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Kristian Kosch

Wenn Kunst und Industriekultur zur Faszination werden. Kristian Kosch – Künstler, Heimatforscher und Grundschulpädagoge

Von 2000 und 2006 studierte Kristian Kosch an der Universität Siegen Grundschullehramt mit den Fächern Kunst, Deutsch und Mathematik. Nach seinem Abschluss ging der gebürtige Siegener Ende 2006 nach Düsseldorf, um dort sein Referendariat zu absolvieren. 2009 zog er nach Köln. Nach einer neunjährigen Tätigkeit an einer Kölner Grundschule kam der Alumnus im Sommer 2018 wieder zurück ins Siegerland. Seitdem unterrichtet er an der Geisweider Schule. Kristian Kosch ist nicht nur Lehrer, sondern auch freischaffender Künstler und begeisterter Heimatforscher. Besonders interessiert ihn die Siegener Schlackenhalde „Monte Schlacko“, deren Geschichte er schon seit über zehn Jahren erforscht.

Faszination Monte Schlacko

Für Kristian Kosch ist der Monte Schlacko seit jeher ein Faszinosum. „Mich hat die Halde schon immer magisch angezogen“, erzählt er. „So wie der Typ im Film Unheimliche Begegnung der dritten Art unwiderstehlich vom Devils Tower angezogen wird“. Gründe dafür seien der weithin sichtbare, exponierte und teilweise kahle Berg in einer ansonsten waldreichen Umgebung sowie die seltsam fesselnde ebenmäßige Dreiecksform und Symmetrie der Wetterseite. Neben der Form fasziniert ihn die Geschichte der von 1900 bis Ende 1929 aufgeschütteten Schlackenhalde – ferner die „menschliche Interaktion auf der Halde“ sowie deren Geologie und Biologie. Außer dem vulkanisch anmutenden Industriedenkmal prägen die Deutsche Edelstahlwerke GmbH den Siegener Stadtteil Geisweid und seine Geschichte. „Die Geräusche der Stahlwerke, das ständige Rumoren, Schellen, Scheppern und Krachen hört man bis zur Schule“, so Kristian Kosch. Den Lehrer stört das nicht. Ganz im Gegenteil: Er genießt die Geräusche der Stahlverarbeitung während des Unterrichts. Seit über zehn Jahren recherchiert er zur Geschichte des Monte Schlacko und schreibt an einer industriegeschichtlichen Abhandlung, die in nächster Zeit veröffentlicht wird. Der engagierte Heimatforscher sitzt nicht nur im stillen Studierstübchen, er setzt sich auch aktiv für den Schutz des 2008 unter Naturschutz gestellten Biotops ein. Im Sommer 2018 fand er ein total vermülltes Haldengelände vor. Er zögerte nicht lange und startete im Alleingang eine Säuberungsaktion, bei der elf Säcke Unrat und viel Sperrmüll zusammenkamen.

