Karriere: Geben und Nehmen
Von Meike Hebestreit Deutsche Hochschulen suchen den Kontakt zu ihren Alumni. Auf Spendengelder wie in den USA können sie aber nicht hoffen.
Presseresonanz vom: 27.05.2003
Erschienen in: Financial Times Deutschland
Spülmaschinenfestes Porzellan, 0,2-Liter-Volumen, auch für
Tee und andere Getränke geeignet, mit Wappen der Universität
bedruckt, Preis: 4 Euro" - die Kaffeetasse aus der Kollektion
der Uni Mannheim fördert Hochschulverbundenheit mit jedem
Schluck. Angepriesen auf der Website der "Absolventum
Marketinggesellschaft mbH", einer 100-prozentigen Tochter der
Uni Mannheim, ist das gute Stück ebenso online zu bestellen wie
bedruckte Sweatshirts, silberfarbene Visitenkartenhüllen oder
Sekt mit dem Etikett "Cuvée DUniversité".
Die kommerzielle Vermarktung des universitären Logos In Omnibus
Veritas (In allem liegt Wahrheit) ist eine der Aufgaben von
Christian Kramberg, Geschäftsführer der Absolventum GmbH. "Wir
kümmern uns um alles, was Geld bringt", sagt der Chef von 15
Mitarbeitern. Dazu zählt der Verkauf wissenschaftlicher
Arbeiten und Publikationen, die Organisation von Kongressen,
die Entwicklung von Sponsorenprojekten und die professionelle
Kontaktpflege zu Absolventen. Letztere erweist sich in Mannheim
als lukrativ: So entstand im Austausch mit Ehemaligen die Idee
zum Uni-Projekt "Renaissance des Barockschlosses". Dabei werden
die Hörsäle der im Kurfürstlichen Schloss untergebrachten
Universität mit Hilfe von Spendengeldern in Millionenhöhe
saniert. Auch den Spendern ist geholfen: Künftig hören die
Studierenden ihre Vorlesungen im frisch renovierten
Engelhorn-Raum (Richard Engelhorn ist Chef eines Mannheimer
Modehauses) oder im Roche-Hörsaal (in Mannheim sitzt eine
Tochter des Healthcare-Konzerns).
Alumni-Arbeit ist ein Geben und Nehmen. Zwei Drittel des
jährlichen Budgets von 150.000 Euro sammelt Absolventum über
Mitgliedsbeiträge ein, der Rest stammt aus Spendenmitteln. Ein
offizieller Mitgliedsausweis im Scheckkartenformat ermächtigt
die derzeit 3500 Alumni zur Teilnahme am Uni-Sportprogramm, an
IT-Schulungen und Sprachkursen - zu Studentenkonditionen.
Begehrt bei frisch Examinierten ist die Option, sich im
"Absolventenbuch" mit Lebenslauf und Berufswunsch zu
präsentieren. Unternehmen nutzen das Werk fürs Recruiting, und
wer als Absolvent ein attraktives Jobangebot bekommt, wird die
Uni in besonders dankbarer Erinnerung halten.
USA als Vorbild nicht geeignet
"Wer Alumni-Engagement erfolgreich betreiben will, muss einen
klaren Benefit für die Absolventen kreieren", glaubt Kramberg,
der ehrenamtlicher Vorsitzende des in Deutschland einzigartigen
Verbands "alumni-clubs.net" ist, der sich am vergangenen
Wochenende zur Jahreskonferenz traf. Eine Gelegenheit auch zur
Debatte kontroverser Positionen: "Ich bezweifle, dass
finanzielle Vergünstigungen für das Absolventen-Engagement viel
bringen", sagt Susanne Padberg, Organisatorin der Konferenz.
Statt auf ausgefüllte Spenden-Überweisungen zu schielen, will
die Alumni-Koordinatorin der Universität Siegen Kontakte
vermitteln: "Wir bitten unsere Alumni, ihr Know-how aus der
Berufspraxis für Uni-Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen,
beispielsweise zum Thema Existenzgründung."
Nicht jede Initiative eifert also dem angelsächsischen Modell
nach, das auf ein möglichst hohes Spendenaufkommen zielt. "Es
ist absurd, hier zu Lande Alumni-Gelder in einer Größenordnung
wie in den USA zu erwarten", sagt Padberg. Das Campusleben dort
sorge durch sein enges Sozialgefüge, eigene Sportmannschaften
und den persönlichen Kontakt zu Professoren für eine stärkere
Identifikation der Studierenden mit ihrer Uni. Angesichts des
verstärkten Wettbewerbs wächst aber auch in Deutschland die
Bereitschaft der Hochschulen, zentrale Strukturen für die
Alumni-Arbeit zu schaffen. "Wir beobachten seit ein bis zwei
Jahren, dass immer mehr Universitäten das große Potenzial ihrer
Ehemaligen entdecken", bestätigt Padberg. Wer gute Kontakte zu
seinen Absolventen pflegt, fördert nicht zuletzt den Ruf einer
Uni. Dies wiederum ziehe gutes Lehrpersonal an und auch mehr
Studierende.
Wie aber stellt man den Kontakt zu den Ehemaligen her? "Eine
professionell gepflegte Adressdatei ist das Herzstück jeder
Alumni-Arbeit", sagt Kramberg. 53.000 Absolventen finden sich
in der Mannheimer Datenbank, darunter 2500 Firmenadressen.
13.000 Namen zählt die Alumni-Liste in Siegen. Mailings und
regelmäßig durchgeführte Alumni-Tage sollen Ehemalige zurück an
die Universität locken. Auf das Friendraising folgt dann das
Fundraising.
Auch das Klinkenputzen bei Vermögenden lohnt. So spendete Hasso
Plattner, einer der SAP-Gründer, Anfang des Jahres 10 Mio. Euro
für die Mannheimer Schloss-Uni. Ob er beim Morgenkaffee über In
Omnibus Veritas sinniert, ist nicht überliefert.
© 2003 Financial Times Deutschland
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