Meinungsbild zeigt sich kunterbunt
Senat der Universität Siegen diskutierte Referentenentwurf zur Einführung von Studiengebühren
Presseresonanz vom: 11.10.2005
Erschienen in: Siegener Zeitung
kk Siegen. Die Sache ist per Referentenentwurf im Land. Ab
dem Wintersemester 2006/07 sollen die Hochschulen in
Nordrhein-Westfalen für Studienanfänger im Erststudium
Studiengebühren in Höhe von maximal 500 Euro pro Semester
verlangen können, ab dem Sommersemester 2007 dann können alle
Studierenden zur Kasse gebeten werden. Den Hochschulen ist es
dabei frei gestellt, ob sie überhaupt Gebühren erheben wollen
und wie diese gestaltet sein sollen. Trotz dieser Freiheit
gilt: Die Stellungnahmen der Hochschulen müssen bis zum 25.
Oktober in Düsseldorf vorliegen, damit der Referentenentwurf
noch in diesem Jahr in den Landtag gebracht werden kann.
Eile ist also geboten, will die Universität Siegen mit ihren
Einwänden und ihrer Meinung Gehör finden. Und so war es gestern
am Senat, sich mit dem Entwurf und der grundsätzlichen Frage
nach der Einführung von Studiengebühren zu beschäftigen. Weit
kam das Gremium, das im Juli bereits eine recht offen gehaltene
Resolution zum Thema verabschiedet hatte, in seiner Diskussion
allerdings nicht. Aus Zeitgründen wird sie am kommenden
Montagvormittag fortgesetzt. Bis dahin sollen die
Stellungnahmen der zwölf Fachbereiche vorliegen. Fest aber
steht: Glücklich war niemand darüber, dass den Hochschulen die
Entscheidung aufgebürdet wird. Rektorin Prof. Dr. Theodora
Hantos: »Die Politik wird ihrer gesamtgesellschaftlichen
Verantwortung nicht gerecht, wenn sie die Entscheidung auf die
Hochschulen abschiebt.« Laut Entwurf sollen die Einnahmen aus
den Studiengebühren zur Verbesserung der Lehre eingesetzt
werden.
Viele Fragen und Unwägbarkeiten tauchten auf. Der Senat sprach
sich bereits in seiner Juli-Resolution dafür aus, in Anbetracht
möglicher Einnahmen aus Studiengebühren sicherzustellen (in
Siegen könnten das bis zu 8 Mill. Euro jährlich sein, abzüglich
der vorgeschriebenen 23 Prozent für die Ausfallfonds), dass
nicht die Landesmittel für Hochschulen im Gegenzug gekürzt
werden. Dennoch überwog die Skepsis. Kanzler Dr. Johann-Peter
Schäfer: »Das Ministerium kann das nicht dauerhaft zusichern.
Es ist naiv zu glauben, dass sich die Einnahmen aus
Studiengebühren nicht irgendwann in Kürzungen der Landesmittel
für die Hochschulen niederschlagen.«
Auch die Geld-Zurück-Garantie warf Unverständnis auf. Prof. Dr.
Hildegard Schröteler-von Brandt: »Das gibt riesige Probleme.«
Vor allem an einer nur unzureichend ausgestatteten kleinen
Universität. Eine Schwemme von Klagen könne drohen. Das
Ministerium sollte darüber frühzeitig informiert sein.
Prorektor Prof. Dr. Gero Hoch versuchte, die Diskussion auf das
aus seiner Sicht Wesentliche zu lenken: »Das Gesetz wird
kommen. Wir müssen uns entscheiden, ob wir für oder gegen
Gebühren sind. Wenn wir dafür sind, geht es darum, ob die
Studiengebühren differenziert oder undifferenziert erhoben
werden sollen.« Kanzler Schäfer: »Wenn wir gegen
Studiengebühren sind, müsste die Hochschule auch ohne diese
Einnahmen ausreichend finanziert sein.« Und weiter, mit Blick
auf die Hochschulkonkurrenz: »Wenn andere Hochschulen Gebühren
nehmen, können wir nicht darauf verzichten.«
Eindeutig für die Einführung von Studiengebühren sprach sich
gestern nur der Fachbereich Physik, vertreten durch Prof. Dr.
Peter Buchholz, aus. Die Höhe müsse im Konzert der Fachbereiche
festgesetzt werden. Allerdings dürfe die Verwendung nicht
ausschließlich der Verbesserung der Lehre, sondern müsse auch
der der Forschung dienen. Buchholz: »In der Physik werden die
Studierenden von Anfang an in die Forschung integriert.« Und
weiter: »Wir brauchen einen gewissen Sockel an Infrastruktur,
um Drittmittel einwerben zu können.« Das sei um so wichtiger,
als der Trend hin zu wenigen Forschungsuniversitäten gehe.
Die Meinungen zum Thema Studiengebühren variieren erheblich.
Das Rektorat will das Meinungsbild, die Kritikpunkte und
Anregungen bündeln und in der geforderten Stellungnahme nach
Düsseldorf weiterleiten.