015

Stefanie Taschinski: Funklerwald.

Mit Bildern von Verena Körting. Oetinger 2015. 254 Seiten. 14,99€. Ab 5 Jahre (als Vorlesebuch). ISBN 978-3-7891-4807-1

„Der Wald, in dem Lumi, das Luchsmädchen, heranwuchs, hieß Funklerwald.“ (S. 7)

maerz
Mit diesem Satz beginnt der Roman Funklerwald, der sich sensibel aktuellen Fragen nähert, diese kindgerecht verpackt und in einer poetischen Sprache präsentiert, die auch erwachsene Leserinnen und Leser begeistern dürfte. Funklerwald gehört zu jenen Büchern, die im Familien- oder Freundeskreis vorgelesen werden sollten und sich in der Schule für ein Vorlesegespräch eignen.
Lumi, das Luchsmädchen, erforscht mit ihren Freunden Borste, einem Wildschweinjungen, Rissa, einem Fuchsmädchen, den Wald. Sie soll das Jagen lernen, ihre mitunter strenge Tante Kette zeigt ihr alle möglichen Tricks, doch Lumi hat auch einen eigenen Kopf. Sie hört Bäume und Pflanzen wispern, ist äußerst sensibel und beobachtet eines Tages bei ihren Streifzügen ein ihr unbekanntes Tier am Bach. Schnell wird klar, dass es ein „Kratzer“, ein Waschbärjunge namens Rus, ist. Rus ist mit seiner Familie plötzlich im Funklerwald aufgetaucht, doch sind es vor allem die Füchse, die Vorurteile gegenüber der Waschbärenfamilie schüren und diese vertreiben möchten. Es zeigt sich, dass nicht alle Tiere gleich sind, sondern die Füchse bestimmen möchten.


„Sie werden uns die Blätter von den Bäumen fressen. Sie werden unsere Beute jagen und uns aus unseren Höhlen vertreiben!“ (S. 55)


Diese Sätze, von einem Fuchs gesprochen, schüren die Angst der Bewohner und Bewohnerinnen des Funklerwaldes. Jedes Tier im Funklerwald hat seinen eigenen Baum – die Füchse etwa die Buche, die Wildschweine die Eiche, die Luchse den Ahorn – und lebt seit Jahrhunderten dort. Die Waschbären, die unter Walnussbäumen leben,  haben keinen eigenen Baum im Wald. Damit scheint die Sache besiegelt: Die Waschbären gehören nicht in den Funklerwald.


Auch Lumi erlebt den Waschbären zunächst als ein fremdes Wesen, das nicht nur anders aussieht, sondern auch anders riecht. Doch sie sieht auch, wie ausgehungert und ängstlich er ist. In zwei Situationen treffen sie aufeinander, retten sich aus brenzligen Situationen und freunden sich heimlich an. Lumi unterstützt die Familie, die zudem Nachwuchs bekommen hat, mit Futter, versteckt sie und erfährt, dass die Waschbären sich kaum von anderen Tieren des Waldes unterscheiden. Doch dann spitzt sich die Situation zu, Essen wird geklaut und schnell schieben die Füchse die Schuld auf die Waschbären. Sie möchten sie vertreiben und Lumi muss schnell handeln. Sie macht sich mit Rus auf die Suche nach Wandelbaum, der es ermöglichen soll, dass auch die Wascbären ihren Baum im Funklerwald bekommen. Es ist eine abenteuerliche und beschwerliche Reise, die Lumi und Rus beschreiten müssen …


Flucht und das Leben der Flüchtlinge, aber auch die NSU-Prozesse und der steigende Fremdenhass, sind wichtige Themen in den Zeitungen und Nachrichtensendungen der letzten Monate. Auch Kinder sehen die Bilder von Flüchtlingsbooten, erleben, wie Flüchtlingskinder in ihre Klassen sowie Kindergärten kommen und hören Vorurteile gegenüber Flüchtlingen. Die Autorin Stefanie Taschinski verarbeitet in ihrem Roman diese Themen, greift durchaus auch Ängste der Kinder auf und schafft mit ihrer Tiergeschichte eine Form der Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen. Sie wechselt zudem die Perspektive im Roman, lässt nicht nur Lumi die Geschichte erzählen, sondern auch Rus. In einem Kapitel schildert Rus seine Sorgen, seine Ängste und vor allem die Gründe der Flucht. Diese haben wenig gemein mit dem, was ihnen die Füchse unterstellen. Eine solche Perspektive ist wichtig, denn hier erfahren Kinder direkt, wie sich der Waschbärjunge fühlt und erkennen, dass auch er in Lumi etwas Fremdes und Bedrohliches sieht.


Funklerwald ist ein Roman, der sich mit viel Sensibilität der aktuellen Themen annimmt, die kindlichen Leserinnen und Leser nicht überfordert und trotzdem zum Nachdenken bewegt. Eine Anschlusskommunikation ist notwendig, denn das Kind sollte sich während des (Vor-)Lesens über seine Gedanken austauschen können. Funklerwald ist sicherlich ein Roman, der vor allem jüngere, auch leseunerfahrene Kinder begeistern wird. In diesem Fall muss der Text vorgelesen werden. Aber aufgrund der poetischen Sprache werden auch Erwachsene den Roman schätzen!