Kavalio
Bereits während seines Bachelor- und Masterstudiums an der Universität Siegen hat Philipp Pfeifer als Projektleiter in der Automobilindustrie gearbeitet und führte Teams von bis zu 30 Mitarbeiter:innen. Mit Mitte 20 hat er mit seiner Frau Alexandra Pfeifer, die ebenfalls in Siegen Betriebswirtschaftslehre studiert hat, das junge Reitsport E-Commerce Brand kavalio.de: Ein Onlineshop für professionelles Pferde-, Hund- und Reiterequipment.
Wie seid Ihr auf die Idee zu kavalio.de gekommen? Wann war die offizielle Gründung? Gab es einen Businessplan?
Dass meine Frau Alexandra etwas mit Pferden machen möchte, war ihr schon direkt nach dem Studium klar. Im Jahr 2016 gründete sie dann das Unternehmen. 2017 kündigte auch ich meinen Job als Projektleiter um zusammen mit Ihr an dem Unternehmen arbeiten zu können. Wir haben es sehr gut hinbekommen, uns die Aufgaben nach den jeweiligen Stärken aufzuteilen. Alexandra kümmerte sich als Reiterin mehr um Einkaufsthemen, ich mehr um die Thematik E-Commerce & digitales Marketing. Einen Businessplan hatten wir zu Beginn nicht. Wir haben uns damals dafür entschieden ohne Investor zu starten. Für uns gab es daher sehr wenige Einschränkungen und wir konnten uns frei entwickeln. Als wir merkten, dass wir eine interessante Stellung im Markt erreichen können, haben wir uns für Fremdkapital von der Bank entschieden. Mit diesem Schritt wurde eine sehr schnelle Skalierung möglich. In dieser Phase haben wir uns vermehrt auch mit Planungsszenarien auseinandergesetzt. Heute ist die Planung der nächsten Monate, Quartale & Jahre für uns Tagesgeschäft, welche wir detailliert und strategisch angehen.
Wann habt ihr den Entschluss gefasst, ein eigenes Unternehmen zu gründen? Was war der ausschlaggebende Moment, der euch zur Gründung bewegt hat?
Bei den damaligen Mitbewerbern haben wir im Jahr 2016 Schwächen ausgemacht. Wir hatten das Gefühl, dass der Markt in gewisser Weise auf uns wartet. Zu dem Zeitpunkt hatten wir das Bedürfnis Kunden aus dem Reitsport einen größeren Mehrwert bieten zu können, als dass es bisher üblich war. Heute hat sich die Branche stark verändert. Wir konkurrieren als Premium Händler mit vielen anderen Retailern und arbeiten täglich daran unsere Position zu stärken & auszubauen.
Was ist das Alleinstellungsmerkmal von kavalio.de?
Definitiv die Kundennähe und der Umgang mit dem Kunden. Dafür haben wir neben ComputerBILD Auszeichnungen vom Handelsblatt, der Süddeutschen Zeitung, CHIP, Focus und der BILD erhalten. Wir haben zusätzlich einige Marken exklusiv im Vertrieb und bauen unsere Stellung auf unseren Social Media Kanälen weiter aus. Mittlerweile folgen uns schon ca. 170.000 Abonnenten allein bei Instagram. Seit kurzer Zeit skalieren wir auch unseren Kanal bei TikTok. Hier folgen uns aktuell ca. 30.000 Follower. Ein wichtiger Bestandteil ist auch unser Charity Projekt „kavalio Helping Hearts“. An unserem Erfolg teilhaben zu lassen und mit denen zu teilen, welche diese Hilfe dringend benötigen ist die Vision unseres Projektes kavalio Helping Hearts. Neben Gnadenhöfen unterstützen wir andere bedürftige Einrichtung, welche sich der Rettung von Tieren verschrieben haben.
Was war die größte Herausforderung, der ihr bei der Gründung von kavalio.de gegenüber gestanden habt?
Für uns war die Finanzierung des Wachstums sicherlich ein Kernthema. Wir haben unser Unternehmen sehr lange gebootstrapped. Das bedeutet, dass wir aus dem eigenen Cashflow reinvestiert haben bzw. lediglich über externe Bankfinanzierungen gearbeitet haben. Nicht jedoch Gesellschaftsanteile an einen Investor verkauft haben. Ein üblicher Weg ist das nicht. Glücklicherweise haben wir uns sehr früh am Markt etablieren können. Oft geht auf der Reise das Geld aus und es werden Investoren schon in den ersten Jahren hinzugezogen. Das konnten wir umgehen und uns damit unternehmerisch sehr gut positionieren.
Habt Ihr die Gründungsunterstützung der Uni Siegen in Anspruch genommen? Welche Unterstützung war für Euch besonders wertvoll?
