Ambitioniert für ein besseres Afghanistan
Zohra Soori-Nurzad, Studentin der Sozialwissenschaften und Kunst für das Lehramt Gymnasium/Gesamtschule der Universität Siegen, engagiert sich mit ihrem Hilfsprojekt „Stiching for School and Life“, kurz SSL, für ihr Heimatland Afghanistan. Die junge Frau fokussiert im Rahmen ihrer gegründeten Studenteninitiative hilfsbedürftige Frauen und Waisenkinder/Halbwaisen in Afghanistan. Die Nonprofit Foundation von Soori-Nurzad vergibt Arbeitsaufträge an afghanische Frauen, damit sie unabhängig und selbstständig ihren eigenen Lebensunterhalt und den ihrer Kinder bestreiten und schulische Ausbildung ermöglichen können. Ein bemerkenswertes Projekt!
Zohra Soori-Nurzad engagiert sich in Projekten für ihr Heimatland
Sie sitzt am Straßenrand und bettelt. Eingehüllt in eine Burka kauert sie auf dem staubigen Asphalt und wird von der Sonne aufgeheizt. Die leise Hoffnung auf einen Barmherzigen und ein paar Afghani ist für die verwitwete Frau das Letzte, was ihr noch geblieben ist. Nach dem Verlust ihres Mannes, sind die Aussichten auf ein gelingendes Leben zerplatzt wie eine Seifenblase. Und wenn statt der Afghani ein Knüppel auf sie zu schnellt? Wenn ein Auto sie einfach überrollt? Vermissen wird sie niemand!
Die afghanische Realität
Wie erleben ledige Frauen, Witwen und Waisenkinder dieses
Afghanistan? Die afghanische Realität ist nicht nur nicht
vergleichbar mit dem Leben einer deutschen Frau, sie ist
streckenweise unvorstellbar. Die Frauen haben kaum Rechte und
die Analphabetenrate ist erschreckend hoch. Um der Armut ein
bisschen zu entfliehen und um nicht noch ein Familienmitglied
durchfüttern zu müssen, werden junge Mädchen gegen ihren Willen
von ihren Eltern verheiratet. Nicht selten werden sie dadurch
zu „Arbeitssklaven“ ihrer Schwiegerfamilie, wie Soori-Nurzad es
bedauert. 30 Jahre Bürgerkrieg haben Afghanistan zugerichtet.
Gewalt, Korruption herrschen immer noch und Wahlen verlaufen
unsauber. Die unterentwickelte Infrastruktur kann die Sorgen
und Bedürfnisse der benachteiligten Afghanen nicht auffangen.
Solche Nachrichten sind bekannt. Besonders für Frauen und ihre
Kinder gibt es kaum eine Möglichkeit, dem Kreislauf zu
entrinnen. Was kann getan werden um den Kreislauf zu
durchbrechen? Hier ist der Ansatzpunkt von Zohra Soori-Nurzad.
Die Siegener Studentin ist gebürtige Afghanin und in der
Startphase für verschiedene Hilfsprojekte: „Ich studiere Kunst
und Sozialwissenschaften für das Lehramt. Eine hervorragende
Kombination, um tätig zu werden“.
Vor rund eineinhalb Jahrzehnten floh sie mit ihrer Familie aus
dem Nahen Osten und schaffte es mit viel Mühe in Deutschland
Fuß zu fassen. „Das war es mit Afghanistan“, sagte sie sich
damals, „dieses Land werde ich nie wieder betreten“. Über zehn
Jahre dauerte es, bis sich etwas in ihr rührte. Der Plan vom
ruhigen Leben als Lehrerin für Kunst und Sozialwissenschaften
und dann später Mutter begann zu wanken, bis der Knoten 2010
schließlich platzte: Die junge Frau buchte das Flugticket nach
Kabul.
