Dr. Seyed Mohammadamin Emami
Dr. rer. nat. Seyed Mohammadamin Emami, Alumni der Bau- und Werkstoffchemie der Universität Siegen, hat einen ausgewöhnlichen Beruf. Er arbeitet in der Gegenwart als Associated Professor an einer Universität im Iran, habilitiert in Deutschland und reist zwischendurch zurück in die Vergangenheit.
Zwischen Gegenwart und Vergangenheit
1998 reiste Emami aus dem Iran nach Mainz und begann dort, an der Johannes-Gutenberg Universität, das Fach Mineralogie mit dem Schwerpunkt Lagerstättenkunde und als Spezialgebiet Archäometallurgie zu studieren. Ab diesem Zeitpunkt reiste Emami nicht nur geographisch, sondern auch immer wieder in die prähistorische Zeit zurück.
Prähistorische und geographische Reisen
In Mainz beschäftigte er sich mit archäometallurgische
Untersuchungen von antikem Kupfer an Lagerstätten im Iran,
Deutschland und Südeuropa in der AG Archäometallurgie unter der
Leitung von Herrn Professor Dr. Ingo Keesmann. Der vielseitige
Charakter des Faches Mineralogie fazinierte ihn immer wieder,
insbesondere die Angewandte Mineralogie und Kristallographie.
Darüber hinaus orientierte er sich in die Richtung Angewandte
Mineralogie und lernte dadurch den dazugehörigen Leiter der
Arbeitsgruppe, Prof. Reinhard Trettin, kennen, der Emamis
Begeisterung für dieses exotische Fach fördert. Schließlich
wechselte Professor Trettin an die Universität nach Siegen.
Emami bewarb sich dort um eine Promotionsstelle und folgte
seinem Förderer an die Universität Siegen. In Siegen arbeitete
er in der AG Bau- und Werkstoffchemie mit und verknüpfte
Materialwissenschaften mit der Archäologie als Archäometrie des
antiken Objektes. Der Doktorand charakterisierte antike
Keramiken und deren Verfahrenstechnik, untersuchte historische
Bau- und Werkstoffe und spezialisierte sich in seinem Fach
Mineralogie auf petrologische Untersuchungen antiker Schlacken
und petrographischer Prüfung von Natursteinen. Zudem führte er
mithilfe von Polarisations- und Auflichtmikroskopie
Untersuchungen durch um kristalline Werkstoffe zu analysieren.
Archäometallurgische Untersuchungen machten es ihm möglich
Metalle bzw. Erzminerale zu beobachten und dessen optische
Eigenschaften zu detektieren und sie somit ihrer
Verfahrenstechnik sowie der historischen und geographischen
Herkunft zuordnen zu können.
Emami betonte:“ Die Zeit als Doktorand in der Arbeitsgruppe
Bau- und Werkstoffchemie und die Mitarbeit mit den Kollegen
waren für mich mein persönlicher Goldschatz, den mir niemand
hätte ausgraben können.“
Prof. Trettin und Emami werden fortan bis heute durch die
Universität immer in Kontakt stehen. Mit dem erfolgreichen
Abschluss seiner Dissertation tritt Emami seine Heimreise
zurück in den Iran an, wo er bis heute lebt und sich der
Forschung vor Ort widmet.
Aber nicht nur Forschung
Aktuell ist Emami Associated Professor an der Art Universität Isfahan, Iran tätig. Vorlesungen über Archäometallurgie und Materialwissenschaft in Archaeologie gehören natürlich zum universitären Alltag. Neben der Lehre in seinem Feld ist er in Prozesse der Hochschulentwicklung an der iranischen Universität eingebunden und leitet das Sekretariat als Director of Education and Graduate Studies. Mit Unterstützung seines Sekretariats vergleicht er Studenten im Verlauf ihres Studiums und betrachtet regelmäßig wie sich das Studium der Studenten gestaltet. Das Sekretariat nutzt Evaluationsinstrumente, um entscheidungsrelevante Daten für die Hochschulplanung zu sammeln und Informationen über interne Entwicklungsprozesse zu liefern. In seiner Universität herrscht keine strikt geordnete Bürokratie wie in Deutschland, wo alles rechtlich und organisatorisch klar ist. Emami erklärt schmunzelnd, dass sein Team sogar bürokratisch „eingedeutscht“ sei. Das Wort „aber“, wie Emami anmerkt, mache allerdings die hart erarbeitete Klarheit immer wieder zunichtemacht.
Schätze suchen ist eine Wissenschaft für sich
Prähistorische Schätze auszugraben ist gar nicht so einfach.
Was sich unter der Erdoberfläche verbirgt, ist ungewiss!
