Thomas Vogel
Thomas Vogel ist eine „eierlegende Wollmilchsau“ – und das ist keine Beleidigung, sondern in seiner Branche ein Kompliment, zudem die Bezeichnung eines ehemaligen Dozenten bezogen auf die Anforderungen an die Absolventen des Studiengangs Medienplanung, -entwicklung und -beratung (kurz „M-PEB“) der Universität Siegen, von denen Thomas Vogel einer ist. Generalisten also. In einer kleinen Firma wie der Filmproduktion Bewegte Zeiten in Wiesbaden ist es von großem Vorteil, mehrere Bereiche aus dem Medienkontext abdecken zu können. Seit August 2008 arbeitet Thomas Vogel dort als Redakteur und als Autor, manchmal auch als Regisseur, in der Schnittregie, in der Online-Redaktion, und und und.
Bleib neugierig und verrückt
Was uns Steve Jobs mit „stay hungry, stay foolish“ nahe legen möchte, nimmt sich Thomas Vogel tagtäglich zu Herzen. Sein Wissenshunger hat ihn dorthin gebracht, wo er gerade steht und treibt ihn ständig weiter. Er hat es sich zu einer Art Lebensphilosophie gemacht, neugierig zu bleiben und einen gewissen Grad an Verrücktheit nicht zu verlieren. Würde es das vermeintliche Schubladendenken geben, hätte man einen gelernten Banker eigentlich in dem Fach „steif“ gesucht. Doch Thomas hat Vielseitigkeit schon immer gereizt. Bereits mit 14 war ihm bewusst, dass sein späterer Beruf im kreativen Bereich sein muss. Dennoch hat er Umweg über die Ausbildung als Bankkaufmann bewusst gewählt. „Während der Schulzeit war klar, dass ich Tontechniker werden wollte“, erzählt er. „Ich musste aber feststellen, dass der Beruf perspektivisch auslaufen wird.“ Mediengestalter in Bild und Ton sollte es nun also sein. Leider waren die Ausbildungsplätze damals gering. WDR und ZDF haben zwar ausgebildet, aber auch ungefähr 2000 Bewerbungen auf acht Stellen erhalten. Vogels Bewerbung wurde direkt ausrangiert, da er noch keinen Zivil- oder Wehrdienst abgeleistet hatte. Plan B musste her.
„Vernunft mit Interessen verbinden“
Über eine kaufmännische Ausbildung bei der Dresdener Bank in Frankfurt wollte er in die Abteilungen der bankinternen Unternehmenskommunikationsarbeit kommen. Doch zu Zeiten des Börsencrashs als die Aktien in den Keller sanken, mussten die Banken Stellen abbauen. Seine in Aussicht gestellte Kommunikationsstelle wurde abgeschafft. Die Alternative: Den „kreativen Weg“ aufgeben und über ein BWL oder VWL Studium den klassischen Karriereweg eines Bankers einschlagen. Aber er hat „rechtzeitig die Notbremse gezogen“, wie Vogel es heute beschreibt, und sich nach Medien-Studiengängen mit praktischem Bezug umgeschaut. Nach Kürzung seiner Liste blieb die TU Ilmenau und die Universität Siegen zur Wahl. Er entschied sich für die Letztere , eine Wahl, die er heute nicht bereut. Die Interdisziplinarität des Studiengangs, von der die Professoren so schwärmten, hat auch Thomas Vogel überzeugt. „Das Studium hat mir die Möglichkeit gegeben, meine Fähigkeiten und Interessen zu professionalisieren.“, weiß er jetzt.
Viele sind im Laufe des Studiums ins Ausland gegangen, um Erfahrungen zu sammeln. Aber Vogel war es wichtiger bei der Vielfalt an Möglichkeiten herauszufinden, wo genau er beruflich hin möchte. „Nach dem Grundstudium habe ich mir bewusst ein Jahr Auszeit genommen und mir sozusagen selbst zwei Praxissemester organisiert“. Dabei ist er die verschiedensten Stationen durchlaufen. Von der Pressestelle der Stadt Siegen, über die Fernseh-Sendung „Late Lounge“, welche er selbst als „das Hessische Harald Schmidt“ bezeichnet, bis hin zur ZDF Kinderredaktion, wo er für das Magazin „PuR“ und für „Löwenzahn“ arbeitete.
