Erfindungsschwemme nicht in Sicht
Nach dem Fall des Hochschullehrerprivilegs: offene Fragen bei Drittmittelprojekten
Presseresonanz vom: 15.02.2003
Erschienen in: Siegener Zeitung
kk Siegen. Vor nahezu exakt einem Jahr ist das
Hochschullehrerprivileg gefallen. Will heißen: Der Hochschule
steht das Recht zu, Erfindungen der Professoren zu verwerten.
Bislang lag es an den Wissenschaftlern, den Schritt in Richtung
Patentierung zu wagen oder es zu unterlassen. Mit allen Vor-
und Nachteilen. Nunmehr gibt es zwar eine Meldepflicht, aber
keinen Zwang, sich zu »offenbaren«. Wer seine Schubladen nicht
öffnen will, ist dazu nicht gezwungen.
Erhofft hat sich der Gesetzgeber von der Änderung des
Arbeitnehmererfindungsgesetzes einen Innovationsschub. Immerhin
stehen dem Erfinder 30 Prozent der Verwertungseinnahmen bzw.
der Lizenzgebühren zu. Ohne Risiko. Nach einem Jahr steht fest:
Zumindest an der Universität Siegen purzelten die Erfindungen
nicht massenhaft aus Ablagen und Tresoren. Aufgetan hat sich
indes quasi als Nebenprodukt eine Grauzone. Die betrifft
Drittmittelprojekte.
Wie sieht es mit den Schutzrechten aus, kommt Forschungsgeld
aus der Wirtschaft? Eine einheitliche Lösung des Problems auf
Landesebene wird gesucht, wurde jedoch noch nicht
unterschrieben. Jüngst lag daher ein Vertragsentwurf am Zentrum
für Sensorsysteme (ZESS) auf Eis (die SZ berichtete). Wie die
Angelegenheit mit möglichen Schutzrechten bei
Drittmittelprojekten aktuell gehandhabt wird, darüber sprach
die SZ mit Prof. Dr.-Ing. Peter Scharf vom Institut für
Fertigungstechnik der Uni Siegen, gleichzeitig Vorsitzender des
Vorstands des ZESS, sowie mit dem zuständigen Dezernenten für
Rechts- und akademische Angelegenheiten, Karl Moog.
Zur Verwertung möglicher Erfindungen hat die Universität Siegen
mit PROvendis, einer vom Land NRW gegründeten GmbH, einen
Kooperationsvertrag geschlossen. Zur Sichtung und Bewertung
wissenschaftlicher Ergebnisse wurde bei der
Forschungstransferstelle am Herrengarten eine Stelle
eingerichtet. Die ist mit einem Diplom-Ingenieur besetzt.
Scharf: »Die Erfindungen, die gemeldet werden, stammen zumeist
von den Professoren selbst.« Die Anzahl bewegte sich bislang im
unteren zweistelligen Bereich. Drittmittel fließen in den
meisten Fällen für kleinere Projekte, hauptsächlich für
Diplomarbeiten, manchmal aber auch für Promotionen. Scharf:
»Unternehmen zielen zumeist auf eine schnelle Problemlösung
ab.« Die Arbeitsergebnisse bekommen sie auf jeden Fall auf den
Tisch. Liegt bei einer Kooperation »das Potenzial für
Schutzrechte in der Luft«, besteht Handlungsbedarf. Scharf:
»Die Universität hat ein Interesse, das in Verträgen frühzeitig
zu klären.«
Das kann recht simpel aussehen. Scharf: »Etliche Hochschulen
fügen eine Klausel in Verträge ein, dass über Schutzrechte
verhandelt werden muss, wenn diese erkennbar sind.« Auch die
Universität Siegen wolle die Angelegenheit flexibel handhaben.
In einem Punkt aber gebe es keinen Verhandlungsspielraum: Ob
nun ein Unternehmen oder aber die Hochschule eine Erfindung
verwertet, die Rechte des Erfinders müssen gewahrt sein.