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Thomas Schmölz

Jennifer Tomandl

Thomas Schmölz absolvierte in den 90er-Jahren an der Universität Siegen den Diplomstudiengang Medienplanung, -entwicklung und -beratung. Mit seinem Produktionsbüro 2eleven music film produziert er im Auftrag von ZDF und ARD neue Filmmusiken für die Stummfilmreihe auf ARTE, die seit 2020 im hauseigenen Verlag 2eleven edition musiQ verlegt und für Live-Kinokonzerte international verliehen werden.

Ein Leben für die Musik: Innovative Klänge und filmische Zeitreisen

Schon ein Leben lang begleitet die Musik Thomas Schmölz. Wo andere Menschen vornehmlich die Welt mit ihren Augen erkunden, betont Schmölz, dass er sich schon immer als Ohrenmensch bezeichnet hat: „Es fühlte sich für mich immer so an, als ginge die Welterschließung bei mir eher über das Ohr als über das Auge.“

Mit einem über die Jahre gewachsenen Team aus freischaffenden Komponisten, Kopisten, Sounddesignern, Tonmeister, Film- und Musikwissenschaftler und der Unterstützung von Filmredakteuren und über Europa verteilten Filmarchiven realisiert Schmölz Stummfilmmuikproduktionen in unterschiedlichen Besetzungsgrößen – von kleinen Ensembleformationen bis hin zu großen Orchesterbesetzungen. Erst dieses Frühjahr konnte er nach zweijähriger Arbeit mit einem 8-köpfigen Team die Notenherstellung für das international beachtete und in Federführung der La Cinemathèque Française durchgeführte Restaurierungsvorhaben des knapp siebeneinhalbstündigen Mammutfilmwerks „Napoleon – vue par Abel Gance“ zum Abschluss bringen. Die Welturaufführung mit dem neuen Score von Simon Cloquet Lafollye mit über 250 Mitwirkenden in Orchester und Chor findet am 4. und 5. Juli in der La Seine Musicale in der Nähe von Paris statt.

Jennifer Tomandl

Der Stummfilm im Konzerthaus

Den Stummfilm bezeichnet Schmölz als Nische in der Nische. Er findet im öffentlich-rechtlichen Fernsehen allein auf ARTE statt, in der Regel am letzten Montag eines Monats gegen Mitternacht. Naturgemäß kann er dadurch nur eine kleine Zuschauerschaft für sich begeistern. Dieses Schicksal wird den aufwändig restaurierten und neu produzierten Werken aber nicht gerecht. Daher widmet er den Live-Aufführungen der neuvertonten Stummfilme große Aufmerksamkeit. Das Filmkonzert oder Cine Concert trägt seiner Meinung nach wesentlich dazu bei, das Filmkulturerbe der Stummfilmzeit in die öffentliche Wahrnehmung zurückzubringen. Einen nicht hoch genug zu bewertenden Beitrag leistet die heutige Komponistenavantgarde. Mit präzise aufs Filmbild synchronisierten Kompositionen und innovativen Klangschöpfungen legen sie fürs Konzert-/Kinopublikum oftmals überraschende Sichtachsen auf die zum Teil über 100 Jahre alten Filmbilder und Geschichten frei und ermöglichen damit ein zeitgemäßes und emotional berührendes Filmerlebnis.
Für Schmölz ein besonderes Erlebnis war die Wiedergeburt von Olexandr Dowschenkos ERDE (orig. семлйа). 1997 wurde Alexander Popow vom ZDF mit einer Neukomposition für den Film beauftragt, die Schmölz noch als Tonmeister mit dem Mariinsky-Solistenensemble in Sankt Petersburg aufnahm. In den Monaten des coronabedingten Stillstands im Kulturbetrieb stieß er zufällig wieder auf die Back-up Daten-CD’s des Audiomasters. Gute zwei Jahre und ungezählte Arbeitsstunden später – ein Vierteljahrhundert nach der Einspielung in Sankt Petersburg – wurde die vom Ensemble Musikfabrik aus Köln aufgeführte Produktion im Rahmen des Rainy Days Festivals in der Philharmonie Luxemburg vom Publikum enthusiastisch gefeiert.

Jennifer Tomandl

Eine Hommage an freche Frauen

Die restaurierten Filme gepaart mit greifender Musik funktionieren auch heute noch hervorragend. Hervorheben möchte Schmölz hierzu eine ganz besondere Reihe an jüngst für ARTE unter der Überschrift „Female Comedies“ produzierten Kurzfilmen. Mit diesen humorvollen Streifen aus der Anfangszeit des Kinos gelingt der Beweis, dass Lachen über Generationen hinweg verbindet. Schmölz selbst bezeichnet die Protagonistinnen dieser Filme als starke Frauen, die sich über die patriarchalischen Strukturen mit Witz und Komik hinwegsetzen. Er spricht begeistert von den frechen Frauen und der frauenbewegten Komik aus den 1920er-Jahren. Diese Frauenschicksale, manche in der Filmgeschichtsschreibung lange totgeschwiegen, möchte Schmölz unbedingt auf die Bühne bringen. „Nasty Women – freche Frauen im frühen Film“ titelt das von ihm kuratierte Konzertvorhaben, das in Kooperation mit dem WDR und dem Soundtracks Cologne-Festival am 3. Juli seine Premiere erfährt. Dabei werden die innovativen, unterhaltsamen und geistreichen Filmchen eine zentrale Rolle spielen.

Doch wie genau können diese starken Charaktere durch musikalische Untermalung unterstützt werden? Schmölz sagt hierzu, dass es nicht immer einfach ist, eine Harmonie zwischen alten Filmen und der Gegenwart mit ihrer gewandelten Klangsprache zu finden. Oftmals sieht er die zur Produktion anstehenden Stummfilme zum ersten Mal, was es spannend macht, sich musikalischen Assoziationen hinzugeben, Komponisten und Komponistinnen zu überlegen, die für eine Beauftragung in Frage kommen.

