Prof. Dr. Kledi Xhaxhiu
Mit Herz und Verstand für die Umwelt
Der Chemiker Kledi Xhaxhiu widmet seine wissenschaftliche Karriere dem politischen Engagement als stellvertretender Umweltminister für sein Heimatland Albanien
Über die Kooperation zwischen der Universität Tirana und der Universität Siegen führte Prof. Dr. Kledi Xhaxhiu 2001 der Weg nach Siegen, um im Rahmen seines Diplomstudiums der Lebensmittelchemie seine Abschlussarbeit anzufertigen und hier für die Promotion in der Chemie an der Universität Siegen zu bleiben. Von dieser Zeit an entwickelte er eine starke und langfristige Verbindung zur Universität Siegen. Einen ganz entscheidenden Meilenstein legte er durch die Teilnahme an der Alumni Akademie 2014/2015, im Rahmen dessen er für ein Nachhaltigkeits-Projekt mit dem zweiten Preis ausgezeichnete wurde. Dieses Projekt war der Start in seine politische Karriere. Heute ist der Alumnus als stellvertretender Umweltminister in seinem Heimatland Albanien tätig und führt- soweit möglich- seine Forschung und Lehre an der Universität Tirana fort.
Als Wissenschaftler und Politiker für den Schutz der Umwelt
Kledi Xhaxhiu liegt die Umwelt sehr am Herzen. Er weiß nicht nur, wie schützenswert die Flora und Fauna seines Heimatlandes ist, sondern er ist sich auch gerade aus der Perspektive eines Chemikers bewusst, dass er selbst einen wichtigen Beitrag für den Schutz der Umwelt leisten kann. Die Arbeit als Politiker, Wissenschaftler und Lehrender erfüllt ihn daher mit großer Zufriedenheit.
Chemie ist seine Leidenschaft
Bereits mit dem Gewinn des ersten Platzes bei einer von seiner Schule organisierten Chemie-Olympiade zeichnete sich seine Leidenschaft für dieses Fach ab. Besonderes Interesse und Fleiß verhalfen ihm zu Bestnoten im Chemie-Studium und ermöglichtem ihm schließlich, als einer der ersten Studenten seiner Heimatuniversität Tirana seine Diplomarbeit an der Partner-Uni in Siegen anzufertigen - ein an seiner Fakultät damals sehr begehrtes und rares Angebot.
Neue Perspektiven an der Universität Siegen
Im Interview erzählt mir Kledi Xhaxhiu von seiner ganz besonderen Verbindung zur Universität Siegen. Er ist sehr dankbar über seine damalige Gelegenheit, seine Diplomarbeit Kooperation mit der Universität Siegen und seine Promotion bei Prof. Dr. Hans-Jörg Deiseroth in der Anorganischen Chemie an der Universität Siegen schreiben zu können. Und somit hält er weiterhin mit großem Interesse Kontakt über das Alumni-Netzwerk. Insbesondere die Teilnahme an der vom DAAD geförderten Alumni Summer School 2013 und der daraufhin folgenden Alumni Akademie „Wege zur Nachhaltigkeit - Die internationale Zukunftswerkstatt“ in den Jahren 2014 und 2015 eröffnete ihm eine ganz neue berufliche Perspektive. Nach einer Sensibilisierungsphase mit interdisziplinären Betrachtungen der Zusammenhänge von Bildung, Umwelt und Wirtschaft während der Summer School bot die Alumni Akademie den internationalen Teilnehmern die Möglichkeit, im interdisziplinären und interkulturellen Austausch eigene Projekte im Sinne der nachhaltigen Entwicklung zu entwickeln und umzusetzen. Für sein Projekt „Herstellung von spanplattenähnlichen Tafeln aus Seegras für kostengünstigere, leichtere und dauerhafte Bauwerke in Küstenbereichen“ erhielt er den zweiten Preis des Alumni Sustainability Award der Universität Siegen und des Kooperationspartners, der Alanus Hochschule. „Das ist eine gute Möglichkeit, Naturmaterialien zu recyceln“, erklärt der Alumnus die Idee hinter seinem Projekt. Dank des von der Heinrich Georg GmbH Maschinenfabrik in Kreuztal gestifteten Preisgeldes in Höhe von 1.500 Euro, konnte der Alumnus sein nachhaltiges Projekt in die Tat umsetzen. Das albanische Unternehmen, das sich der Herstellung der Isolier-Tafeln angenommen hat, sei das erste Unternehmen in Albaniens Geschichte, das den Naturschutz fördere, so Kledi Xhaxhiu. Die eigentliche Innovation liege darin, dass die Verarbeitung von Seegras zu Baumaterial den Seegras-Abfall auf Deponien deutlich reduziere.