Wir haben tatsächlich keine Unterstützung in Anspruch genommen. Wir hatten in den ersten 5 Jahren nie Berater oder Ähnliches. Die verschiedenen Institutionen aus dem Siegerland, welche in solchen Fällen unterstützen kannten wir zu diesem Zeitpunkt nicht. Vermutlich wäre es jedoch an manchen Stellen mit Unterstützung nochmal schneller und effizienter gegangen. Daher kann ich jedem empfehlen nach der Gründung Unterstützung anzunehmen bzw. das Netzwerk frühzeitig auszubauen und zu nutzen.
Was ratet ihr jungen Gründer:innen? Welche Tipps möchtet Ihr mit auf den Weg geben?
Ein Schlüssel zum Erfolg war auf jeden Fall stets motiviert und zielstrebig am Ziel bzw. der Vision des Unternehmens weiterzuarbeiten. Im engeren Umfeld gab es immer Menschen, die den Fortschritt anders deuteten bzw. nicht sahen. Hier ist es wichtig sich auf sich zu konzentrieren bzw. ein Umfeld zu schaffen, welches den eigenen Fortschritt supportet und realistisch spiegelt.
Welche Eigenschaften sollten junge Gründer:innen in Euren Augen mitbringen?
Eine sehr gute Eigenschaft meiner Meinung nach ist es, wenn ein Gründer eine Art „Generalist“ ist. Eine nicht allzu tiefe Fokussierung, führt zur Vermeidung, bestimmte Bereiche aus dem Auge zu verlieren. Ist der Gründer nicht allein, ist es sinnvoll die Eigenschaften/ Stärken auszugleichen bzw. sich mit dem unterschiedlichen Fokus gegenseitig zu entlasten. Aber vor allem zählen Eigenschaften wie Zielstrebigkeit, Motivation, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen zur Gründungsvoraussetzung
Würdet Ihr ein weiteres Mal gründen?
Jederzeit gerne wieder. Der Vorteil ist, dass ich genau wüsste, was mich erwartet. Viele Dinge würde ich im Voraus anders angehen und damit Ressourcen sparen bei der Umsetzung. Aktuell konzentrieren wir uns sehr stark auf die „Neugründung“ von Brands innerhalb des Unternehmens. Im Fokus stehen Eigenmarken für unsere Shops. Zusätzlich dazu haben wir vor wenigen Monaten die Holding Shinebright Ventures GmbH gegründet, um sehr flexibel im Markt agieren zu können. Wir werden damit mittelfristig als Early Stage Investor in der Region auftreten.
Welche Rolle spielen Netzwerkpartner und Kontakte?
Eine unglaublich große Rolle! Die ersten Jahre waren wir sehr stark fokussiert auf das Business. Das Netzwerk hatte in dieser Phase keine hohe Priorität. Meine Erfahrung ist, dass jeder Gründer dies schon von Beginn stärker betreiben sollte. Im Nachgang kann ich dies sehr gut beurteilen und bin der Meinung, dass mit einem guten Netzwerk viele Herausforderungen wesentlich leichter zu lösen sind. Mittlerweile habe ich ein sehr großes Netzwerk gerade im Bereich der Start-Up Szene sowie dem Bereich Venture Capital. Regelmäßige Treffen in anderen Städten nutze ich zum Austausch mit der Community.
Was sind Eure Zukunftspläne?
Wir möchten weiterhin stark skalieren, weitere Mitarbeiter aus der Region einstellen & alle Potenziale ausschöpfen. Aktuell planen wir in weniger als 12 Monaten auf über 100 Mitarbeiter zu wachsen. Die Internationalisierung haben wir im Jahr 2022 begonnen und möchten wir nun stark ausbauen. Die Vision der „größte und beste deutsche Reitsporthändler“ (speziell für kavalio.de) steht jedoch weiter als Vision über Allem. Um auch in Zukunft schnelle und zuverlässige Partner für alle Kunden weltweit zu sein, werden wir uns in wenigen Jahren räumlich nochmals verändern. Mittelfristig möchten wir unsere Raumverhältnisse wesentlich vergrößern, um auch langfristig allen Anforderungen gewachsen zu sein. Speziell im Bereich Hund werden wir unseren Shop WOOF&WAG weiter ausbauen. Mittlerweile sind wir ein Multibrand E-Commerce Unternehmen, welches den heutigen Herausforderungen gerecht wird. Wir haben eine Plattform und ein Konstrukt geschaffen, welches sehr flexibel nutzbar und erweiterbar ist. Die Basis um das Unternehmen nun zu einem der größten E-Commerce Unternehmen in Deutschland zu machen ist sehr gut. Hierfür benötigen wir Fläche für smarte Logistik sowie genügend Raum, in denen wir kreative Prozesse anstoßen können.
Dieses Porträt basiert auf einem Interview mit Philipp Pfeifer im November 2022 und wurde von Tabea Nosbüsch verfasst.
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