Was ursprünglich als einmaliger Familienurlaub geplant war, nahm schnell neue Formen an. Als der Flieger den Hindukusch überquerte, ergriff sie ein Gefühl von Heimat. Es dämmerte ihr: „Hier war ich nicht zum letzten Mal. Ich komme wieder“. Der Besuch des Waisenhauses, in dem ihre Tante beschäftigt ist, war schließlich die Initialzündung für den Wunsch anderen Menschen helfen zu wollen. Die Kunstfotografie als Medium und die Soziologie als wissenschaftlicher Ansatzpunkt bilden den Background für Soori-Nurzads Handwerkszeug in ihrem Entwicklungsprojekt.
Das Projekt
Verschiedene Visionen treiben Soori-Nurzad: Die Kunst-Fotografie als Aufklärungsmedium, Ideen für lokale wirtschaftliche Förderung und Hilfen für Witwen und Waisenkinder. Alle Ideen der Visionärin verknoten sich jedoch in einem zentralen Anliegen: Bildung für Afghanistan. Im Oktober 2013 gründete die junge Frau die Studenteninitiative „Stiching for School and Life“ kurz SSL, die als Nonprofit Foundation in Kürze in einen Verein übergehen wird. Im Rahmen dieser Initiative fand sie Zuspruch, Unterstützung und konkrete Vorstellungen, die es zu formulieren und zu realisieren galt. Die Gründerin des Hilfsprojekts vereint zwei Teilprojekte in einem Großprojekt. Ein Teilprojekt setzt sich ein für Bildung für Waisenkinder und das andere unterstützt afghanische Frauen, meist Witwen oder hilfsbedürftige Frauen, die im wahrsten Sinne des Wortes um ihr Leben sticken und stricken.
Die gesellschaftlich benachteiligten und verstoßenen Frauen beherrschen das Schneiderhandwerk und kunstvolle Handarbeit. „Die afghanischen Frauen sind wahre Künstlerinnen im Sticken und Stricken. Die Schönheit ihrer gefertigten Kleidungsstücke ist sprichwörtlich“, schwärmt die engagierte Initiatorin. Soori-Nurzad vergibt Aufträge zur Fertigung von Kleidungsstücken an eine kleine Gruppe von Frauen, die dadurch ihr eigenes Einkommen erhalten und damit ihre Familie ernähren, die Schulbildung ihrer Kinder finanzieren und die familiäre Gesundheitsfürsorge sichern. Die gefertigten Unikate kauft Soori-Nurzad den Frauen ab und verkauft sie in Deutschland. Die beiden aufgeführten Teilprojekte „Bildung für Waisenkinder und Afghanische Frauen“ sind daher oft miteinander verzahnt und bieten „Hilfe zur Selbsthilfe“. Das Motto definiert ein Ziel des Hilfsprojekts.
Das Engagement für die notleidenen Afghanen beschränkt sich nicht nur auf den Verkauf der Kleidungsstücke. Die Vereinsgründerin leistet tatkräftig Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit. Sie hält Vorträge über ihre Projekte und die Situation der Frauen und Waisenkinder in Afghanistan um weitreichend für die beschriebene Problematik zu sensibilisieren. Fundraising und Sponsoring-Aktionen sind in diesem Zusammenhang natürlich auch ein Thema. Ein Fernsehauftritt in der Lokalzeit Südwestfalen in den NRW Studios des WDR gehört auch dazu. Als Kunststudentin stellt sie auch ihre Kunstprojekte zu dem sozialkritischen Thema im ehemaligen Brauhaus, dem Atelier der Universität Siegen, aus. 2013 präsentierte sie ihre sehenswerte Fotoreihe zu afghanischen Waisenkindern. Viele der Kinder lachen auf den Fotos, aber ihre Hoffnungslosigkeit spiegelt sich in jedem noch so fröhlichen Gesichtsausdruck wieder. Diese Tatsache bedrückt und motiviert die junge Frau zugleich. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für die afghanischen Kinder und Frauen durch SSL treibt Soori-Nurzad und ihre Studenteninitiative an. Ihr Engagement trägt bereits erste Früchte!
Mehr über das Projekt unter
ssl-project.org
facebook.com/helpssl