Sprung von der Forschung und Lehre in die Politik
Überreicht wurde ihm der Preis von dem Schirmherrn der Alumni Akademie, Johannes Remmel, Minister für Umwelt und Verbraucherschutz in NRW und selbst Alumnus der Universität Siegen. Zu diesem Zeitpunkt ahnte Kledi Xhaxhiu noch nicht, dass er selbst bald den Weg in die Umweltpolitik gehen würde. „Meine Arbeit im Rahmen der Alumni Akademie hat sehr stark dazu beigetragen“, so der Alumnus über den unerwarteten Karrieresprung. Genau in der Zeit, als er im September 2015 mit seinem Preis von der Alumni Akademie nach Albanien zurückkehrte, trat der dortige Premierminister mit ihm in Kontakt. Dann nahm alles einen schnellen Verlauf. Bereits im März 2016 stand er als stellvertretender Umweltminister im Amt. Von jetzt auf gleich war er nicht nur Wissenschaftler, sondern gleichzeitig auch Politiker.
Jonglieren zwischen zwei Jobs
Zusätzlich zu seiner Haupttätigkeit nimmt sich der Politiker einen Tag in der Woche weiterhin Zeit für seine Professur an der Universität Tirana, welcher er bereits vor seinem Einstieg in die Politik nachging. Er lehrt nicht nur, sondern betreut auch Bacheloranten und Promovierende. Auch diese Tätigkeit ist ihm sehr wichtig. Deshalb versuche er, beide Jobs so lange wie möglich weiterzumachen - auch damit seine Erfahrungen und seine investierte Zeit nicht verloren gingen, so Kledi Xhaxhiu. Aus diesem Grund nimmt er sich abends nach seiner Arbeit Zeit, um sich über den aktuellen Stand der Wissenschaft zu informieren. Der Alumnus weiß, dass „die Wissenschaft in gewissen Bereichen schnelle Fortschritte macht“, und daher nicht vernachlässigt werden dürfe. „Das ist ein bisschen anstrengend, aber das macht auch Spaß“, betont er seine Motivation für sein Engagement in Politik, Lehre und Forschung. Ein weiteres Argument für seine Tätigkeit an der Uni Tirana sieht der Alumnus in der Verantwortung, durch Bildung für eine nachhaltige Entwicklung von Umwelt und Entwicklung zu sorgen. Angesichts seines hohen Engagements überrascht es daher nicht, dass ihm für seine privaten Hobbys und Interessen im Alltag nur noch kaum Zeit bleibe.
Engagement für die Umwelt in Politik und Forschung
Der Alumnus verbindet mit seiner
Diplomarbeits-Phase wichtige Erfahrungen und seinen ersten
entscheidenden Anstoß für seine spätere innovative Projektidee.
In dieser Zeit, in der er am Institut für analytische Chemie
bei Prof. Wenclawiak an seiner Diplomarbeit arbeitete, lernte
er ganz viel zum Thema Umwelt. Das Thema Entsorgung z.B. war
für ihn bis dahin ganz neu, wie er erklärt: „Über
Entsorgungsprobleme habe ich nur in Deutschland etwas gelernt.
Bei uns gab es damals so etwas nicht.“ Doch auch darüber hinaus
spricht Kledi Xhaxhiu eine Vielzahl weiterer Probleme in seinem
Heimatland an, wie die extreme Umweltbelastung durch den hohen
CO2-Ausstoß. Daher habe das Umweltministerium die Zielsetzung
vereinbart, die Emissionen bis 2030 auf 11,5% zu reduzieren.