Kunst als spielerischer Prozess

Kunst spielte schon früh eine wichtige Rolle in seinem Leben. Seit frühester Kindheit war ihm das Zeichnen und Malen – „ein Ausdrucksmittel für wildes Herumfantasieren“ – ein Grundbedürfnis. Seit seinem 16. Lebensjahr arbeitet Kristian Kosch – beeinflusst durch Leben und Werk von Salvador Dalí – kontinuierlich und figurativ in den Medien Zeichnung und Malerei. Seitdem hat sich seine Kunst fortlaufend weiterentwickelt. Während er im Studium in seinen Gemälden Figuren zu narrativen Szenen koppelte, arbeitete er in der Zeit seines Referendariats ausschließlich zeichnerisch. Hier entstanden großformatige Zeichnungen, die sich in einem automatisch-assoziativen und spielerischen Zeichenprozess und dem allmählichen Anwachsen des Formates durch Hinzuaddieren von Papierstücken ergaben. Zudem besuchte der Alumnus im Wintersemester 2006 / 2007 als Gaststudent die Kolloquien von Professor Siegfried Anzinger an der Düsseldorfer Kunstakademie. 2009 erhielt der Künstler den Siegener Kunstförderpreis „kunstsicher“, der für ihn zum Motor für neue künstlerische Wagnisse im plastischen Bereich wurde. In dieser Phase experimentierte er in seinem „Atelierlabor“ mit verschiedensten Naturalien, die er im Wald sammelte: Pilze, Lehm, Erde, Wurzeln, Flechten, Blätter, Rinde, Harz, Knochen, Insekten. Auch ungewöhnliche Materialien wie Gelatine, Schweinenasen, Rinderohren, Hochofengasschlamm und Schlackensand flossen in seine künstlerischen Arbeitsprozesse ein. Aus dieser Experimentalphase kristallisierten sich die „Gelastiken“ heraus – Plastiken aus handelsüblicher Gelatine in Verbindung mit anderen Materialien. Bevor Kristian Kosch das Material Gelatine künstlerisch entdeckte, sei es sehr schwer gewesen, die Arbeiten vor dem Verfall, dem Verschimmeln, dem Insekten- und Mäusebefall zu retten, wie er berichtet. „Die angefressenen und zerbröselnden Arbeiten mussten immer wieder renoviert werden. Schließlich entsorgte ich alles“, so der Künstler. Seine ersten Arbeiten mit verschiedenen Naturalien waren daher nur von kurzer Dauer. Erst die Gelatine machte es möglich, empfindliche Materialien zu konservieren, zu stabilisieren und damit auch transportabel zu machen. Warum der Künstler von Gelatine so beeindruckt ist, kann er genau begründen: „Alle Säugetiere, auch der Mensch, besitzen es im Körper. Ich arbeite also mit einem körpereigenen Werkstoff“. Außerdem: „Gelatine hat ein schier unendliches Entwicklungs- und Variationspotenzial. Daher werde ich auch weiterhin mit diesem Material experimentieren, es mit anderen Materialien kombinieren und neue morphologische Varianten ausprobieren“, so der Künstler und Mitglied des Arbeitskreises Siegerländer Künstler (ASK).

Dass Kristian Kosch seine Kreativität voll auslebt, liegt auf der Hand. Fragt man nach, was sich hinter seinen außergewöhnlichen Kunstwerken verbirgt, bekommt man eine interessante Antwort: „Kunst ist für mich ein lustvolles Spiel, aus dem sich sukzessive Ordnungen entwickeln“, beschreibt er. „Meine Plastiken und Gemälde bedeuten oder meinen nichts. Sie sind offen und spielerisch entstanden und sollen auch so wahrgenommen werden“, ergänzt er weiter.

Auch in seiner Malerei herrscht das Grundprinzip des Zusammenbauens. Einzelmodule fügt er auf der Leinwand zu virtuos gemalten weiblichen und androgynen Figuren zusammen, die Themenfelder wie deutsche Geschichte, Mythologie, Fetischismus, Mode, Mangas und Comic-Superhelden aufgreifen. Für ihn geht es dabei um „pure Lust am Erfinden neuer Figuren, die quasi von alleine auf der Leinwand entstehen“. Das Ergebnis sei dabei jedes Mal überraschend: „Ich arbeite, weil ich nicht weiß, was rauskommt. Wenn ich wüsste, was rauskommt, würde ich nicht anfangen zu arbeiten“, erklärt er seine grundlegende Motivation.

Um seiner Kreativität freien Lauf lassen zu können, sind eine gewisse Ordnung und Ruhe sehr wichtig für ihn. Das merkte der Alumnus vor allem nach seiner Rückkehr von Köln nach Siegen, genauer Siegen-Setzen, im Sommer 2018: „In Köln litt ich immer mehr unter der permanenten Reizüberflutung. Das hat mich fertiggemacht. In Setzen – dieser kleinen beschaulichen Enklave der Ruhe und Ordnung – kann ich nun kontinuierlich und in kleinen Schritten ungestört künstlerisch arbeiten“, so Kristian Kosch. Für seine Ordnungsliebe sei es ebenso wichtig, Malerei und Plastik räumlich voneinander zu trennen, wie er verrät. Da der Künstler gleichzeitig als Lehrer tätig ist, genießt er die Freiheit, nicht unter finanziellem Druck Kunst schaffen zu müssen. Auch in Zukunft möchte er seinen Lehrerberuf beibehalten, um nicht irgendwann wie ein Automat für den Kunstmarkt fabrizieren zu müssen.