Im Rahmen seiner Habilitation knüpft Emami an seine Arbeit während seiner Dissertation an. Im Oktober 2013 nahm er an einem Expeditionscamp in Kooperation mit Frankreich und mit der Uni Ravenna in Italien teil. Ausgrabungen im Iran sind besonders begehrt, da sie historisch viel älter einzuordnen sind als die in anderen Teilen der Welt. Emami schwärmt dazu: “Jeder, der auf den Spuren der alten Karawanen der Seidenstrasse wandelte oder sich von den Zeugnissen der Vergangenheit verzaubern ließ, hat sich sein eigenes Bild von einem der geschichtsträchtigsten Länder der Welt gezeichnet.“ Die Fundstücke stammen teilweise sogar aus der Zeit vor Christus. Nur in Syrien, Iraq oder Ägypten gäbe es Funde, die ein vergleichbares Alter hätten, so der Dozent. Während den Ausgrabungen stößt Emami auf allerhand Gegenstände wie Keramik, Scherben, Kacheln, Gläser, Knochen, Metalle, Edelsteine oder Kleidung. Der Archäometallurge fokussiert in seinem Gebiet vorzugsweise prähistorische Metalle und Keramiken. Forschungsgegenstand sind für ihn die landesspezifischen Verfahrenstechniken zur Herstellung von Objekten. So wurde Kupfer im Iran anderes hergestellt als Kupfer in der Türkei. Man weiß nie, was eine Ausgrabung für Überraschungen verbirgt, die dann ans Tageslicht kommen. Dekor und lokale Verfahrenstechniken sind Indikatoren für Herkunft und Herstellungszeit.Emami erklärt, dass es sogar Unterscheidungen zwischen Funden aus Nord- und Südiran gibt.
Zu Beginn einer jeden Expeditionen steht immer eine Fragestellung, die es zu beantworten gilt und die Ausgrabungsverfahren sowie anschließende Analysen der Fundstücke charakterisiert. Bei großen Ausgrabungen arbeiten alle im Team und jeder interessiert sich für die Funde, mit denen sich die Kollegen beschäftigen; denn jede Ausgrabung ist ein kulturelles Gut, ein „Beweis für die Vergangenheit“ schwärmt Emami. Gemeinsam haben alle Funde, dass man mit ihnen also ein Stück Geschichte ausgräbt, dessen Bedeutung und Wert ergründet werden will. Nach der Ausgrabung hält man plötzlich ein unschätzbar wertvolles Geschenk in den Händen. Emami definiert die Ausgrabung als einen Weg in die Vergangenheit, auf dem man nicht nur zurück geht, sondern durch den der Forscher auch vorwärts kommt; denn der Weg in die Vergangenheit führt zur Quelle des Ursprünglichen. So offenbaren sich sowohl künstlerisches Schaffen, als auch der Sinn ihrer Methoden. Letztendlich offenbart die Ausgrabung das Wissen über die Vergangenheit und erlaubt reflektierende Rückschlüsse auf das Leben heutzutage.
Geochemisch, mineralogisch, international und Studenten
Nach den Ausgrabungen wird das Material geteilt. Es gibt
verschiedene Experten, die dann auf ihrem Gebiet forschen.
Jeder Fund ist ein Teil eines Puzzles, das zusammengefügt
werden soll. Also ist auch direkt das ganze Team gefragt und
involviert. Woher stammt die Ausgrabung, was stellt sie dar,
woraus besteht sie? Wie kann der Fund untersucht oder gar
zerlegt werden? Manchmal muss eine zerstörungsfreie
Untersuchungsmethode gefunden werden. Die Verfahrenstechniken
erschließen die mineralogische und geochemische Textur eines
Fundes. Es wird viel mikroskopiert um die Paragenese des
prähistorischen Gegenstands etwas zu erforschen. Schwer bewacht
werden die Ausgrabenden von Security, die Fundstücke werden auf
das Genauste kontrolliert.
Besonders gute Studenten begleiten Emami auch auf seinen
Ausgrabungsexpeditionen und arbeiten dort auch praktisch. Emami
passt den Schwierigkeitsgrad seiner Aufgabenstellung an die
lernende Gruppe an. Je erfahrener man ist, desto präziser muss
gearbeitet werden und desto tiefer kann man auch graben. Man
bedenke, dass es man Unikate ausgräbt und keine
Massenkonsumprodukte. Es ist Emami sogar möglich Frauen und
Männer gemischt mitzunehmen, was im Iran eher unüblich ist und
manchen Menschen verwundert.
Auf den Expeditionen treffen natürlich Experten aus
verschiedenen Disziplinen aufeinander und bereichern sich im
Camp durch ihr Wissen gegenseitig. Archäologen, Restauratoren,
Chemiker, Physiker, Geologen, Mineralogen arbeiten zusammen und
es prallen jeden Tag Welten aufeinander, im positiven Sinne.
Das Camp hat einen interdisziplinären Charakter und auch das
Wissen der Teilnehmer ist international. „Man lernt voneinander
und diskutiert jeden Abend bis zum Schlafengehen“, so Emami.
Nicht selten nutzen die Teilnehmer die internationale Camp
Situation um neue Sprachen zu lernen und vorhandene
Sprachkenntnisse aufzufrischen. Emami findet es immer wieder
schade, von den geschätzten Kollegen Abschied zu nehmen und
freut sich auf ein baldiges Wiedersehen im nächsten Camp.
Altes Gut wird ausgegraben und neues Wissen wächst!
Dieser Artikel wurde verfasst von Friederike Breuer und basiert auf einem Telefoninterview.