Es geht nicht ohne Eigenverantwortung zu übernehmen
„Wenn man beruflich was Praktisches machen möchte, aber vorher nie in die Praxis gegangen ist, lernt man das auch nicht im Studium“, hat Thomas Vogel erfahren. „Das Studium kann einen natürlich dazu ermuntern in die Praxis zu gehen, aber es gehört auch Eigeninitiative dazu. Mir hat das Studium geholfen, organisiert zu arbeiten und meine Interessen zu intensivieren.“ Aber das konnte er nur, weil er sich selbst engagiert hat. Das Studium bot gewisse Freiheiten, Thomas Vogel hat sie genutzt. Bei PuR zum Beispiel bereitete er die Internetpräsenz für die einzelnen Sendungen auf. „Ich konnte mir Inhalte überlegen, die auch über die Sendung hinausgehen – Basteltipps, weitere Infos. Meine eigenen Ideen dazu beitragen, sie umsetzen. Und die Themen, dementsprechend auch die Arbeit, waren sehr vielfältig.“, erzählt Vogel. Ebenso vorher bei der „Late Lounge“. Dort haben sie die Sendungen tagesaktuell geplant, einmal die Woche war ein Prominenter zu Gast, es gab ein Quiz oder es wurden sich Spiele ausgedacht.
Während seines Studiums hat Thomas Vogel relativ schnell festgestellt, dass er ein „Filmfreak“ ist, was ihm vorher nicht so bewusst war. Neben dem Studium arbeitete er beim WDR und am Institut für Medienforschung an der Uni. Er erinnert sich noch gern an Herrn Kühnel, mit dem er seine Passion für Filme teilt und bei dem er sich in der Diplomprüfung über die Musik in den Filmen von Stanley Kubrik prüfen lies. Auch mit vielen Kommilitonen steht er noch im Kontakt.
Bilder sprechen lassen
Die Filmproduktion „Bewegte Zeiten“ wirbt mit Neugier auf Inhalte und Lust auf Bilder. „Es geht darum, ein Gefühl oder eine Stimmung durch bestimmte Bilder hervorzuheben. Wir haben den Anspruch, Themen auf eine andere Art und Weise aufzuarbeiten, als man es gewohnt ist.“ Die Filmemacher arbeiten frei nach dem Motto: Qualität ist nicht alleine eine Frage des Budgets, sondern vielmehr der eigenen Haltung und des eigenen Engagements.
Thomas Vogel macht auch selbst leidenschaftlich gerne Filme und produziert regelmäßig eigene Beiträge .Von klassischen Magazinstücken über TV-Dokumentationen bis hin zum Imagefilm für die freie Wirtschaft.
Momentan arbeitet er für ZDFinfo an einer 45-minütigen Dokumentation über die Firma Apple. Bei "Ulrich protestiert: Think different! Mythos Apple" hinterfragt ein Reporter kritisch den Mythos Apple und stellt sich und anderen die Frage „Was ist denn jetzt eigentlich so toll an dem Anbieter Apple, oder eben auch nicht?“. Vogel ist dafür mit ihm in Berlin unterwegs, dort wo ein neuer Apple-Store eröffnet werden soll, danach geht es weiter nach Hamburg, wo sie die Initiative Occupy Hamburg besuchen, die dort den Apple Store besetzt haben. Sie waren auch schon in Wien und haben sich mit Hartmut Esslinger getroffen, der als „Topstar im Industriedesign“ eng mit Steve Jobs zusammengearbeitet hat. Der Sendetermin für den Film steht bereits fest – es ist der 03. Juni um 23.15 Uhr.
Die Sache mit der Suche
„Ich bin zufrieden mit dem was ich mache. Ich freue mich, wenn ich arbeiten gehe“. Das können vielleicht die Wenigsten von sich behaupten. Thomas Vogel freut sich auf die Arbeit, weil er weiß, dass er sich an einem Tag mit Medizin beschäftigen kann, an einem anderen Tag mit Apple, dann wieder mit Kinderfernsehen. Und er lernt dabei selbst viel dazu. Ständig ist er auf der Suche nach neuen Themen. Und die Arbeit nimmt ihn auch im Alltag ein – beim Zeitung lesen scannt er das Blatt unterbewusst auf neue Themen, Filme analysiert er auf gute oder schlechte Produktion. Doch es gibt für Thomas Vogel auch eine andere Welt – die Familie. Als seine „persönlichen Interessen“ nennt Thomas Vogel seine Kinder.
Öfter auf das Bauchgefühl hören
„Nach dem Studium hätte ich fast wieder damit angefangen, den Vernunftweg einzuschlagen und in Schubladen zu denken.“, erinnert sich Vogel. Als er sich nämlich für Volontariate umgeschaut hatte - unter anderem bei Bewegte Zeiten - und sich zunächst nichts anbot, spielte er mit dem Gedanken, als ehemaliger Banker seinem „Lebenslauf“ gerecht zu werden und als Wirtschaftsredakteur zu arbeiten. „Diese Idee habe ich aber schnell wieder über den Haufen geworfen, als die Anfrage von Bewegte Zeiten kam, ob ich noch Interesse an einem Volontariat hätte“, erzählt Vogel mit einem Lächeln in der Stimme. Sein Bauchgefühl hat ihn nicht getrübt.
Dieser Artikel wurde verfasst von Eva-Maria Musholt und basiert auf einem Telefoninterview.