Weitere Vorstöße des Ministeriums umfassen Jagdverbote zum
Schutz bedrohter Tierarten, deren Bestand durch ausländische
und einheimische Jäger in den letzten Jahrzehnten dezimiert
worden war, sowie der Kampf für bessere Tierhaltung. Im Zuge
dessen seien bereits 70 Bären aus unwürdigen Bedingungen
befreit und zu ihrem eigenen Schutz in Tierparks untergebracht
worden. Schließlich kommt Kledi Xhaxhiu auch auf das Thema
Energiebedarf zu sprechen. Eine Umstellung auf erneuerbare
Energie käme auch dem Schutz der Wälder zu Gute, deren Holz
noch immer für einen Großteil der Energiegewinnung herangezogen
werde, so der Alumnus. Auch hier habe sich einiges getan. Der
stellvertretende Umweltminister weiß um die Arbeit, die noch
getan werden muss, freut sich jedoch über die „ganz vielen
tollen Sachen, die gemacht wurden“.
Sein Engagement für den Umweltschutz spiegelt sich auch in der
wissenschaftlichen Tätigkeit des Siegener Alumnus wider: So
befasst sich eine von ihm betreute Abschlussarbeit mit
Gewässerschutz und dem Auffangen von Schwermetallen. „Ich
versuche durch solche Studien die Gewässer zu schützen“ - eine
Unternehmung, deren Wichtigkeit angesichts bedeutsamer
Natur-Sehenswürdigkeiten wie den Ohrid-See als einen der
tiefsten und ältesten Seen der Welt kaum zu überschätzen ist.
„Man kann immer Dinge finden, bei denen man helfen kann - und
das ist eine sehr schöne Sache“, freut sich Kledi Xhaxhiu.
Nachhaltigkeit ist seine Zukunftsmission
Für die Zukunft der albanischen
Umweltpolitik setzt der stellvertretende Umweltminister auf die
Neue Linke: „Sie arbeitet stark daran, die Umwelt im Lande zu
schonen“, wie er erklärt. Außerdem sei es die erste Regierung
in der Geschichte Albaniens, die sich besonders stark für den
Umweltschutz einsetze. Kledi Xhaxhiu ist sich sicher, „dass
sich unsere Umweltpolitik genauso entwickeln wird wie die in
Deutschland oder in Europa“. Um dem Ziel einer nachhaltigen
Zukunft näherzukommen, welches ihm sehr am Herzen liegt,
brauche man mehr Umweltfachleute, so der Chemie-Alumnus. Er
spricht auch das Thema EU-Beitritt an: „Wir hoffen auf einen
baldigen Beitritt in die EU“. Er ist sich sicher, dass sich die
harte Arbeit der Politik auszahlt und Albanien in 4 Jahren voll
zur Europäischen Union gehören wird.
Die Frage, ob er sich rückblickend noch einmal für den gleichen
Karriereweg entscheiden würde, beantwortete er ohne Zögern:
„Ich habe keinen Fehler gemacht, aber wenn ich die Möglichkeit
habe, in der Politik zu bleiben, werde ich weitermachen, mit
dem Gedanken die Umwelt in Albanien zu retten.“ Für den Fall,
dass er irgendwann nicht mehr die Möglichkeit haben sollte,
umweltpolitisch aktiv mitzuwirken, möchte er weiter als
Lehrender und Forscher tätig sein - „aber mit deutlichem
Schwerpunkt auf Themen des Umweltschutzes“, ist sich Kledi
Xhaxhiu sicher. Fest steht, dass Kledi Xhaxhiu mit seiner
allumfassenden Arbeit in Politik, Bildung und Forschung nicht
nur heute, sondern auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag für
eine nachhaltige Entwicklung in seinem Heimatland leisten
wird.
Dieses Porträt basiert auf einem Interview mit Prof. Dr. Kledi Xhaxhiu und wurde von Bettina Stephan verfasst.