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Metamorphosen-Spiele

Mit dem Begriff Metamorphosen-Spiel ist ein Spiel gemeint, dass den Akt der Verwandlung zum zentralen Inhalt hat. Meist sah das so aus, dass Figuren auf verschiedene Art und Weise verändert werden konnten.

Mit dem Begriff Metamorphosen-Spiel ist ein Spiel gemeint, dass den Akt der Verwandlung zum zentralen Inhalt hat. Meist sah das so aus, dass Figuren auf verschiedene Art und Weise verändert werden konnten. Exemplare findet man in der Sammlung von Werner Nekes , die aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammen. So zum Beispiel das „Große Metamorphosen-Theater“, das um 1855 hergestellt wurde. Hier steht die schnelle Verwandlung kleiner Pappfiguren im Vordergrund. „Da die kleinen Figuren aus Pappe von Hand geführt werden und die Metamorphose, die Verwandlung, durch eine geschickt, nicht oder doch kaum sichtbare Bewegung der Hand erfolgt, verlangt die Vorstellung von den Künstlern Konzentration und Geschicklichkeit.“ (Hoffmann 2002: 331) Eine Vorstellung von einer Spielsituation kann durch Anblick des Deckels der Verpackung erzielt werden. „Links ein sehr erwachsenes Paar, der Herr im Frack und Brille, die Stirn schon recht hoch, die Dame - wie alle ihre Geschlechtsgenossinnen - mit Herzmündchen, Mittelscheitel und Blumen im Haar. Sie weist auf die Bühne, der Herr lacht. Rechts von den beiden das jüngere Publikum, die kleinsten in den vordersten Reihen. Man spricht miteinander, tauscht Beobachtungen aus, ermahnt Jüngere zur Aufmerksamkeit. Eine freudig erregte Schar (…). Die Beschriftungen in französischer, englischer, deutscher und italienischer Sprache signalisieren den europaweiten Vertrieb.“ (Hoffmann 2002: 331) Es scheint also ein sehr beliebtes Spiel in dieser Zeit gewesen zu sein.

Ein anderes Spiel, etwa aus der gleichen Zeit heißt „Die unerwarteten Veränderungen“. Die Technik der Metamorphose ist hierbei wesentlich unspektakulärer und einfacher. Ein Spiel, bei dem durch Anlegen eines dreieckigen Papptäfelchens, wiederum Pappfiguren nach dem Willen der Spieler verändert werden können. So bekommt zum Beispiel die Balletteuse einen Ziegenkopf oder der Geiger Eselsbeine angelegt. Auch hier gibt der Deckel ein wenig Aufschluss über die Spielsituation. „Auf der Illustration sehen wir heranwachsende Mädchen und Jungen beim Spiel, die Älteste hält das erst einmal fertige Bild in der Hand, während die anderen Köpfe und Röcke anreichen. Die Veränderung ist sichtlich ein kommunikatives Vergnügen (...).“ (Hoffmann: 331) Optische Vergnügen sind offenbar immer auch ein soziales Ereignis. Dass das gemeinsame Erleben ein Bestandteil des optischen Vergnügens ist, zeigt sich nicht nur in diesen Spielen. Die öffentlichen Vorführungen der Laterna Magica zum Beispiel, oder auch das gemeinsame Betrachten von Panoramen , verweisen auf die geselligen und kommunikativen Elemente.

Obwohl das Spielprinzip sehr einfach ist, findet sich das Metamorphosen-Spiel heutzutage in folgenden Anwendungen wieder:

  • Monoface ist eine Flash-Anwendung, bei der per Mausklick einzelne Gesichtspartien ausgetauscht werden können und so immer wieder neue Gesichter entstehen. Insgesamt können dabei 759.375 Variationen erzeugt werden.

  • Der Phantombild-Generator ist eine populärkulturelle Abwandlung der polizeilichen Phantombilderstellung. Hier kann wie beim kriminaltechnischen Vorbild aus einem Fundus aus Kopfformen, Augen, Haaren etc. ein Phantombild erzeugt werden.

In diesen Anwendungen finden sich die Mechanismen der historischen Vorbilder wieder, nur das sie ins Digitale übertragen worden sind. Die Austauschbarkeit ist bei beiden Varianten so einfach gestaltet, dass möglichst schnell neue Gestalten gebildet werden können. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass die digitalen Bilder ohne viel Aufwand zu speichern sind und über das Internet oder Datenspeicher ausgetauscht werden können.

Die Attraktivität des Verwandelns spiegelt sich auch in anderen Computeranwendungen wider. Bei der Videotelefonie können, zusätzlich zur reinen Bild- und Tonwiedergabe, die im Bild agierenden Objekte mit Hilfe von entsprechender Software teilweise verändert, verzerrt oder komplett umgewandelt werden. So kann sich das virtuelle Gegenüber per Realtime-Videoeffekten etwa mit einer Brille oder Hut ausstatten oder gleich als sprechender Dinosaurier präsentieren.

In diesem Video werden die vielfältigen Möglichkeiten eindrücklich dargestellt:




Benno Groß