Grundschulpädagogik als Herausforderung und Berufung

Einmal Lehrer werden? Mit dieser Vorstellung hätte Kristian Kosch sich als Jugendlicher gar nicht anfreunden können. Die Zivi-Zeit änderte das. Während seines Zivildienstes an der Schule am Sonnenhang in Netphen-Deuz, einer Förderschule für geistige Entwicklung, stellte er fest, dass er „gut mit Kindern” kann. Bevor er sich für das Studium des Grundschullehramts entschied, studierte er zunächst „auf Magister“. Dieser Studiengang, „nachdem man alles und nichts machen kann“, war allerdings nichts für ihn. Er sattelte auf das Lehramt für die Primarstufe mit den Fächern Kunst, Deutsch und Mathe um. In diesem Studiengang hatte er „ein konkretes Ziel vor Augen“. Eine Abschlussprüfung legte er bei dem deutschlandweit renommierten und mittlerweile emeritierten Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Hans Brügelmann ab. „Er war eine Koryphäe auf seinem Gebiet“, so der Alumnus – „aber trotzdem sehr sympathisch, gar nicht abgehoben.“

Nachdem er das Studium und auch das Referendariat erfolgreich abgeschlossen hatte, war es sein Wunsch, in Düsseldorf zu bleiben und dort in seinen Beruf einzusteigen. Da dort Anfang 2009 jedoch alle Vertretungsstellen besetzt waren, zog er vorerst nach Siegen um und nahm ein paar Monate später, Anfang Mai, eine Vertretungsstelle an der Berthold-Otto-Grundschule in Köln-Holweide an. Auch wenn dies ursprünglich eine „Übergangslösung“ sein sollte, blieb er bis Sommer 2018 an der Schule. Diese Zeit war allerdings mit einigen Herausforderungen verbunden. Da viele Schüler mit multikulturellem Hintergrund große Sprachprobleme hatten, lag ein großer Teil seines Unterrichts in der Sprachförderung, u.a. durch „DemeK“-Übungen. DemeK steht für „Deutsch lernen in mehrsprachigen Klassen“. Auch sei er im Unterricht häufig mit verhaltensauffälligen, lernschwachen und kaum erzogenen Kindern konfrontiert gewesen, was den Lehrerjob nicht vereinfacht hätte. Umso wichtiger sei es daher gewesen, auf Disziplin und Ordnung zu achten und den Unterricht klar und kleinschrittig, u.a. durch Regeln und Rituale zu strukturieren. Trotz aller zeit- und energieintensiven Herausforderungen mussten natürlich die vorgegebenen Kompetenzen des Lehrplanes „durchgeboxt“ werden. In diesen neun Jahren übernahm Kristian Kosch die Leitung von drei Klassen. Die Zeit ab Sommer 2016, in der er 30 Kinder in der 1. Klasse hatte, war die anstrengendste für ihn und zehrte an seinen Nerven. Warum er sich dennoch nicht entmutigen ließ, begründet er mit seiner Motivation: „Ich möchte Kindern etwas beibringen“, so Kristian Kosch. Im Sommer 2018 ist er aus familiären Gründen wieder zurück ins Siegerland gekommen. Seitdem unterrichtet er als Fachlehrer an der Geisweider Schule. Dort fühlt er sich sehr wohl: „Die Entscheidung, mich von Köln nach Siegen versetzen zu lassen war die richtige. Ich habe sie keinen Tag bereut. “Insbesondere in seinem Kunstunterricht legt Kristian Kosch – wie in seiner Kunst – großen Wert auf solides Handwerk – auf ein kleinschrittiges, geduldiges und akribisches Arbeiten. „Man muss Zeit und Energie investieren, um ein gutes Kunstwerk zu erzielen!“ – das macht der ambitionierte Künstler und Pädagoge seinen Schülern immer wieder klar. Als Grundschullehrer ist er außerdem eine „Rarität“ in einem größtenteils weiblich dominierten Berufsfeld. Damit hat er aber kein Problem. Unter Männern gebe es häufig ein Hierarchiegefälle, so die Überzeugung des Lehrers. Mit vielen Kolleginnen sei die Arbeitsatmosphäre entspannter. Auch mit seiner derzeitigen Stellung als Fachlehrer ist er zufrieden. Einmal Rektor oder Konrektor zu werden kann er sich nicht vorstellen. Das würde für ihn noch mehr Stress und bürokratischen Kram bedeuten und weniger Zeit und Energie für die Kunst und heimatkundlichen Forschungen übriglassen.

Kristian Kosch ist eine facettenreiche Persönlichkeit, ein kreativer Künstler mit Faszination für den Monte Schlacko und engagierter Grundschulpädagoge, den es in seiner künstlerischen, heimatkundlichen und beruflichen Arbeit immer weitertreibt und der immer etwas Neues riskiert.

Dieses Porträt basiert auf einem Interview mit Kristian Kosch und wurde von Bettina Stephan verfasst.

 
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