Jennifer Tomandl

Multitasking in der Musikbranche

Auch wenn die Musikproduktion und die Verlagsarbeit den Großteil seiner Arbeitszeit in Anspruch nehmen, weist Schmölz‘ Arbeitsspektrum weitere Aufgabenfelder auf: etwa die Buchhaltung und Steuern, die er derzeit noch selbst verantwortet. Das „Drehen von Zahlen“ und die wirtschaftlichen Aspekte seines Unternehmens sind für ihn ebenso wichtiger wie auch gern erledigtes Arbeitsfeld, das er größtenteils von seinem technisch gut ausgestatteten Homeoffice erledigen kann. Die Grundlagen hierfür konnte er u.a. während seines Studiums an der Universität Siegen erwerben.

Nach wie vor ist er die Postproduktion der Musikaufnahmen involviert und auch in die Bearbeitung und Untertitelung der Filme. Nicht zuletzt gehört die Projektentwicklung, die dramaturgische Gestaltung von Live-Formaten und das Führen der unterschiedlichen Projektteams zu den vornehmsten Aktionsfeldern.Insbesondere seit der Gründung seines eigenen Verlags hat die Internationalisierung seines Geschäfts an Fahrt aufgenommen. So wurde letztes Jahr erstmals eine Produktion in Buenos Aires realisiert und im kommenden Jahr sind Produktionen in Spanien und FilmKonzert in Seoul und Shanghai geplant. Zudem rücken durch die Reichweitenpolitik von ARTE neben jüngst auch die osteuropäischen Länder erstmals in den Fokus.

Mit der großen Anerkennung lastet Schmölz jedoch zeitgleich auch eine große Verantwortung auf seinen Schultern. Bei diesen Projekten, so betont der er, dürfen keine Fehler unterlaufen. Wenn etwas nicht funktioniert, muss es behoben werden: „Es ist wichtig, den hohen Ansprüchen der Partner und des Rahmens gerecht zu werden.“

Jennifer Tomandl

Vielfältiges Lernen

Nach einer Reihe von beruflichen Wendungen, darunter eine Ausbildung zum Fernmeldehandwerker und einige Jahre als Amateurmusiker, führte es Thomas Schmölz schließlich zur Schule für Rundfunktechnik in Nürnberg, wo er eine Ausbildung zum Tontechniker absolvierte. Eine wegweisende Erfahrung dieser Zeit war die Gelegenheit bei Orchesteraufnahmen des Bayerischen Rundfunks mitzuhelfen. Dies gekoppelt mit einer Vertiefung im Partiturlesen, weckte sein Interesse an der Arbeit im Theaterbetrieb. Statt zum Rundfunk zu gehen, begann er zunächst als Assistent des Tonmeisters an der Oper Frankfurt, wo er schnell Verantwortung für Orchesteraufnahmen übernahm. Sein Interesse am Theaterbetrieb und seinem Management bewegte ihn schließlich dazu, an der Universität Siegen zu studieren. Den Freiheiten und Möglichkeiten, die der Studiengang bot, spricht er heute noch viel Gutes zu. Die Universität Siegen bot ihm die Möglichkeit, auch in andere Fachbereiche wie etwa die Wirtschaft und Romanistik zu schnuppern. Viele dieser Aspekte kann er auch in seiner heutigen Arbeit gut umsetzen. Ein Erasmus-Semester in Spanien ermöglichte es Schmölz, den jungen spanischen Film der 90er-Jahre zu studieren und seine Leidenschaft für die Verbindung von Musik und Film weiter zu vertiefen.

2001 schloss er unter der Betreuung von Professor Jürgen Kühnel seine Arbeit zum Thema "Oper im Fernsehen" ab. Sein Studium an der Universität Siegen bildete also die Grundlage für sein eigenes Unternehmen. Besonders auch die wirtschaftliche Grundausbildung und die vielfältigen Erfahrungen während seines Studiums prägten seine berufliche Entwicklung und führten ihn zu seiner aktuellen Position. Thomas Schmölz betont, dass sein beruflicher Weg nicht immer klar vor ihm lag, die Musik ihn aber auf allen Wegen stets begleitet hat. Er motiviert andere, im Studium auch neue Bereiche zu erforschen und verschiedene Projekte auszuprobieren. Abschließend betont er die Wichtigkeit von Mut und Engagement in seiner Branche sowie die Bedeutung, das Feuer für Projekte und Ideen weiterzugeben, selbst dann, wenn der Erfolg nicht garantiert ist. Er glaubt fest daran, dass es immer Menschen geben wird, die sich für seine Arbeit interessieren und treibt die Projekte mit Herzblut und Engagement voran. Große Filmmusikwerke hat er produziert, mit seinem Verlag ist international auf Erfolgskurs: „Für „Napoleon“ produzierten wir das Notenmaterial, aus dem jetzt die beiden Spitzenorchester Frankreichs spielen. Und wenn man dann überlegt, dass ein Alumnus der Universität Siegen die Noten hergestellt hat, das ist ein wirklich unglaubliches Gefühl.“

Thomas Schmölz betont, dass es auch viel Glück gebraucht habe, dass er heute ein erfolgreicher Musikproduzent ist. Jedoch kann eindeutig gesagt werden, dass besonders die Liebe zur Musik im Einklang mit der Fähigkeit, Bewegtbildern und ihren Charakteren durch Musik neues Leben einzuhauchen, der Kern Schmölz Erfolges ist.


Dieses Porträt basiert auf einem Interview mit Thomas Schmölz, geführt/verfasst von Antonia Blumberg.

 
 
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